Tödlicher Schuss soll Unfall gewesen sein
84-Jähriger aus Friedrichshafen soll Partnerin erschossen haben – Spielte Eifersucht eine Rolle?
- Totschlag oder tragischer Unfall? Im Fall um eine getötete 84 Jahre alte Frau aus Friedrichshafen-Berg (Bodenseekreis) hat am Dienstag der Prozess vor dem Landgericht in Ravensburg begonnen. Angeklagt ist der 84 Jahre alte Partner der Verstorbenen. Er soll die Frau vorsätzlich mit einer Pistole erschossen haben, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Nach Darstellung des Angeklagten hingegen sei der tödliche Schuss versehentlich gefallen.
Gestützt an einem Rollator betritt der 84 Jahre alte Angeklagte am Dienstag langsam den Sitzungssaal 1 des Landgerichts Ravensburg. Fragen zu den Vorwürfen gegen ihn beantwortet er nicht, lässt stattdessen seinen Verteidiger Uwe Rung eine schriftliche Erklärung verlesen. Seine Version der Tatnacht: Er räume zwar ein, die Tatwaffe – eine Pistole vom Typ Walther PPK – in der Hand gehabt zu haben. Auch habe er sie in der gemeinsamen Wohnung in einer Wohnanlage für Senioren abgefeuert, wodurch es letztlich zu dem tödlichen Schuss auf die 84-Jährige gekommen sei.
Allerdings sei dies nicht vorsätzlich geschehen. Er habe die Waffe an diesem Tag unter einem Kissen auf der Couch im Wohnzimmer gefunden. Offenbar musste sie seine Partnerin dort versteckt haben, so der Mann. Er habe die Frau damit konfrontieren
wollen. Dabei habe er die Waffe in die Hand genommen und es habe sich ein Schuss gelöst, weil die Pistole offenbar geladen und entsichert gewesen sei. „Ich mache mir im Nachhinein Vorwürfe. Ich hätte mich davon überzeugen müssen, in welchem Zustand die Pistole war“, verliest Anwalt Uwe Rung für seinen Mandanten. Unter Schock stehend habe er dann die Polizei gerufen. Und aus Angst davor, dass ihm niemand glauben werde, habe er der Frau die Waffe in die Hand gelegt.
Anders die Sicht der Staatsanwaltschaft: Sie wirft dem 84-Jährigen zwar keinen Mord, aber durchaus eine vorsätzliche Tötung, einen Totschlag, vor. Der Angeklagte habe mit der Pistole einen Schuss auf die Frau abgegeben, um sie umzubringen, sagt Staatsanwalt Florian Brütsch beim Verlesen der Anklageschrift.
Die Kugel habe sie am rechten Hinterkopf getroffen und die 84-Jährige sei kurz darauf verstorben. Beim Notruf habe er dann angegeben, dass seine Partnerin sich selbst das Leben genommen habe.
Für die eintreffenden Einsatzkräfte sah die Situation offenbar zunächst auch wie ein Suizid aus, wie aus Zeugenaussagen von Polizisten und Notfallsanitätern hervorgeht. Allerdings hätten sich recht schnell Ungereimtheiten gezeigt, sagte ein Polizeibeamter. Verdächtig sei zum Beispiel gewesen, dass der 84-Jährige sich unbedingt die Hände waschen wollte – obwohl es die Polizisten ihm strikt verboten hätten. Ein Beamter des Kriminaldauerdiensts beschrieb zudem den Tatort: So sei etwa die Wand hinter der Couch, auf der die Frau saß, trotz des Kopfschusses frei von Blut gewesen. Sie hätte sich die Pistole also selbst schräg an den Hinterkopf halten müssen – eine ungewöhnliche Position, so der Polizist. Auch die Stelle, an der die Patronenhülse gefunden wurde, habe nicht mit einem Suizid zusammengepasst.
Unklar bleibt zunächst, ob Eifersucht bei der Tat eine Rolle gespielt haben könnte. Dieses Motiv brachte schon vor dem Prozess die Staatsanwaltschaft ins Spiel. Ein psychologischer Sachverständiger sagte aus, dass der 84-Jährige ihm gegenüber von einer möglichen Beziehung der Getöteten zu einem anderen Mann berichtet habe. Demnach habe die Frau Handynachrichten mit einer Person ausgetauscht, die sich als den Schauspieler Mark Keller, unter anderem bekannt aus der ZDFSendung „Der Bergdoktor“, ausgegeben habe. Dabei hätten sich beide zärtliche Botschaften geschrieben.
Der Angeklagte habe Angst gehabt, dass seine Partnerin ihn verlassen könnte, so der Sachverständige. Polizisten berichteten im Zeugenstand ebenfalls, dass der Mann ihnen von diesem Thema berichtet habe. Außerdem seien entsprechende Nachrichten auf dem Handy der Getöteten gefunden worden – allerdings von einer Nummer mit der Ländervorwahl von Ghana.
Der nächste Termin des Prozesses findet am Donnerstag, 4. April, statt. Insgesamt sind für die Verhandlung fünf Tage angesetzt. Das Urteil wird am Dienstag, 16. April, erwartet.