Kritik an angeblich zu wenig Vielfalt bei ARD und ZDF
Manifest fordert neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Widerspruch von den Redakteursvertretungen
(abe/sz) - Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio fordern einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sehen Handlungsbedarf – und haben ein Manifest für Reformen veröffentlicht. Am Mittwoch hatte eine Gruppe von zum Teil anonymen Erstunterzeichnern das Papier verbreitet und ins Netz gestellt. Es soll sich um mehr als 100 Beteiligte handeln.
Bei ARD, ZDF und der Deutschen Welle arbeiten bundesweit etwa 25.000 Menschen. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte von der Gruppe Transparenz.
Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse bei ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle (Agra) wie auch ARD und ZDF teilten am Donnerstag mit: Man widerspreche dem Papier in wesentlichen Punkten.
In dem Manifest wird zwar das Prinzip eines beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks als wesentliche Säule der Demokratie und Kultur gelobt, die Meinungsvielfalt komme dabei jedoch zu kurz. Die Mitarbeiter fordern „einen öffentlichrechtlichen Rundfunk, der sein Publikum ernst nimmt, der Debatten zulässt und ein breites
Meinungsspektrum abbildet, ohne zu diffamieren“. Und weiter: „Nur sehr selten finden relevante inhaltliche Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen statt. Stimmen, die einen – medial behaupteten – gesellschaftlichen Konsens hinterfragen, werden wahlweise ignoriert, lächerlich gemacht oder gar ausgegrenzt.“
Auch die „Faktenchecks“der Öffentlich-Rechtlichen werden von den rund 100 Erstunterzeichnern des Manifests kritisch hinterfragt. Denn diese Formate würden oft durch ihre Machart, Überschrift und Formulierungen eine vermeintlich absolute Wahrheit suggerieren, die selten existiere. Der freie gesellschaftliche Diskurs werde dadurch schmerzhaft beschnitten. Weiter erschwerten äußere Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und Lobbygruppen einen unabhängigen Qualitätsjournalismus. Interessensverf lechtungen von Politik und Wirtschaft würden zu selten in tagesaktuellen Beiträgen aufgezeigt und erörtert.
Vor allem die Redakteursausschüsse als Vertretungen der Redakteure bei den Sendern widersprechen: „Der Eindruck, dass in den Sendern nur vorgegebene Meinungen diskutiert und verbreitet würden und nur ,Mainstream’-Themen und -Berichterstattung stattfinden könnten, ist falsch.“Es gebe überall eine lebhafte Streitkultur, bei der alle Meinungen geäußert würden. Berichterstattung finde grundsätzlich nach journalistischen Prinzipien statt.
Das ZDF teilte in einer Reaktion auf das Papier mit, der Sender begrüße und fördere ausdrücklich Meinungspluralismus, sowohl im Programm, in der Gesellschaft, als auch im Unternehmen. „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ZDF haben nicht nur bei internen Dialogveranstaltungen und in Redaktionskonferenzen jederzeit die Möglichkeit, sich kritisch zu äußern.“Eine konstruktive Kultur des respektvollen Dialogs sei auch Bestandteil der eigenen Leitlinien. Von den Beschäftigten des ZDF habe, soweit ersichtlich, nur ein freier Mitarbeiter das Papier unterzeichnet.
Von einem ARD-Sprecher hieß es: „Das jetzt veröffentlichte Dokument, das offenbar einige Beschäftigte von ARD-Medienhäusern mitunterzeichnet haben, bildet in Teilen eine Diskussion ab, die in den ARD-Medienhäusern kontinuierlich geführt wird.“
Nach der Veröffentlichung des Manifests meldete sich auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zu Wort und äußerte sich kritisch, vieles wirke „dubios“. „Auffällig ist, dass etliche Kritiker entweder bereits pensioniert sind oder kurz davor stehen“, heißt es in dem Artikel des Verbands. „In der ganzen Liste der Erstunterzeichner finden sich insgesamt sechs Journalistinnen und Journalisten.
Angeblich gibt es mehr als 30 weitere Unterzeichner, die nicht namentlich genannt werden wollen.“Um ihre Existenz zu beweisen, haben diese Mitarbeiter ihre Namen bei einem Anwalt hinterlegt.