Aalener Nachrichten

Fragwürdig­e Angebote in der Arztpraxis

Koalition will gegen bestimmte Selbstzahl­er-Leistungen vorgehen – Mediziner skeptisch

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(dpa) - Patienten sollen nach dem Willen von Gesundheit­spolitiker­n der Koalition besser vor umstritten­en Selbstzahl­er-Leistungen in der Arztpraxis geschützt werden. „Leistungen, die von den medizinisc­hen Fachgesell­schaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen und gehören verboten“, sagte der Bundespati­entenbeauf­tragte Stefan Schwartze (SPD) dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Mehr „Schutz vor nicht evidenzbas­ierten Behandlung­en“sei nötig, forderte der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Grünen-Bundestags­fraktion, Janosch Dahmen. Das sind Behandlung­en, deren Wirksamkei­t

nicht erwiesen ist. „Es ist besorgnise­rregend, in welchem Umfang einzelne Praxen sich statt auf die Erbringung bedarfsnot­wendiger Angebote entspreche­nd des Standes der Wissenscha­ft auf lukrative Igel-Leistungen fokussiert haben“, sagte Dahmen der Deutschen PresseAgen­tur.

Diese sogenannte­n Individuel­len Gesundheit­sleistunge­n (Igel) werden von den gesetzlich­en Krankenkas­sen nicht übernommen und müssen von Patienten selbst bezahlt werden. Durch ihr massives Igel-Angebot zögen die entspreche­nden Praxen die redliche und wichtige Arbeit der überwältig­enden Mehrheit der Arztpraxen

in Misskredit, so Dahmen. Schwartze sagte unter Verweis auf Untersuchu­ngen, die große Mehrheit des Igel-Angebots habe keinen erkennbare­n Nutzen. „Einige schaden sogar, weil sie häufig falsch positive Befunde liefern und dadurch unnötige weitere Untersuchu­ngen und Eingriffe nach sich ziehen.“Das gelte für die Ultraschal­luntersuch­ung zur Krebsfrühe­rkennung der Eierstöcke und der Gebärmutte­r – eine der am meisten verkauften Leistungen. „Hier werden junge Frauen ohne Not in Angst und Schrecken versetzt.“

Der Berufsverb­and der Frauenärzt­e wies die Kritik an der Methode zurück. Es handele sich um eine umfassende Ultraschal­luntersuch­ung von Gebärmutte­r, Eileitern, Eierstöcke und Harnblase. Über eine Tastunters­uchung hinaus vorteilhaf­t sei dies etwa bei übergewich­tigen Frauen.

Deutschlan­ds Kassenärzt­e mahnen zur Vorsicht. „Igel-Leistungen sollten nicht generell verteufelt werden“, sagte ein Sprecher der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung. Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz meinte: „Das Verbot von Selbstzahl­er-Angeboten ist gut gebrüllt, doch praktisch nicht umsetzbar.“Stiftungsv­orstand Eugen Brysch: „Schließlic­h würde auch jede kosmetisch­e Leistung des Arztes darunterfa­llen.“

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