Gefährliche Lastenfahrräder
Forscher bemängeln Sicherheit beim Transport von Kindern – Versicherer fordern Regeln
(AFP) - Die in den vergangenen Jahren populär gewordenen Lastenfahrräder sind nach einer wissenschaftlichen Untersuchung der Unfallforschung der Versicherer (UDV) in aller Regel für den Transport von Kindern ungeeignet. Sicherer sei der Transport in einem Fahrradanhänger, auch wenn es hier ebenfalls Probleme gebe, teilten die Versicherer am Donnerstag in Berlin mit. Der Gesetzgeber müsse bei den Lastenrädern tätig werden.
An den Lastenfahrrädern bemängelte UDV-Leiterin Kirstin Zeidler, dass Eltern für die Mitnahme ihrer Kinder meist dreirädrige Einstiegsmodelle nutzten. „Diese sind schwer zu fahren und hochgradig kippanfällig – den Kindern bieten sie bei einem Unfall keinerlei Schutz für Kopf und Oberkörper.“Weder Sitzbänke noch Rückenlehnen der Lastenfahrräder seien für die sichere Beförderung von Kindern ausreichend. Dazu komme, dass jedes zweite Kind im Lastenfahrrad keinen Helm trage und ein Drittel gar nicht oder nicht korrekt angegurtet sei. Der häufigste Unfall bei den Rädern sei der Alleinunfall ohne Beteiligung Dritter.
Um Lastenfahrräder sicherer zu machen, seien eine Neigetechnik sowie Sitze mit Kopfschutz, wirksame Gurte und eine Sicherheitszelle als Aufprallschutz sinnvoll. Dafür müsse aber die bestehende DIN-Norm verschärft werden. Neben den Herstellern sei auch der Gesetzgeber in der Pflicht. Bisher gebe es zum Kindertransport in Lastenfahrrädern keine speziellen Anforderungen in der Straßenverkehrsordnung. „Diese Regelungslücke sollte der Gesetzgeber schnell schließen“, erklärte Zeidler.
Der Studie zufolge sind Fahrradanhänger sicherer, haben aber auch Schwächen. Vorteil des Anhängers sei seine Sicherheitszelle: Fest angegurtet, berühre das Kind selbst bei einem Überschlag nicht den Boden. Allerdings habe
auch dies physikalische Grenzen, etwa bei Kollisionen mit schnelleren Autos. Zudem stelle sich der Anhänger bei Gefahrenbremsung schnell quer, sei leicht zu übersehen und könne wegen seiner Breite hängenbleiben.
Optimierungsvorschläge der Unfallforscher sind für Fahrradanhänger eine fest verbaute Beleuchtung, eine teleskopierbare, feste Fahne mit Blinklicht und eine eigene Bremse, die das Querstellen des Anhängers verhindert. „Zudem müssen die Erwachsenen besser auf Helm und Gurte achten: Jedes zweite Kind trägt im Anhänger keinen Helm, fast jedes vierte ist nicht oder nicht korrekt angegurtet.“
Auch beim Kindersitz über dem Gepäckträger beschreibt die Studie Gefahren. Hier seien das weit oben sitzende Kind und die Fallhöhe bei einem Unfall problematisch. „Der hohe Schwerpunkt macht das Fahrrad instabil – beim Stehen, Anfahren, Ausweichen und Bremsen.“Beim Sturz sei die Verletzungsgefahr für das Kind groß. Auch hier überwiegen Alleinunfälle. Die UDV fordert, das aktuell geltende Höchstgewicht von 22 Kilogramm für Kinder im Kindersitz zu reduzieren.
Radunfälle mit mitfahrenden Kindern sind der Studie zufolge vergleichsweise selten, nehmen aber zu. Nach den für 2022 verfügbaren aktuellen Zahlen ereigneten
sich in Deutschland 222 dieser Unfälle, das seien 45 Prozent mehr gewesen als im VorCorona-Jahr 2019. Zwölf Kinder wurden dabei schwer verletzt. Unfallgegner bei Radunfällen mit mitfahrenden Kindern sei meist ein Auto. Zweithäufigste Unfallkonstellation sind Unfälle ohne Beteiligung Dritter.
Laut Nutzerbefragung werden Kinder auf dem Fahrrad meist im Kindersitz befördert (35 Prozent), fast genauso häufig im Lastenfahrrad (31 Prozent) und am wenigsten im Anhänger (28 Prozent). 43 Prozent aller Kinder tragen keinen Helm, 21 Prozent sind nicht richtig oder gar nicht angegurtet.