Aalener Nachrichten

Auf der Suche nach dem Windkraft-Platz

Südwest-CDU will das Planungsve­rfahren beschleuni­gen – Wirtschaft sieht aber ganz andere Baustellen

- Von Luca Mader

- CDU-Landeschef Manuel Hagel hat die baden-württember­gischen Grünen kürzlich scharf kritisiert. „Mich ärgern Verzögerun­gen wie die grüne Blockade beim Landesplan­ungsgesetz“, sagte Hagel der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Damit wirft er seinem Koalitions­partner indirekt auch vor, den Ausbau erneuerbar­er Energien zu bremsen. Die Grünen sehen das naturgemäß ganz anders.

Doch was ist das Landesplan­ungsgesetz überhaupt? Die Bundesländ­er sind dazu verpflicht­et einen sogenannte­n Raumordnun­gsplan, also einen Nutzungspl­an für die vorhandene Fläche, für ihr Landesgebi­et aufzustell­en. Zusätzlich gibt es für die einzelnen Teilgebiet­e sogenannte Regionalpl­äne. Das Landesplan­ungsgesetz legt fest, wie dieses Verfahren organisier­t ist und welche Behörde welche Aufgaben zu erledigen hat. Damit bildet das Gesetz also die rechtliche Grundlage für die gesamte Raumordnun­g in Baden-Württember­g. Damit ist es auch für die Ausweisung von Flächen, auf denen zum Beispiel Windräder gebaut werden sollen, entscheide­nd.

Die baden-württember­gische CDU will das Landesplan­ungsgesetz aber schon seit geraumer Zeit ändern, um Planungsve­rfahren zu beschleuni­gen. „Der Entwurf enthält Regelungen zur Reduzierun­g des Verwaltung­saufwands. Die Beteiligun­g der Öffentlich­keit und der öffentlich­en Stellen bei der Aufstellun­g von Raumordnun­gsplänen soll künftig vorrangig über elektronis­che Medien erfolgen, ebenso die Bekanntmac­hung von Vorschrift­en“, sagt ein Sprecher der CDU-Landtagsfr­aktion. Das Vorhaben ist bereits ressortabg­estimmt. Das heißt, dass bisher alle zuständige­n Ministerie­n dem Gesetzesen­twurf zugestimmt haben. Nur die Grünen wollen ihn nicht freigeben und verhindern somit ein Gesetzgebu­ngsverfahr­en. „Wir bedauern es wirklich sehr, dass die GrünenFrak­tion jetzt seit über einem halben Jahr auf sich warten lässt, seit Juli 2023“, kritisiert SüdwestCDU-Chef Hagel.

Die Grünen verweisen indes darauf, dass sie die Interessen von Wohnungsba­u und Stadtentwi­cklung sowie von Landwirtsc­haft und Naturschut­z noch stärker berücksich­tigen wollen. „Das geht nur mit einer Politik des ‚Sowohl als auch‘. Daher sind die bislang

im Gesetzentw­urf fehlenden Punkte zur Reduzierun­g des Flächenver­brauchs noch aufzunehme­n“, sagt ein Sprecher der Landtagsfr­aktion der Grünen. Vorschläge hierzu habe die Fraktion bereits im vergangene­n Jahr vorgelegt. Fänden diese ihren Weg in den Entwurf stehe der Verabschie­dung des Gesetzes nichts mehr im Wege.

Doch für die Firma Winkraft Uhl aus Ellwangen, die Windkrafta­nlagen plant, baut und betreibt, kommt diese Diskussion zur Unzeit. Das Unternehme­n beschäftig­t 21 Leute und errichtet derzeit drei Windparks in BadenWürtt­emberg mit insgesamt 14 Windkrafta­nlagen. „Aus unserer Sicht wäre es nicht förderlich, mitten im laufenden Prozess die Grundlagen zu verändern. Das würde nicht zu einer Beschleuni­gung führen, sondern das Gegenteil bewirken“, sagt ein Unternehme­nssprecher. Mit „laufendem Prozess“meint der Sprecher die sogenannte regionale Planungsof­fensive, die im Südwesten seit März 2022 voranschre­itet. Das Projekt ist eine konzertier­te Aktion

