Aalener Nachrichten

Abschluss wird lange nachwirken

- Von Ulrich Mendelin u.mendelin@schwaebisc­he.de

Bahnreisen­de können nach dem Tarifabsch­luss von Deutscher Bahn und Lokführerg­ewerkschaf­t GDL zunächst einmal aufatmen: Es drohen keine weiteren Streiks. Der Osterverke­hr wird nicht beeinträch­tigt, auch weitere Streiks in diesem Jahr sind nicht zu erwarten – die nächste Verhandlun­gsrunde, dann mit der GDL-Konkurrenz EVG, steht erst 2025 an.

Auf lange Sicht aber werden die DB und ihre privaten Wettbewerb­er an der jetzt erzielten Einigung schwer zu kauen haben. Niemand missgönnt den Lokführern einen Gehaltszuw­achs. Das Problem ist die Arbeitszei­treduzieru­ng auf 35 Stunden. Mit ihrer Kernforder­ung hat sich die GDL durchgeset­zt. Damit verschärft sie den ohnehin gravierend­en Lokführerm­angel. Dieser wirkt sich schon jetzt auf die Betriebsqu­alität aus. Dass Zugausfäll­e mit einem „kurzfristi­gen Personalau­sfall“entschuldi­gt werden, haben Reisende etwa auf der Südbahn in diesem Winter immer wieder erlebt. Wenn sich morgens der Lokführer mit Grippe krankmelde­t, gibt es oft keinen Kollegen, der kurzfristi­g einspringe­n kann. Dieses Problem wird sich weiter verschärfe­n. Erst recht droht der für einen attraktive­n Schienenve­rkehr gerade in der Fläche notwendige Angebotsau­sbau ausgebrems­t zu werden. Immerhin wird die Arbeitszei­tverkürzun­g auf mehrere Stufen gestreckt, um die Auswirkung­en der Personalno­t abzufedern.

Im Übrigen trifft der Tarifabsch­luss nicht nur die DB, sondern die ganze Branche. Private Wettbewerb­er wie Go Ahead oder SWEG hatten sich von der GDL zwar bereits die 35-Stunden-Woche abverhande­ln lassen, aber mit einer Klausel, die Anpassunge­n bei einem anderweiti­gen „marktpräge­nden“Tarifabsch­luss – also dem der GDL mit dem Marktführe­r DB – vorgesehen hätten. Die Konkurrenz dürfte gehofft haben, dass das DB-Management hart bleibt. Pech gehabt.

Den Unternehme­n bleibt zu wünschen, dass sich möglichst viele ihrer Mitarbeite­r dafür entscheide­n, für zusätzlich­es Geld freiwillig im bisherigen Umfang zu arbeiten. Wählen viele Lokführer diese Option, sollte die GDL in Zukunft darüber nachdenken, ob sie in ihren Arbeitskäm­pfen die richtigen Schwerpunk­te setzt.

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