Eine Baustelle weniger in Stuttgart
Kunstgebäude am Schlossplatz wird nach gelungener Sanierung mit einer kurzweiligen Ausstellung eröffnet
- Im Grunde fiel es gar nicht weiter auf. Fast drei Jahre lang war das Kunstgebäude im Herzen von Stuttgart das, was man überall in der Landeshauptstadt findet: Baustelle. In der imposanten Kuppel wurde gehämmert und gebohrt und die Fassade war von Bauzäunen verhüllt. Nun ist das markante Ausstellungshaus von Theodor Fischer wieder eröffnet worden. Die nicht leicht zu bespielenden Räume wurden so freundlich renoviert, dass man hoffen kann, dass Stuttgart nun endlich erhält, was der Stadt so dringend fehlt: eine Kunsthalle, ein Haus für große Ausstellungen oder kulturelle Ereignisse, die im Kessel der Landeshauptstadt keinen geeigneten Ort haben.
Doch wer mit der Neueröffnung auf den großen Durchbruch gehofft hatte, muss sich leider weiterhin gedulden. Das 1913 eingeweihte Gebäude war zwar ein Geschenk König Wilhelm II. an die Künstlerinnen und Künstler der Stadt, in der jüngeren Vergangenheit hatte die Kultur aber immer wieder das Nachsehen. Von 2013 bis 2016 residierte hier das Parlament, weil der Landtag saniert wurde. Aber auch in der Zukunft wollen Staats- und Finanzministerium den Kuppelbau nutzen, wenn das Neue Schloss saniert wird.
So wird nun doch nur eine Interimslösung eingeläutet – wenn auch eine rundum gelungene. „Stuttgart sichten“nennt sich ein ungewöhnliches Ausstellungsprojekt, das bereits 2018 für die Hamburger Deichtorhallen ersonnen wurde. Hierzu hat der Künstler Florian Slotawa Skulpturen aus der Staatsgalerie Stuttgart mit eigenen Arbeiten kombiniert und inszeniert das Potpourri auf äußerst erfrischende Weise. Mal präsentiert er Figuren verschiedenster Epochen auf Möbeln aus der Staatsgalerie – einem Rollwagen, einem Hocker oder einer Musikanlage. Dann wieder reiht er Büsten in einer munteren Parade. Walter de Marias Installation „Anfang und Ende der Unendlichkeit“wurde erst gar nicht aufgebaut, sondern die Verpackungskisten der 50 massiven Messingzylinder gezeigt.
Das Ergebnis ist angenehm unpathetisch und erzählt weniger etwas über die einzelnen ArbeiDer ten wie Rodins „Iris, die Götterbotin“oder Norbert Krickes „Große Raumplastik“als über die Mechanismen des Museumsbetriebs, der Objekten Bedeutung zuschreibt. Mit einer Schar von Waschmaschinen konterkariert Florian Slotawa die Überhöhung des Künstlergenies, dann wieder erlaubt er sich, große Meister kühn zu kopieren. So erinnert ein kleines Foto an Picassos Installation „Badende“, die Slotawa nachgebaut hat mit Produkten aus dem Baumarkt – Bügelbrett und Einschlaghülse, Metallregal und Farbrolle.
Eine gelungene Übergangslösung, denn die Staatsgalerie Stuttgart wollte mit der Wiederholung des Hamburger Projekts eigentlich nur die Lücke füllen bis zur ersten Großen Landesausstellung „The hidden Länd – Wir im ersten Jahrtausend“, die am 13. September eröffnet werden soll. Im Frühjahr 2025 ist dann eine umfangreiche Schau zum Werk der Malerin Katharina Grosse geplant, die wiederum die Staatsgalerie ausrichten wird. Sie ist auch für das Gebäudemanagement zuständig und organisiert Aufsichten und die technische Umsetzung der geplanten Projekte.
Württembergische Kunstverein bespielt weiterhin den Vierecksaal, im Obergeschoss entsteht zudem Ausstellungsfläche für den Künstlerbund, außerdem wird gerade ein Pächter für die Gastronomie gesucht, die nun im Untergeschoss untergebracht ist. Aber wie geht es 2026 inhaltlich mit dem Kuppelsaal und den renovierten Kabinetten weiter? Vor der Schließung wurden bereits Symposien veranstaltet und Modelle angedacht, dass Stuttgarter Institutionen gemeinsam kuratieren könnten und über die Gattungsgrenzen hinweg experimentieren.
Passiert ist seither nichts. Man stehe im Gespräch, sagt der Kulturstaatssekretär Arne Braun, „wir haben das sehr offensiv auf dem Schirm“. Am Ende könnte es aber gut sein, dass Kunst und Kultur nach der Interimszeit doch wieder den Kürzeren ziehen wird und man sich lieber keine großen Hoffnungen machen sollte, dass im Herzen Stuttgarts endlich ein offenes, lebendiges Haus für die Kultur entsteht, das vielleicht sogar die fehlende Kunsthalle ersetzt. Arne Braun erwähnt nur lapidar „Wünsche anderer Ministerien“. Da kann man fast sicher sein, dass diese Ministerien auch in Zukunft lieber nach den eigenen Interessen schauen werden statt der Kunst den Vortritt zu lassen.
Die Ausstellung „Florian Slotawa. Stuttgart sichten“ist bis 16. Juni im Kunstgebäude am Schlossplatz zu sehen. Öffnungszeiten: Di.-So. 10-17 Uhr, Do. bis 20 Uhr. Weitere Infos unter: