Trauriger Abschied: Familie Scaldelai gibt „Venezia“ab
Ein Pächter übernimmt die älteste Eisdiele in Aalen – Eröffnung unter neuer Regie ist voraussichtlich Mitte April
- In Aalen geht eine Ära zu Ende. In der dritten Generation geben Claudio und Stefano Scaldelai mit dem „Venezia“die älteste Eisdiele in der Kreisstadt oder gar in der Region auf. Die gute Nachricht: Ein Nachpächter wird die Geschäfte unter gleichem Namen und mit demselben Konzept in ihrem Sinne weiterführen.
Seit geraumer Zeit haben die beiden Eisdielen „By Rino“in der Mittelbachstraße und „Polentarutti Ital-Eis-Paradies“am Marktplatz nach der Winterpause wieder auf. Vor dem „Venezia“, der ältesten Eisdiele in der Kreisstadt, haben sich die Türen seit Mitte Oktober vergangenen Jahres hingegen nicht mehr geöffnet. Seither hängt am Eingang ein Schild mit den Worten „Wir bedanken uns für die schöne Saison 2023 bei unseren Kunden“. Darüber, ob und wie es an dem Standort in der Mittelbachstraße weitergeht, wurde in der vergangenen Zeit eifrig spekuliert. Die Angst, dass die älteste Eisdiele der Vergangenheit angehören könnte, war unter den Bürgern groß. Jetzt hat sich Claudio Scaldelai, einer der beiden Geschäftsführer auf Nachfrage der „Aalener Nachrichten/Ipf- und Jagst-Zeitung“geäußert.
Das „Venezia“, von vielen älteren Aalenern nach wie vor liebevoll die „Vene“genannt, wird bleiben. Allerdings nicht mehr unter der Regie der Familie Scaldelai. Vielmehr werde diese von einer neuen Familie übernommen, die selbst 30 Jahre lang im Eisgeschäft tätig sei, sagt Claudio Scaldelai, dem der Schritt mehr als schwergefallen sei, sich von der Familientradition zu trennen. Doch gesundheitliche Gründe hätten diesen erforderlich gemacht.
Einen potenziellen Nachfolger in der Familie gebe es nur in seinem Neffen Christian. Doch bis der 15-Jährige den Betrieb übernehmen könne, würde noch eine gewisse Zeit ins Land gehen und selbst dann sei unklar, ob er in die Fußstapfen seines Urgroßvaters Giovanni Scaldelai treten möchte, der an Pfingstmontag 1956 die Eisdiele in der Mittelbachstraße 1b in den ehemaligen Geschäftsräumen der Bäckerei Unfried eröffnete. Und das in einer Zeit, in der die Gastronomievielfalt in Aalen im Gegensatz zu heute recht überschaubar war. Außer der „Vene“als Treffpunkt für Jung und Alt gab es etwa noch das ehemalige „Café Roschmann“in der Friedhofstraße, unter alten Aalenern besser bekannt als „das Blech“.
25 Jahre lang führte der heute 52-jährige Claudio mit seinem Bruder Stefano (55) die von seinen Eltern Carlo und Paola übernommene legendäre Eisdiele, die in den Anfangszeiten seines Großvaters noch unter dem Namen Eissalon firmierte. Als im Laufe der Zeit das Sortiment von eigens hergestelltem Eis um Heiß- und Kaltgetränke wie Limonade, Cappuccino und Espresso erweitert wurde, sei aus dieser ein Eiscafé geworden.
Erweitert wurde das Angebot unter der Regie von Claudio und Stefano Mitte der 90erJahre erneut um eine Auswahl an Süßspeisen, Pizzen, Nudeln, Tagesessen und einem Frühstück an Markttagen. 1996 wurde das Eiscafé, in dem über 40 Eissorten nach Familienrezept selbst hergestellt wurden, vergrößert.
24 Jahre später folgte dann Anfang November 2020 die Verkleinerung des legendären Eiscafés. In die Nebenräume zog Laura
Schön mit ihrem Schmuckgeschäft Juwelier Schön ein. Daraufhin war das „Venezia“aus gesundheitlichen Gründen immer wieder geschlossen. Gesundheitliche Gründe haben Claudio Scaldelai auch veranlasst, einen Nachpächter für das Traditionsgeschäft zu suchen. Einen solchen habe er in Persona von Amir Jakupi gefunden.
Der aus Slowenien stammende und noch in Konstanz lebende 28Jährige werde die Eisdiele voraussichtlich
Mitte April eröffnen. Unter dem Namen „Venezia“und mit dem bewährten Konzept in Form der traditionellen Eisrezepturen, kündigt Claudio Scaldelai an. Auch das Inventar soll vorerst nicht verändert werden.
Im ersten Jahr werde Amir Jakupi, der in Nordmazedonien Lebensmitteltechnologie studiert hat und dessen Vater 34 Jahre lang eine Eisdiele in Slowenien erfolgreich betrieben habe, im „Venezia“aufgrund von Personalmangel auf Selbstbedienung setzen. Danach möchte der 28-Jährige, der bereits in Stuttgart in einem Eiscafé gearbeitet habe, und in einem solchen auch in Konstanz angestellt sei, einen Service am Tisch anbieten. Vorerst
werde es im „Venezia“das beliebte Eis geben, überdies Heißund Kaltgetränke und auch kleine Süßspeisen to go in Form von Croissants. Ausgebaut werde das Angebot dann peu à peu in Form von Kuchen und einem kleinen Frühstück.
Sein „Baby“abgeben zu müssen, sei hart, sagt Claudio Scaldelai. In der Eisdiele habe er seine Kindheit und Jugend verbracht und diese im Sinne seiner Eltern weitergeführt. „Ich war immer mit Herzblut bei der Sache und werde meine Kunden vermissen.“Diese könnten die noch nicht eingelösten Gutscheine aus dem vergangenen Jahr bei seinem Nachfolger einlösen.
„Ich war immer mit Herzblut bei der Sache und werde meine Kunden vermissen“, sagt Claudio Scaldelai.