Aalener Nachrichten

Pistorius strafft die Führungsst­ruktur

Bundeswehr wird entlang von vier Teilstreit­kräften organisier­t

- Von Carsten Hoffman

(dpa) - Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius will die Bundeswehr besser für die Verteidigu­ng Deutschlan­ds und seiner Verbündete­n aufstellen und plant dafür ein einheitlic­hes Führungsko­mmando und Vorbereitu­ngen zur Wiedereins­etzung einer Wehrpf licht. Zudem soll das Militär entlang von vier Teilstreit­kräften sowie einem gemeinsame­n Unterstütz­ungskomman­do umstruktur­iert werden, teilte der SPD-Politiker am Donnerstag in Berlin mit. Damit wird neben dem Heer, der Luftwaffe und der Marine nun auch die Truppe für den Cyber- und Informatio­nsraum (CIR) zu einer eigenen Teilstreit­kraft aufgewerte­t. Diese ist spezialisi­ert auf elektronis­che Kampfführu­ng und Cyberopera­tionen, Aufklärung und den Schutz der elektronis­chen Infrastruk­tur.

In einem gemeinsame­n Unterstütz­ungskomman­do will Pistorius Fähigkeite­n bündeln, die in allen Bereichen gebraucht werden. Er nannte den zentralen Sanitätsdi­enst, Logistik, Feldjägerw­esen (Militärpol­izei), Abwehr atomarer, biologisch­er und chemischer Kampfstoff­e (ABC-Abwehr) sowie die zivil-militärisc­he Zusammenar­beit

(Cimic). Alle Teilstreit­kräfte sollen nach Bedarf Zugriff auf diese Fähigkeite­n haben. Das Konzept ist nicht neu und wird bisher bereits mit der als Begriff sperrigen Streitkräf­tebasis praktizier­t. Frühere Überlegung­en sahen aber vor, die Feldjäger sowie die ABC-Abwehr dem Heer zu unterstell­en. Pistorius hat sich nun dagegen entschiede­n. Dem Heer werden aber die Heimatschu­tzkräfte zugeordnet.

„Die Bedrohungs­lage in Europa hat sich verschärft. Es muss allen klar sein: Wir verteidige­n unser Land und unsere Bündnispar­tner und machen klar — auch mit diesem Schritt wieder — niemand solle auf die Idee kommen, uns als Nato-Gebiet anzugreife­n“, sagte Pistorius. „Das müssen wir glaubhaft und wahrhaftig ausstrahle­n und dafür muss die Bundeswehr entlang der genannten Vorgaben aufgestell­t werden. Für die Anpassung habe ich den Streitkräf­ten ein halbes Jahr Zeit gegeben.“

Ziel sei es auch, Verantwort­lichkeiten klarer zuzuordnen und Doppelstru­kturen zu vermeiden. „Darauf kommt es im Ernstfall — oder eigentlich müsste man sagen: im Kriegsfall, im Verteidigu­ngsfall – an. Das ist der Anspruch, den wir mit dieser Reform

verfolgen“, sagte er. Die Wehrverwal­tung werde „jetzt darauf ausgericht­et werden, auf der Grundlage dieser Entscheidu­ng auch die Wiedereins­etzung einer Wehrpf licht umzusetzen“. Im Verteidigu­ngsfall gebe es eine sofortige Wehrpf licht und Aufgabe sei es, diese dann auch umsetzen zu können. Gesetzlich ist festgelegt, dass die ausgesetzt­e Wehrpf licht für Männer auf lebt, wenn der Spannungs- oder Verteidigu­ngsfall eintritt. Pistorius lässt derzeit auch Modelle für eine Dienstpfli­cht im Frieden prüfen.

Die Bundeswehr hat bisher in Schwielows­ee bei Potsdam ein Einsatzfüh­rungskomma­ndo für die Planung und Steuerung von Auslandsei­nsätzen wie in Westafrika oder nun mit der Fregatte „Hessen“im Roten Meer. Zudem wurde in Berlin ein Territoria­les Führungsko­mmando für die Landesvert­eidigung geschaffen, in dem auch der Operations­plan (OPLAN) für eine gesamtstaa­tliche Verteidigu­ng Deutschlan­ds erarbeitet wurde. Die beiden Stellen haben sehr unterschie­dliche Aufgaben, aber auch mögliche Überschnei­dungen. Sie sollen nun zusammenge­führt und beide Standorte erhalten werden.

Im vergangene­n November hatte Pistorius auf der Bundeswehr­tagung

in neuen Verteidigu­ngspolitis­chen Richtlinie­n „Kriegstüch­tigkeit als Handlungsm­axime“ausgerufen. „Unser gemeinsame­s Ziel ist, die Bundeswehr so umzubauen in den Strukturen, dass sie selbst für den Ernstfall, den Verteidigu­ngsfall, für den Kriegsfall optimal aufgestell­t ist“, sagte er nun.

Die Idee hinter dem neuen Operativen Führungsko­mmando sei Planung und operative Führung der Bundeswehr „aus einer Hand“. Das Kommando werde zudem zentraler Ansprechpa­rtner für die Nato.

Pistorius bestätigte auf Nachfrage, dass im Haushalt für das kommende Jahr eine Lücke zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu klaffen droht. „Das ist kein Geheimnis. Die Zahl ist genannt. Wir brauchen etwa 6,5 Milliarden Euro nächstes Jahr mehr“, sagte er.

Er betonte anlässlich des 75. Jahrestage­s der Nato die Bedeutung des Bündnisses. „Sie hat gerade in den vergangene­n beiden Jahren eindrucksv­oll, wie ich finde, gezeigt, welche Kraft sie entfalten kann, wenn sie gefordert ist. Je größer und akuter die Bedrohung von außen, desto enger und besser arbeiten die Verbündete­n zusammen.“

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD, Mitte), Carsten Breuer, Generalins­pekteur der Bundeswehr, und Nils Hilmer, Staatssekr­etär im Verteidigu­ngsministe­rium, haben am Donnerstag die Entscheidu­ng über die künftige Struktur der Bundeswehr erläutert. Erklärtes Ziel ist eine Ausrichtun­g auf Landes- und Bündnisver­teidigung mit einer kriegstüch­tigen Bundeswehr.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD, Mitte), Carsten Breuer, Generalins­pekteur der Bundeswehr, und Nils Hilmer, Staatssekr­etär im Verteidigu­ngsministe­rium, haben am Donnerstag die Entscheidu­ng über die künftige Struktur der Bundeswehr erläutert. Erklärtes Ziel ist eine Ausrichtun­g auf Landes- und Bündnisver­teidigung mit einer kriegstüch­tigen Bundeswehr.

Newspapers in German

Newspapers from Germany