So einfach wie in Österreich
Busführerschein soll leichter zu bekommen sein – Bündnis gegen Fachkräftemangel im Nahverkehr
- 2500 Busfahrer fehlen in Baden-Württemberg – Tendenz steigend. Linienfahrten fallen aus, Vereine können keine Reisebusse buchen, obwohl die 9600 Busfahrer im Land Überstunden auf häufen. Aus Sicht des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) und auch von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist ein Grund dafür der abschreckend teure Erwerb des Busführerscheins. Nun hat das Land mit einer Initiative in der Verkehrsministerkonferenz eine Reform angestoßen.
Bereits im vergangenen Oktober haben die Ressortchefs der Länder in einem einstimmigen Beschluss den Bund zum Handeln aufgefordert, heißt es aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) habe reagiert und plane nun, die Vorgabe von Mindeststunden für die Grundausbildung zu streichen. Noch im September hatte WBO-Geschäftsführerin Yvonne Hüneburg Wissings Ministerium Untätigkeit in dieser Sache vorgehalten. „Das Bundesverkehrsministerium setzt andere Schwerpunkte“, sagte sie damals im Gespräch mit der
„Schwäbischen Zeitung“.
Derzeit müssen angehende Busfahrer 80 Pflichtstunden ableisten, um sich hinters Steuer setzen zu dürfen. In Österreich sind hingegen nur acht Stunden erforderlich. Das Nachbarland gilt als Vorbild beim Busführerschein: Dort kostet der Erwerb der Fahrerlaubnis laut WBO aktuell etwa 3000 Euro, in Deutschland hingegen liegen die Kosten – auch wegen der hohen Pf lichtstundenzahl – mit etwa 14.500 Euro inzwischen fast fünfmal so hoch. Mit der nun von Baden-Württemberg angestoßenen Reform in Deutschland
„wäre eine Angleichung an die Praxis in Österreich verbunden“, heißt es vom Stuttgarter Verkehrsministerium. Man werde weiter darauf achten, dass der Bund dieses „wichtige Anliegen“weiter dringlich behandle. Vom Tisch ist hingegen die Überlegung von Landesverkehrsminister Hermann, Zuschüsse für den Erwerb des Busführerscheins zu zahlen.
WBO-Chefin Hüneburg begrüßt die Initiative Baden-Württembergs sehr, sieht aber neben den Pflichtstunden noch an einer zweiten Stelle Handlungsbedarf: bei der Berufskraftfahrerqualifikation.
Sie ist Voraussetzung für gewerbliches Fahren und muss zusätzlich zum Busführerschein erworben werden. In Deutschland ist dafür laut WBO ein Monat Theorieunterricht in der Fahrschule nötig – in Österreich ein 90minütiger Multiple-Choice-Test.
Auf Landesebene hat sich zudem ein Bündnis aus Politik, Verkehrsunternehmen, Gewerkschaften und Agentur für Arbeit gebildet, um Mitarbeiter für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen. Diese fehlen nicht nur hinterm Steuer von Bussen, sondern auch in Stellwerken, Werkstätten, auf dem Führerstand von Lokomotiven und im Service, wie es bei der Vorstellung am Donnerstag in Stuttgart hieß. Ein Ziel ist es demnach, die verschiedenen Berufsbilder bekannter zu machen. Außerdem soll darüber gesprochen werden, wie die Arbeitsbedingungen in der Branche etwa durch Hilfe bei der Wohnungssuche oder Kinderbetreuung attraktiver gemacht werden können. Die Rede ist auch von einem Konzept für die Anwerbung von Mitarbeitern im Ausland, zu dem auch Sprachkurse und Integrationsangebote gehören sollen. Der WBO drängt darüber hinaus auf eine erleichterte Anerkennung ausländischer Führerscheine.