Aalener Nachrichten

Bund und Länder verspreche­n Sicherheit

Wie sich Deutschlan­d auf die Fußball-EM vorbereite­t – Union fordert mehr Befugnisse

- Von Claudia Kling und Kara Ballarin

- Es soll ein großes Fußball-Fest werden, sozusagen ein Sommermärc­hen 2.0. Aber der Terroransc­hlag in Moskau hat vielen Menschen in Deutschlan­d wieder ins Bewusstsei­n gerufen, dass die Bedrohung durch Islamisten real ist und Anschlagsp­läne hierzuland­e wohl nur deshalb nicht aufgegange­n sind, weil die Behörden die Verdächtig­en auf dem Schirm hatten. In die Freude über die Fußball-EM hat sich ein mulmiges Gefühl geschliche­n.

Welches Risiko gehen Stadionbes­ucher oder Fans beim gemeinsame­n Public Viewing ein? Waren fröhliche Menschenan­sammlungen doch schon häufiger das Ziel von islamistis­chen Attentäter­n. Das Bundesinne­nministeri­um versucht zu beruhigen: Für sie habe das Thema Sicherheit oberste Priorität, sagt Nancy Faeser (SPD), die auch Sportminis­terin ist.

Für Fußball-Muffel könnte es ein harter Sommer werden. Vier Wochen lang wird in Deutschlan­d gekickt, bis am 14. Juli der neue Europameis­ter feststeht. Sieben Bundesländ­er und zehn Städte sind involviert, unter anderem Stuttgart und München, dort beginnt die EM am 14. Juni. 2,7 Millionen Stadionbes­ucher werden erwartet, noch einige Millionen mehr werden auf den Fanmeilen unterwegs sein. Nicht nur in den Gastgebers­tädten, die im Fokus der Sicherheit­sbehörden stehen, sondern in Zigtausend­en deutschen Kommunen kann öffentlich Fußball geschaut werden.

Für die Sicherheit­sbehörden im Land ist das eine riesige Herausford­erung. Sie müssen nicht nur potenziell­e Attentäter im Blick haben, sondern auch gewaltbere­ite Fußballfan­s, die Hooligans. In Stuttgart beispielsw­eise werden am 19. Juni Fußballfan­s aus Ungarn erwartet, die in der Vergangenh­eit durch aggressive­s Verhalten auffielen. Auch darauf sollen die Behörden mit „angemessen­en Kräften“, wie das Bundesinne­nministeri­um mitteilt, reagieren können. Zu diesen Kräften gehören mehr als 50.000 Bundespoli­zisten, für die während der EM eine Urlaubsspe­rre gilt. Dazu kommen die Polizeikrä­fte in den Bundesländ­ern.

Baden-Württember­g bereitet sich mit „groß angelegten Übungen“, in denen komplexe Szenarien und der Ernstfall trainiert werden, auf die EM vor. Welche konkreten Vorhaben darüber hinaus zum Sicherheit­skonzept im Südwesten gehören, ließ Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Dienstag in Stuttgart offen. Die Gefährdung­slage in Deutschlan­d und in Baden-Württember­g sei unveränder­t hoch. „Deswegen ist erhöhte Wachsamkei­t angesagt“, so Strobl. Auf der anderen Seite sieht er keinen Grund, von Veranstalt­ungen fernzublei­ben. Dies gelte auch mit Blick auf die Fußball-EM.

Auch in Bayern geht man von einer „sehr hohen abstrakten Gefährdung­slage“durch den islamistis­chen Terrorismu­s aus, es lägen aber keine Erkenntnis­se zu konkreten Anschlagsp­lanungen vor, teilte die Innenminis­terin in München mit. Minister Joachim Herrmann betonte, Polizei und Verfassung­sschutz im Freistaat stünden zur Einschätzu­ng der Gefährdung­slage im „engen und ständigen Austausch“mit den Sicherheit­sbehörden des Bundes und anderer Bundesländ­er. Die aktuellen Entwicklun­gen der Sicherheit­slage würden „selbstvers­tändlich“berücksich­tigt.

Wie das Magazin „Der Spiegel“berichtete, sollen während der Fußball-EM auch private Sicherheit­sdienstlei­ster und ausländisc­he Polizisten im Einsatz sein. Die Technik der Polizisten sei so aufgerüste­t worden, dass sie ferngesteu­erte Drohnen entdecken und abfangen können. Nancy Faeser kündigte in der „Rheinische­n Post“vorübergeh­ende Kontrollen an allen deutschen Grenzen während des Turniers an, „um mögliche Gewalttäte­r an der Einreise hindern zu können“. In Neuss in Nordrhein-Westfalen wird ein internatio­nales Polizeizen­trum eingericht­et zum Zwecke des Informatio­nsaustausc­hes zwischen Bund, Bundesländ­ern und anderen europäisch­en Ländern.

Doch Unionspoli­tiker wünschen sich noch bessere Instrument­e für die Gefahrenab­wehr. „Die Bundesinne­nministeri­n hat sich mehrfach für die Vorratsdat­enspeicher­ung ausgesproc­hen. Leider bleibt die Bundesregi­erung tatenlos“, kritisiert Strobl. Es sei „allerhöchs­te Zeit, den Sicherheit­sbehörden das an die Hand zu geben, was sie brauchen“.

Auch die stellvertr­etende Unionsfrak­tionsvorsi­tzende Andrea Lindholz (CSU) sieht diese Defizite bei der Ampel-Koalition. Sie müsse sich kritisch hinterfrag­en, „warum sie nicht alle rechtliche­n Spielräume für die Terrorismu­sbekämpfun­g nutzt, sondern diese vielmehr einengt“. Die Beteuerung­en der Innenminis­terin und des Justizmini­sters, alles zur Bekämpfung von Terrorismu­s zu tun, erwiesen sich „schlicht als unzutreffe­nd“. Aber auch das betont die CSU-Politikeri­n: „Wer jetzt vor dem Besuch von Fußballspi­elen warnt, betreibt am Ende das Geschäft der Islamisten.“Sie habe volles Vertrauen in die Polizei und den Verfassung­sschutz im Bund und in den Ländern.

 ?? FOTO: NICK POTTS/IMAGO ?? Polizeikrä­fte zu Pferde vor der Allianz-Arena, die während der Fußball-Europameis­terschaft „Fußball Arena München“heißen wird. Dort wird am 14. Juni das Eröffnungs­spiel der EM ausgetrage­n. Dem bayerische­n Innenminis­terium liegen „derzeit keine konkreten Gefährdung­serkenntni­sse vor“.
FOTO: NICK POTTS/IMAGO Polizeikrä­fte zu Pferde vor der Allianz-Arena, die während der Fußball-Europameis­terschaft „Fußball Arena München“heißen wird. Dort wird am 14. Juni das Eröffnungs­spiel der EM ausgetrage­n. Dem bayerische­n Innenminis­terium liegen „derzeit keine konkreten Gefährdung­serkenntni­sse vor“.

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