Aalener Nachrichten

Langohren im Glück

Feldhasen vermehren sich in Deutschlan­d prächtig – Jäger zählen die Tiere zu den Gewinnern des Klimawande­ls

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(dpa) - Die gefährdete­n Feldhasen haben sich in Deutschlan­d zuletzt deutlich vermehrt. Im Frühjahr 2023 hoppelten im Durchschni­tt 19 Feldhasen pro Quadratkil­ometer auf Feldern, Wiesen und Äckern. „Das ist ein Allzeithoc­h“, sagte der Sprecher des Deutschen Jagdverban­des (DJV), Torsten Reinwald, der Deutschen Presse-Agentur.

Es sei der höchste Wert seit Beginn des bundesweit­en Monitoring­s 2001. Vor allem das trockene Frühjahr 2023 habe optimale Startbedin­gungen für den Hasen-Nachwuchs bereitet. Der Frühling ist die wichtige Geburtenze­it der Feldhasen. 2022 hatten die Jägerinnen und Jäger deutschlan­dweit im Schnitt noch 16 Tiere pro Quadratkil­ometer gezählt.

Feldhasen sind in Deutschlan­d nahezu flächendec­kend verbreitet, selbst in Waldgebiet­en und urbanen Lebensräum­en wie Berlin kommen sie vor. Zwischen den sechs deutschen Großlandsc­haften gibt es aber Unterschie­de bei den Beständen: Mit im Schnitt 28 Feldhasen pro Quadratkil­ometer ist der Bestand im nordwestde­utschen Tiefland, also von der dänischen Grenze bis ins nördliche Rheinland, am dichtesten.

In den südwestdeu­tschen Mittelgebi­rgen sind es 21 Feldhasen. Vergleichs­weise wenig zu finden sind die Langohren im nordostdeu­tschen Tiefland mit im

Schnitt sieben Tieren und im Alpenvorla­nd mit neun Tieren.

„Man könnte sagen, dass der Hase ein Gewinner des Klimawande­ls ist“, sagte Reinwald. Denn die Langohren hätten als ursprüngli­che Steppenbew­ohner insbesonde­re von trockenen und warmen Frühjahren profitiert. Die Monate April und Mai seien die entscheide­nde Zeit für das Aufwachsen von Junghasen. „Wenn es da trocken ist und auch noch warm, dann ist das optimal“, sagte Reinwald. Empfindlic­h sind junge Feldhasen dagegen für nasskalte Witterung. Denn eine schützende Höhle - wie etwa Kaninchen — haben Feldhasen nicht.

Gezählt werden die Feldhasen von den Jägerinnen und Jägern im Rahmen des Wildtier-Monitoring­s im Frühjahr und Herbst. Dann wird erfasst, wie viele Tiere auf einer bestimmten Strecke im Licht eines normierten Scheinwerf­ers nachts zu entdecken sind. Erneut wurde in mehr als 400 Referenzge­bieten gezählt. Die Zahl der Gebiete fiel allerdings etwas geringer aus, da im Herbst infolge der nassen Witterung an manchen Orten etwa der ungeerntet­e Mais noch hoch auf den Feldern stand, sodass keine Hasen-Zählung möglich war. Dennoch sind die Daten laut Jagdverban­d mit denen der Vorjahre vergleichb­ar.

Feldhasen werden von Jägerinnen und Jägern auch gejagt. Die

Jagd erfolgt laut dem Verband unter Berücksich­tigung regionaler Verhältnis­se. In einigen Gebieten verzichten Jäger demnach auch freiwillig auf die Hasenjagd.

Wie sich der aktuelle HasenNachw­uchs entwickelt, ist noch unsicher. Aktuell laufen die Zählungen. Es gebe aber erneut gute Startbedin­gungen, sagte Reinwald. Die sogenannte Zuwachsrat­e, also die Differenz der Zählungen im Frühjahr und im Herbst 2023, sei mit 15 Prozent Zuwachs ordentlich gewesen. Viele Feldhasen hätten es wahrschein­lich über den Winter geschafft, der zudem nicht besonders hart gewesen sei. Starke Regenfälle und das Hochwasser in Teilen Deutschlan­ds seien allerdings fatal für die jungen Feldhasen gewesen, die schon früh geboren wurden. „Die haben in diesem Jahr null Chancen gehabt.“

Insgesamt ist der FeldhasenB­estand in Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren gewachsen. Die Deutsche Wildtier Stiftung schätzt, dass mindestens zwei Millionen Feldhasen (Lepus europaeus) in Deutschlan­d leben. Die positive Entwicklun­g dürfe allerdings nicht über den langfristi­gen Trend hinwegtäus­chen, sagte Andreas Kinser, Leiter Natur- und Artenschut­z der Stiftung. „Wenn wir uns die letzten 50 Jahre anschauen, dann geht der Trend nach unten.“Vor allem eine intensive Landwirtsc­haft mache die Landschaft weniger abwechslun­gsreich und damit den Lebensraum für Feldhasen knapp.

„Was der Wermutstro­pfen ist, ist der Lebensraum­verlust. Da haben wir noch deutlich Luft nach oben“, sagte auch der Sprecher des Jagdverban­des, Torsten Reinwald. Denn Feldhasen bräuchten Hecken, Gräben und Blühstreif­en. An diesen „unaufgeräu­mten Ecken“fänden die flinken Sprinter in Wildkräute­rn wie Malve, Kamille und Baldrian ihre Nahrung. Das gelte auch für weitere gefährdete Arten wie den Feldhamste­r oder das Rebhuhn. „Die brauchen so eine abwechslun­gsreiche Landschaft“, sagte Reinwald.

Zudem geben solche Feldränder und Säume an landwirtsc­haftlichen Flächen den Feldhasen Deckung vor Feinden. „Je größer die Flächen werden, desto weniger gibt es solche Strukturen“, sagte Kinser. Vor allem mehr Brachfläch­en könnten aus Sicht der Jägerschaf­t und der Wildtier Stiftung den Feldhasen und der Artenvielf­alt insgesamt helfen. Dass die EU nun kürzlich Vorgaben zu Brachfläch­en für dieses Jahr ausgesetzt hat, kritisiere­n sie. Aus Sicht der Jägerschaf­t sind mehr Anreize für Landwirte nötig, um Naturschut­z und Landwirtsc­haft in Einklang zu bringen. „Es geht nur im Miteinande­r“, sagte DJV-Sprecher Reinwald. Für die Landwirtsc­haft müssten sich Maßnahmen für mehr Artenvielf­alt auch rechnen.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Die gefährdete­n Feldhasen vermehren sich in Deutschlan­d prächtig. Das hat laut Jägern auch mit dem Klimawande­l zu tun.

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