Auf der Suche nach dem Windkraft-Platz
Südwest-CDU will das Planungsverfahren beschleunigen – Wirtschaft sieht aber ganz andere Baustellen
- CDU-Landeschef Manuel Hagel hat die baden-württembergischen Grünen kürzlich scharf kritisiert. „Mich ärgern Verzögerungen wie die grüne Blockade beim Landesplanungsgesetz“, sagte Hagel der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Damit wirft er seinem Koalitionspartner indirekt auch vor, den Ausbau erneuerbarer Energien zu bremsen. Die Grünen sehen das naturgemäß ganz anders.
Doch was ist das Landesplanungsgesetz überhaupt? Die Bundesländer sind dazu verpflichtet einen sogenannten Raumordnungsplan, also einen Nutzungsplan für die vorhandene Fläche, für ihr Landesgebiet aufzustellen. Zusätzlich gibt es für die einzelnen Teilgebiete sogenannte Regionalpläne. Das Landesplanungsgesetz legt fest, wie dieses Verfahren organisiert ist und welche Behörde welche Aufgaben zu erledigen hat. Damit bildet das Gesetz also die rechtliche Grundlage für die gesamte Raumordnung in Baden-Württemberg. Damit ist es auch für die Ausweisung von Flächen, auf denen zum Beispiel Windräder gebaut werden sollen, entscheidend.
Die baden-württembergische CDU will das Landesplanungsgesetz aber schon seit geraumer Zeit ändern, um Planungsverfahren zu beschleunigen. „Der Entwurf enthält Regelungen zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands. Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der öffentlichen Stellen bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen soll künftig vorrangig über elektronische Medien erfolgen, ebenso die Bekanntmachung von Vorschriften“, sagt ein Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Das Vorhaben ist bereits ressortabgestimmt. Das heißt, dass bisher alle zuständigen Ministerien dem Gesetzesentwurf zugestimmt haben. Nur die Grünen wollen ihn nicht freigeben und verhindern somit ein Gesetzgebungsverfahren. „Wir bedauern es wirklich sehr, dass die GrünenFraktion jetzt seit über einem halben Jahr auf sich warten lässt, seit Juli 2023“, kritisiert SüdwestCDU-Chef Hagel.
Die Grünen verweisen indes darauf, dass sie die Interessen von Wohnungsbau und Stadtentwicklung sowie von Landwirtschaft und Naturschutz noch stärker berücksichtigen wollen. „Das geht nur mit einer Politik des ‚Sowohl als auch‘. Daher sind die bislang
im Gesetzentwurf fehlenden Punkte zur Reduzierung des Flächenverbrauchs noch aufzunehmen“, sagt ein Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen. Vorschläge hierzu habe die Fraktion bereits im vergangenen Jahr vorgelegt. Fänden diese ihren Weg in den Entwurf stehe der Verabschiedung des Gesetzes nichts mehr im Wege.
Doch für die Firma Winkraft Uhl aus Ellwangen, die Windkraftanlagen plant, baut und betreibt, kommt diese Diskussion zur Unzeit. Das Unternehmen beschäftigt 21 Leute und errichtet derzeit drei Windparks in BadenWürttemberg mit insgesamt 14 Windkraftanlagen. „Aus unserer Sicht wäre es nicht förderlich, mitten im laufenden Prozess die Grundlagen zu verändern. Das würde nicht zu einer Beschleunigung führen, sondern das Gegenteil bewirken“, sagt ein Unternehmenssprecher. Mit „laufendem Prozess“meint der Sprecher die sogenannte regionale Planungsoffensive, die im Südwesten seit März 2022 voranschreitet. Das Projekt ist eine konzertierte Aktion
des Ministeriums für Landesentwicklung und den zwölf Regionalverbänden in Baden-Württemberg. Dabei muss jeder Regionalverband 1,8 Prozent seiner jeweiligen Fläche für den Bau von Windkraftanlagen ausweisen. Das bedeutet noch nicht, dass auf diesen Flächen auch tatsächlich Windräder gebaut werden. Hierbei wird lediglich festgestellt, ob sich der jeweilige Standort theoretisch als Platz für Windkraftanlagen eignen würde. Dieser Prozess soll bis Ende September 2025 abgeschlossen sein.
Mit der regionalen Planungsoffensive sollen unter anderem sogenannte Planungsleitplanken für die Bürgerbeteiligung geschaffen werden. Das sollte aus der Sicht von Windkraft Uhl allerdings nicht dazu führen, dass die Bevölkerung sich dann weniger stark an dem Planungsverfahren beteiligen darf. „Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist aus unserer Sicht unabdingbar, um die Akzeptanz der Planungen zu erhalten. Schon in zu vielen anderen Bereichen haben die Menschen das Gefühl, nicht gehört zu werden“, sagt der Sprecher des Ellwanger Unternehmens.
Das Land Baden-Württemberg hat insbesondere mit seiner „Task Force Erneuerbare Energien“schon einiges für die Beschleunigung von Planungsverfahren getan. So wurden unter anderem durch das Abschaffen des Widerspruchsverfahrens, der Vereinfachungen im Denkmal- und Artenschutz die Planungszeit auf 3,5 Jahre halbiert, wie die grüne Landtagsfraktion auf Nachfrage mitteilt. Aus Sicht der Firma Uhl gibt es trotzdem noch weitere Baustellen.
In Baden-Württemberg sei es besonders kompliziert in Wäldern Windparks zu errichten. Die Unternehmen bräuchten nämlich für den Weg zwischen den einzelnen Windrädern eine separate „Waldumwandlungsgenehmigung“. Ein bürokratischer Prozess, der viel Zeit koste. Was allerdings noch verzögernder wirke sei das eigentliche Genehmigungsverfahren, das die Landratsämter beziehungsweise die Stadtkreise abwickeln. „Hierfür sind Antragsunterlagen im Umfang von zwei bis drei Leitz-Ordnern erforderlich“, sagt der Uhl-Sprecher. Insgesamt dauere diese Arbeit rund zwei Jahre. Allein ein Naturschutzgutachten zu erstellen, brauche anderthalb Jahre.
Dabei wird eigentlich schon während der Regionalplanung, bei der potenzielle Flächen für die Windkraft ausgewiesen werden, ein solches Gutachten erstellt. „Hier wäre der Bund gefragt, die Möglichkeiten des EU-Rechts umzusetzen und in den Genehmigungsverfahren auf tiefgehende artenschutzrechtliche Prüfungen zu verzichten“, sagt der Uhl Sprecher. Dieser verweist zusätzlich darauf, wie wichtig es sei, die erneuerbaren Energien schnell auszubauen: „Insgesamt müssen wir uns allen, vor allem den kommunalen Entscheidungsträgern, immer wieder klarmachen, dass der Ausbau der Erneuerbaren kein Selbstzweck ist, sondern erstens der Eindämmung des Klimawandels dient und zweitens der Herstellung einer von Diktatoren und Kriegstreibern unabhängigen Energieversorgung unseres Landes.“