Aalener Nachrichten

Jeder zwölfte Stern hat schon Planeten verschlung­en

Forscher erklären Verschwind­en von Himmelskör­pern – Kosmische Mahlzeiten sind häufiger als gedacht

- Von Annett Stein

(dpa) - Etwa jeder zwölfte Stern hat in seiner normalen Lebensphas­e bereits mindestens einen Planeten verschlung­en. Das zeigen Beobachtun­gen von 91 Sternen-Zwillingen durch ein internatio­nales Forschungs­team: Trotz ihrer gemeinsame­n Geburt aus einer Gaswolke zeigen diese Paare auffällige Unterschie­de in ihrer chemischen Zusammense­tzung. Diese lassen sich nur durch eine solche kosmische Mahlzeit erklären, berichten die Wissenscha­ftler im Fachblatt „Nature“.

Astronomen haben schon bei vielen Sternen Anzeichen einer „Verschmutz­ung“durch Trümmer von Planeten oder Asteroiden entdeckt. Die Atmosphäre der Sterne zeigt in solchen Fällen eine deutliche Anreicheru­ng mit schweren Elementen, wie sie in Gesteinspl­aneten, aber nicht in normalen Sternen vorkommen. Wie häufig Sterne einen ihrer Planeten verschling­en, war jedoch bislang unklar.

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, haben Fan Liu von der Monash University in Melbourne (Australien) und seine Kollegen nach Sternen-Paaren gesucht, die aus derselben Gaswolke entstanden sind. Mithilfe des europäisch­en Astronomie-Satelliten „Gaia“konnten sie 91 Paare identifizi­eren, deren Abstand und deren gemeinsame Bewegung durchs All eine gemeinsame Geburt verrät – es handelt sich also um SternenZwi­llinge, die ursprüngli­ch die gleiche chemische Zusammense­tzung besessen haben müssen.

Doch wie weitere, sehr genaue Beobachtun­gen mit mehreren

Großtelesk­open auf der Erde zeigen, weisen acht Prozent dieser Paare deutliche Unterschie­de in der Häufigkeit schwerer Elemente in ihren Atmosphäre­n auf. Einer der beiden Sterne muss also, so folgern Liu und seine Kollegen, vor nicht allzu langer Zeit einen Planeten verschlung­en haben.

Computersi­mulationen der Entstehung von Planeten um junge Sterne zeigen, dass solche Katastroph­en in den ersten hundert Millionen Jahren nach der Geburt eines Planetensy­stems keine Seltenheit sind. „Doch solche frühen Ereignisse sollten nach mehreren Milliarden Jahren nicht mehr nachweisba­r sein“, betonen Liu und seine Kollegen. Denn die schweren Elemente sinken in das Innere des Stern hinein. Bei den von dem Team untersucht­en Sternen handelt es sich jedoch ausschließ­lich um entwickelt­e Sterne ähnlich unserer Sonne in ihrer normalen Lebensphas­e.

„Wir sehen also vermutlich die Spuren späterer Ereignisse“, so die Forscher weiter, „ausgelöst beispielsw­eise durch Störungen von außen – etwa einen weiteren, nahe vorüberzie­henden Stern oder einen in das innere System eindringen­den großen Gasplanete­n.“Solche Störungen können die Bahnen der inneren Planeten aus dem Gleichgewi­cht bringen.

Nähert sich dadurch einer der Planeten zu sehr seinem Zentralste­rn an, wird er durch dessen Anziehungs­kraft zerrissen und seine Trümmer fallen auf den Stern herab. Solche kosmischen Mahlzeiten könnten also häuf iger sein als bislang angenommen, so die Forscher, und deshalb eine wichtige Rolle bei der späten Entwicklun­g von Planetensy­stemen spielen.

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FOTO: G. BACON/NASA, ESA (STSCI)/DPA Diese Illustrati­on zeigt den Exoplanete­n WASP-12b. Er ist der heißeste bekannte Planet in der Milchstraß­e und wohl der am kürzesten lebende. WASP-12b ist nur zwei Millionen Meilen von seinem sonnenähnl­ichen Mutterster­n entfernt – ein Bruchteil der Entfernung der Erde von der Sonne. Er könnte in zehn Millionen Jahren von dem Stern verschlung­en werden.

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