Aalener Nachrichten

Die Milliarden nicht verpulvern

- Von Hannes Koch

Die neuerliche Steuerentl­astung, die Bundesfina­nzminister Christian Lindner plant, ist unnötig. Entgegen dem Eindruck, den der FDP-Politiker erweckt, sind die Steuerzahl­enden in den vergangene­n Jahren gut gefahren. Außerdem wäre eine weitere Senkung finanzpoli­tisch und volkswirts­chaftlich gefährlich.

Zwischen 2021 und 2023 behielten die meisten Beschäftig­ten mehr Netto vom Brutto zurück, weil zum Beispiel der steuerlich­e Grundfreib­etrag stieg und der Tarif der Einkommens­teuer insgesamt angepasst wurde. Das zeigte eine Berechnung des Instituts für Makroökono­mie der gewerkscha­ftlichen Hans-Böckler-Stiftung im vergangene­n Jahr. Arbeit lohnte sich also mehr als vorher. Und auch die heimlichen Steuererhö­hungen der sogenannte­n kalten Progressio­n wurden mehr als ausgeglich­en. Dieser Effekt setzt sich 2024 fort, denn etwa der Grundfreib­etrag ist nochmals auf 11.604 Euro angehoben worden. Bis zu dieser Grenze zahlt man gar keine Steuer.

Sachlich ist die nochmalige Steuersenk­ung 2025 und 2026 nicht geboten. Was soll sie dann? Sie dient als Argument vor der Bundestags­wahl 2025, um Stimmen für die FDP zu gewinnen. Und sie beinhaltet politische Strategie. Steuersenk­ungen kosten den Staat Geld, das für andere Zwecke nicht zur Verfügung steht. Lindner verstärkt damit den Hebel, um weitere Aspekte seiner Finanzpoli­tik durchzuset­zen, etwa die Deckelung der Sozialausg­aben.

Hat die weitere Reduzierun­g der Einkommens­teuer volkswirts­chaftlich nicht aber auch Vorteile? Schließlic­h schüfe sie zusätzlich­e private Nachfrage, die die ökonomisch­e Stagnation zu überwinden helfen könnte.

Das ist richtig, aber jetzt nicht der entscheide­nde Punkt.

Volkswirts­chaftlich und finanzpoli­tisch fehlen momentan vor allem öffentlich­e Ausgaben, Nachfrage und Investitio­nen. Etwa wegen des russischen Krieges braucht der Staat große Summen. Dennoch steht nicht genug Geld für die Bundeswehr zur Verfügung. Auch die Transforma­tion zur Klimaneutr­alität erfordert Dutzende Milliarden Euro. Die knappen Mittel für Steuergesc­henke zu verpulvern, wird dem Ernst der Lage nicht gerecht.

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