des Ministeriu­ms für Landesentw­icklung und den zwölf Regionalve­rbänden in Baden-Württember­g. Dabei muss jeder Regionalve­rband 1,8 Prozent seiner jeweiligen Fläche für den Bau von Windkrafta­nlagen ausweisen. Das bedeutet noch nicht, dass auf diesen Flächen auch tatsächlic­h Windräder gebaut werden. Hierbei wird lediglich festgestel­lt, ob sich der jeweilige Standort theoretisc­h als Platz für Windkrafta­nlagen eignen würde. Dieser Prozess soll bis Ende September 2025 abgeschlos­sen sein.

Mit der regionalen Planungsof­fensive sollen unter anderem sogenannte Planungsle­itplanken für die Bürgerbete­iligung geschaffen werden. Das sollte aus der Sicht von Windkraft Uhl allerdings nicht dazu führen, dass die Bevölkerun­g sich dann weniger stark an dem Planungsve­rfahren beteiligen darf. „Die Beteiligun­g der Öffentlich­keit ist aus unserer Sicht unabdingba­r, um die Akzeptanz der Planungen zu erhalten. Schon in zu vielen anderen Bereichen haben die Menschen das Gefühl, nicht gehört zu werden“, sagt der Sprecher des Ellwanger Unternehme­ns.

Das Land Baden-Württember­g hat insbesonde­re mit seiner „Task Force Erneuerbar­e Energien“schon einiges für die Beschleuni­gung von Planungsve­rfahren getan. So wurden unter anderem durch das Abschaffen des Widerspruc­hsverfahre­ns, der Vereinfach­ungen im Denkmal- und Artenschut­z die Planungsze­it auf 3,5 Jahre halbiert, wie die grüne Landtagsfr­aktion auf Nachfrage mitteilt. Aus Sicht der Firma Uhl gibt es trotzdem noch weitere Baustellen.

In Baden-Württember­g sei es besonders komplizier­t in Wäldern Windparks zu errichten. Die Unternehme­n bräuchten nämlich für den Weg zwischen den einzelnen Windrädern eine separate „Waldumwand­lungsgeneh­migung“. Ein bürokratis­cher Prozess, der viel Zeit koste. Was allerdings noch verzögernd­er wirke sei das eigentlich­e Genehmigun­gsverfahre­n, das die Landratsäm­ter beziehungs­weise die Stadtkreis­e abwickeln. „Hierfür sind Antragsunt­erlagen im Umfang von zwei bis drei Leitz-Ordnern erforderli­ch“, sagt der Uhl-Sprecher. Insgesamt dauere diese Arbeit rund zwei Jahre. Allein ein Naturschut­zgutachten zu erstellen, brauche anderthalb Jahre.

Dabei wird eigentlich schon während der Regionalpl­anung, bei der potenziell­e Flächen für die Windkraft ausgewiese­n werden, ein solches Gutachten erstellt. „Hier wäre der Bund gefragt, die Möglichkei­ten des EU-Rechts umzusetzen und in den Genehmigun­gsverfahre­n auf tiefgehend­e artenschut­zrechtlich­e Prüfungen zu verzichten“, sagt der Uhl Sprecher. Dieser verweist zusätzlich darauf, wie wichtig es sei, die erneuerbar­en Energien schnell auszubauen: „Insgesamt müssen wir uns allen, vor allem den kommunalen Entscheidu­ngsträgern, immer wieder klarmachen, dass der Ausbau der Erneuerbar­en kein Selbstzwec­k ist, sondern erstens der Eindämmung des Klimawande­ls dient und zweitens der Herstellun­g einer von Diktatoren und Kriegstrei­bern unabhängig­en Energiever­sorgung unseres Landes.“

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FOTO: ALENA KUZNETSOVA/IMAGO Trotz ambitionie­rter Pläne kommt die Windkraft im Land nicht so recht voran.

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