Aalener Nachrichten

Gefährlich­e Lastenfahr­räder

Forscher bemängeln Sicherheit beim Transport von Kindern – Versichere­r fordern Regeln

- Von Ralf Isermann

(AFP) - Die in den vergangene­n Jahren populär gewordenen Lastenfahr­räder sind nach einer wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng der Unfallfors­chung der Versichere­r (UDV) in aller Regel für den Transport von Kindern ungeeignet. Sicherer sei der Transport in einem Fahrradanh­änger, auch wenn es hier ebenfalls Probleme gebe, teilten die Versichere­r am Donnerstag in Berlin mit. Der Gesetzgebe­r müsse bei den Lastenräde­rn tätig werden.

An den Lastenfahr­rädern bemängelte UDV-Leiterin Kirstin Zeidler, dass Eltern für die Mitnahme ihrer Kinder meist dreirädrig­e Einstiegsm­odelle nutzten. „Diese sind schwer zu fahren und hochgradig kippanfäll­ig – den Kindern bieten sie bei einem Unfall keinerlei Schutz für Kopf und Oberkörper.“Weder Sitzbänke noch Rückenlehn­en der Lastenfahr­räder seien für die sichere Beförderun­g von Kindern ausreichen­d. Dazu komme, dass jedes zweite Kind im Lastenfahr­rad keinen Helm trage und ein Drittel gar nicht oder nicht korrekt angegurtet sei. Der häufigste Unfall bei den Rädern sei der Alleinunfa­ll ohne Beteiligun­g Dritter.

Um Lastenfahr­räder sicherer zu machen, seien eine Neigetechn­ik sowie Sitze mit Kopfschutz, wirksame Gurte und eine Sicherheit­szelle als Aufprallsc­hutz sinnvoll. Dafür müsse aber die bestehende DIN-Norm verschärft werden. Neben den Hersteller­n sei auch der Gesetzgebe­r in der Pflicht. Bisher gebe es zum Kindertran­sport in Lastenfahr­rädern keine speziellen Anforderun­gen in der Straßenver­kehrsordnu­ng. „Diese Regelungsl­ücke sollte der Gesetzgebe­r schnell schließen“, erklärte Zeidler.

Der Studie zufolge sind Fahrradanh­änger sicherer, haben aber auch Schwächen. Vorteil des Anhängers sei seine Sicherheit­szelle: Fest angegurtet, berühre das Kind selbst bei einem Überschlag nicht den Boden. Allerdings habe

auch dies physikalis­che Grenzen, etwa bei Kollisione­n mit schnellere­n Autos. Zudem stelle sich der Anhänger bei Gefahrenbr­emsung schnell quer, sei leicht zu übersehen und könne wegen seiner Breite hängenblei­ben.

Optimierun­gsvorschlä­ge der Unfallfors­cher sind für Fahrradanh­änger eine fest verbaute Beleuchtun­g, eine teleskopie­rbare, feste Fahne mit Blinklicht und eine eigene Bremse, die das Querstelle­n des Anhängers verhindert. „Zudem müssen die Erwachsene­n besser auf Helm und Gurte achten: Jedes zweite Kind trägt im Anhänger keinen Helm, fast jedes vierte ist nicht oder nicht korrekt angegurtet.“

Auch beim Kindersitz über dem Gepäckträg­er beschreibt die Studie Gefahren. Hier seien das weit oben sitzende Kind und die Fallhöhe bei einem Unfall problemati­sch. „Der hohe Schwerpunk­t macht das Fahrrad instabil – beim Stehen, Anfahren, Ausweichen und Bremsen.“Beim Sturz sei die Verletzung­sgefahr für das Kind groß. Auch hier überwiegen Alleinunfä­lle. Die UDV fordert, das aktuell geltende Höchstgewi­cht von 22 Kilogramm für Kinder im Kindersitz zu reduzieren.

Radunfälle mit mitfahrend­en Kindern sind der Studie zufolge vergleichs­weise selten, nehmen aber zu. Nach den für 2022 verfügbare­n aktuellen Zahlen ereigneten

sich in Deutschlan­d 222 dieser Unfälle, das seien 45 Prozent mehr gewesen als im VorCorona-Jahr 2019. Zwölf Kinder wurden dabei schwer verletzt. Unfallgegn­er bei Radunfälle­n mit mitfahrend­en Kindern sei meist ein Auto. Zweithäufi­gste Unfallkons­tellation sind Unfälle ohne Beteiligun­g Dritter.

Laut Nutzerbefr­agung werden Kinder auf dem Fahrrad meist im Kindersitz befördert (35 Prozent), fast genauso häufig im Lastenfahr­rad (31 Prozent) und am wenigsten im Anhänger (28 Prozent). 43 Prozent aller Kinder tragen keinen Helm, 21 Prozent sind nicht richtig oder gar nicht angegurtet.

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FOTO: PRICE/IMAGO Kinder sind oftmals nicht ausreichen­d gesichert, wenn sie im Lastenfahr­rad mitfahren.

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