Aalener Nachrichten

Eltern gründen eine Freie Schule Aalen

Weitere Interessie­rte gesucht – Initiatore­n wollen Bildungsla­ndschaft erweitern – Selbstbest­immtes Lernen

- Von Sylvia Möcklin

- Sie sind selbst junge Eltern, und sie möchten „einen Ort schaffen, an dem Kinder mit Freude lernen und wachsen können“. Deshalb suchen derzeit sieben Engagierte weitere Menschen für die Gründung einer Freien Schule Aalen.

„Wir stehen noch ganz am Anfang“, sagt Pascal Gröger als einer der Initiatore­n. „Wir brauchen Räume, Personal und Leute, die mitmachen möchten.“Was sie haben, ist ein Zeitplan – im September soll der Gesamtantr­ag über die Schulgründ­ung beim Regierungs­präsidium Stuttgart eingereich­t werden – und den Wunsch, „die Bildungsla­ndschaft im Ostalbkrei­s zu erweitern“um eine Schule, die der intrinsisc­hen Motivation der Kinder folgt, abseits von „festen Stundenplä­nen, Frontalunt­erricht und Leistungsd­ruck“.

Das Ziel sei das gleiche, erklärt Pascal Gröger, „am Ende der Grundschul­zeit sollen alle Kinder lesen, schreiben und rechnen können“. Die Landesbild­ungspläne müssen eingehalte­n werden. Aber die Wege zu diesen Lernzielen sollen andere sein – über selbstbest­immtes Lernen und demokratis­che Mitbestimm­ung. Das Ziel ist es, die Grund- in eine weiterführ­ende Schule münden zulassen, am liebsten in Form einer Gemeinscha­ftsschule, denn: „Alle Kinder sollen mitmachen können.“

Der Grundgedan­ke: Wenn Pascal Gröger seine Töchter beobachtet, drei und vier Jahre alt, freut er sich über ihre spielerisc­he Neugierde und Begeisteru­ng. „Alle Menschen besitzen einen inneren Antrieb zu lernen, eine intrinsisc­he Motivation“, erkärt der Naturwisse­nschaftler. „Wenn man sie da abholt“, ist er überzeugt, „schafft man ein optimales Lernumfeld.“Deshalb möchten die Schulgründ­er für die Kinder „eine Umgebung schaffen, die die instrinsis­chen Kräfte schützt und stärkt“.

Das Konzept: Die Initiatore­n möchten den Kindern „selbststän­diges Lernen im eigenen Rhythmus unter Beobachtun­g kompetente­r Lernbeglei­tung in einer anregend gestaltete­n Lernumgebu­ng“ermögliche­n. So steht es in einem Flyer, den sie verteilen. Statt fester Klassen soll es „sich immer wieder neu findende, kleine Interessen­gruppen geben, die altersüber­greifend mit- und voneinande­r lernen, in

ihrem eigenen Tempo und nach ihrer eigenen Neugierde“. Ein Beispiel: Einige Kinder kochen oder backen gerne. „Beim Backen merken sie gar nicht, dass sie dabei auch Mathe machen“, verdeutlic­ht Pascal Gröger. Ein zweites Beispiel: Viele Kinder erfinden begeistert Geschichte­n. „Als Werkzeug brauchen sie dafür aber die Schrift.“Die „Input-Einheiten“, um Rechnen oder Schreiben zu lernen, kommen von den Lehrkräfte­n, genauso wie die Begleitung über den Tag hinweg, von der Besprechun­g am Morgen über die selbst organisier­ten Lernprozes­se bis hin zum Fazit am Ende des Schultags. Natürlich könne nicht alles am Lernen immer Spaß machen, aber: „Man lernt es, um ans Ziel zu kommen.“

Die Kinder: Sie dürfen ihre Schule ihrem Alter entspreche­nd mitgestalt­en, werden ernst genommen und an Entscheidu­ngen beteiligt. „Kinder sind unsere wichtigste Ressource. Sie werden so sein, wie wir als Gesellscha­ft sie gebildet und sozialisie­rt haben“, erklärt Pascal Gröger. Deshalb ist es den gründenden Eltern wichtig, dass die Kinder an der Freien Schule Aalen lernen, wie man in einer Gemeinscha­ft gut miteinande­r umgeht, Lösungen aushandelt und Konf likte gewaltfrei löst. Mit einem Missverstä­ndnis

in Bezug auf Beteiligun­g räumen sie auf: „Das bedeutet nicht, dass wir Erwachsene die Kinder alle Entscheidu­ngen treffen lassen. Das wäre eine Überforder­ung“, betont Pascal Gröger. „Wir Erwachsene­n behalten die Verantwort­ung, denn wir haben einen Wissensvor­sprung. Wir wissen zum Beispiel, was gesund ist“, betont er.

Die Lehrkräfte und Eltern:

Die Lehrkräfte gestalten ihre Schule mit, werden nach den Vorgaben des Landes bezahlt, ebenso ist Elterneinb­ezug Teil der Idee und Eltern können an der Schule mitwirken und Ämter übernehmen.

Was die Freie Schule Aalen nicht will: Einen Bezug auf bestimmte Reformpäda­gogen oder Ideologien. „Bei uns suchen sich die Kinder ihre eigenen Lernwege.

Wir unterstütz­en sie dabei und bieten dafür viele unterschie­dliche Methoden und Lernmateri­alien an“, erklärt Pascal Gröger. Es gebe auch keine religiöse Ausrichtun­g und keine Ideologie. „Wir gehen nach der Wissenscha­ft und deren neusten Erkenntnis­sen.“

Die nächsten Schritte: Das Regierungs­präsidium Stuttgart muss anerkennen, dass ein besonderes pädagogisc­hes Interesse bei der Freien Schule Aalen vorhanden ist. Deshalb erarbeiten die Eltern derzeit Schwerpunk­te mit besonderen Inhalten, die an ihrer Schule gelehrt werden sollen. Bildung für nachhaltig­e Entwicklun­g wird dazugehöre­n, auch in Form von Kreislaufw­irtschaft. Auch der musikalisc­h-ästhetisch­e Bereich ist ihnen wichtig. „Aber hier wären

hierfür ausgebilde­te Lehrkräfte notwendig. Hier wären neue Leute super“, sagt Pascal Gröger. Bald wollen die Gründer außerdem dem Bundesverb­and der Freien Alternativ­schulen (BFAS) beitreten, einem Zusammensc­hluss von über 120 Freien Alternativ­schulen und Gründungsi­nitiativen in Deutschlan­d.

Die Finanzieru­ng: Die Anschubfin­anzierung ist über Bürgschaft­en der GLS-Bank möglich, nach drei Jahren beginnt die staatliche Finanzieru­ng. Wie jede Privatschu­le wird auch ein Schulgeld verlangt werden müssen, das nach Einkommen gestaffelt sein soll. Und nicht zuletzt hoffen die Initiatore­n auf Spenden. „Wir möchten, dass Kinder aus allen gesellscha­ftlichen Schichten zu uns kommen können“, erklärt Pascal Gröger. „Dafür wären Spenden umso wichtiger.“

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FOTO: PRIVAT Sie gehören zum Gründungst­eam einer Freien Schule in Aalen (von links): Lea-Christin Wilhelmus, Pascal Gröger und Karin Stepan.

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