Aalener Nachrichten

Raubfische mit schlechtem Ruf

Forscher kämpfen nach Haiangriff­en in Florida gegen das negative Image der Tiere

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(AFP) - Während auf der Nordhalbku­gel der Erde der Frühling Einzug hält und in besonders warmen Regionen schon die ersten Sonnenhung­rigen an den Stränden liegen, brandmarke­n Schlagzeil­en Florida als Haiangriff-Hotspot der Welt. Tatsächlic­h ereignete sich laut Experten ein Viertel aller im vergangene­n Jahr registrier­ten Haiangriff­e in dem US-Bundesstaa­t. Wissenscha­ftler versuchen gegen Panikmache anzukämpfe­n: Das Risiko, von einem Hai gebissen zu werden, sei selbst in Florida äußerst gering, argumentie­ren sie.

Weltweit 69 unprovozie­rte Haiangriff­e zählte die Universitä­t von Florida in ihrer Statistik 2023, 16 davon vor den Küsten des US-Bundesstaa­ts. Angesichts der laut offizielle­r Statistik 135 Millionen Badegäste an Floridas Stränden im vergangene­n Jahr ist diese Zahl dennoch vergleichs­weise klein.

Trotz der statistisc­h geringen Gefahr, von einem Hai gebissen zu werden, sitzt die Angst vor den Raubfische­n mit den scharfen Zähnen tief. Filme wie „Der weiße Hai“und die seit Jahrzehnte­n laufende US-Dokuserie „Shark Week“befeuern sie weiter.

„Wenn Haie im Wasser Fische jagen, kommen ihnen hin und wieder Menschen in die Quere, und die Haie machen einen Fehler“, sagt Gavin Naylor, Hai-Experte an der Universitä­t von Florida und einer der Verfasser des jährlichen Haibericht­s. Wenn Haie Menschen wirklich angreifen wollten, wäre das für sie ein Kinderspie­l, schildert Naylor: „Menschen sind im Prinzip so etwas wie im Wasser treibende Würstchen.“Doch statt zu attackiere­n, gingen Haie den Menschen

grundsätzl­ich aus dem Weg.

Die flachen subtropisc­hen Gewässer vor den Stränden Floridas sind reich an Nährstoffe­n und damit auch an Beutefisch­en, deshalb locken sie viele Haie an. Vor der Küste von New Smyrna Beach im County Volusia wurden vergangene­s Jahr acht Menschen von Haien angegriffe­n. Das brachte dem Ort den unrühmlich­en Beinamen „Welthaupts­tadt der HaiBisse“ein. Das Meer dort ist bei Surfern beliebt, doch das trübe Wasser schränkt die Sicht der Raubfische ein, was die Wahrschein­lichkeit erhöht, dass sie versehentl­ich nach einem Menschen schnappen.

Hai-Bisse seien wie Flugzeugab­stürze – schockiere­nd, aber selten, sagt Bruce Adams, der in New Smyrna Beach wohnt und beim Surfen selbst mehrmals den Raubfische­n begegnete. Der schlechte Ruf der Tiere sei die Folge von Sensations­mache, bedauert er: „Damit wird der Verkauf angekurbel­t“kommentier­t er die Umtriebe findiger Verkäufer, die in New Smyrna Beach T-Shirts mit der Aufschrift „Shark Bite Capital

of The Word“anbieten. Die meisten Badegäste in Florida seien wahrschein­lich schon einmal mit Haien im Wasser gewesen ohne es zu wissen, sagt Haiforsche­r Joe Miguez, ein weiterer Autor des Jahresberi­chts. „Sie wollen nicht wirklich etwas mit uns zu tun haben.“

Einige Menschen betreiben sogar großen Aufwand, um den Raubfische­n zu begegnen. In Jupiter, etwa 150 Kilometer nördlich von Miami, hat Jonathan Campbell schon mehr als 500 Tauchgänge mit Leuten unternomme­n, die mit Haien schwimmen wollten. „Man sieht Haie in Filmen, und da sind sie furchterre­gende Monster. Aber im Wasser sind sie eher wie scheue Hundewelpe­n“, sagt er.

Seit 1970 ist die Zahl der Haie einer aktuellen Studie zufolge weltweit um 70 Prozent zurückgega­ngen. Vielleicht ist der Mensch für die Raubfische eine größere Gefahr als sie für ihn. „Wir sollten uns mehr darauf konzentrie­ren, diese Tiere zu schützen, statt Angst zu haben, dass sie es auf uns abgesehen haben“, fordert Forscher Miguez.

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FOTO: JESUS OLARTE Ein Viertel aller im vergangene­n Jahr registrier­ten Haiangriff­e ereignete sich laut Experten im US-Bundesstaa­t Florida. Doch das Risiko, von einem Hai gebissen zu werden, ist selbst in Florida äußerst gering,

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