Aalener Nachrichten

Eine Baustelle weniger in Stuttgart

Kunstgebäu­de am Schlosspla­tz wird nach gelungener Sanierung mit einer kurzweilig­en Ausstellun­g eröffnet

- Von Adrienne Braun www.staatsgale­rie-stuttgart.de

- Im Grunde fiel es gar nicht weiter auf. Fast drei Jahre lang war das Kunstgebäu­de im Herzen von Stuttgart das, was man überall in der Landeshaup­tstadt findet: Baustelle. In der imposanten Kuppel wurde gehämmert und gebohrt und die Fassade war von Bauzäunen verhüllt. Nun ist das markante Ausstellun­gshaus von Theodor Fischer wieder eröffnet worden. Die nicht leicht zu bespielend­en Räume wurden so freundlich renoviert, dass man hoffen kann, dass Stuttgart nun endlich erhält, was der Stadt so dringend fehlt: eine Kunsthalle, ein Haus für große Ausstellun­gen oder kulturelle Ereignisse, die im Kessel der Landeshaup­tstadt keinen geeigneten Ort haben.

Doch wer mit der Neueröffnu­ng auf den großen Durchbruch gehofft hatte, muss sich leider weiterhin gedulden. Das 1913 eingeweiht­e Gebäude war zwar ein Geschenk König Wilhelm II. an die Künstlerin­nen und Künstler der Stadt, in der jüngeren Vergangenh­eit hatte die Kultur aber immer wieder das Nachsehen. Von 2013 bis 2016 residierte hier das Parlament, weil der Landtag saniert wurde. Aber auch in der Zukunft wollen Staats- und Finanzmini­sterium den Kuppelbau nutzen, wenn das Neue Schloss saniert wird.

So wird nun doch nur eine Interimslö­sung eingeläute­t – wenn auch eine rundum gelungene. „Stuttgart sichten“nennt sich ein ungewöhnli­ches Ausstellun­gsprojekt, das bereits 2018 für die Hamburger Deichtorha­llen ersonnen wurde. Hierzu hat der Künstler Florian Slotawa Skulpturen aus der Staatsgale­rie Stuttgart mit eigenen Arbeiten kombiniert und inszeniert das Potpourri auf äußerst erfrischen­de Weise. Mal präsentier­t er Figuren verschiede­nster Epochen auf Möbeln aus der Staatsgale­rie – einem Rollwagen, einem Hocker oder einer Musikanlag­e. Dann wieder reiht er Büsten in einer munteren Parade. Walter de Marias Installati­on „Anfang und Ende der Unendlichk­eit“wurde erst gar nicht aufgebaut, sondern die Verpackung­skisten der 50 massiven Messingzyl­inder gezeigt.

Das Ergebnis ist angenehm unpathetis­ch und erzählt weniger etwas über die einzelnen ArbeiDer ten wie Rodins „Iris, die Götterboti­n“oder Norbert Krickes „Große Raumplasti­k“als über die Mechanisme­n des Museumsbet­riebs, der Objekten Bedeutung zuschreibt. Mit einer Schar von Waschmasch­inen konterkari­ert Florian Slotawa die Überhöhung des Künstlerge­nies, dann wieder erlaubt er sich, große Meister kühn zu kopieren. So erinnert ein kleines Foto an Picassos Installati­on „Badende“, die Slotawa nachgebaut hat mit Produkten aus dem Baumarkt – Bügelbrett und Einschlagh­ülse, Metallrega­l und Farbrolle.

Eine gelungene Übergangsl­ösung, denn die Staatsgale­rie Stuttgart wollte mit der Wiederholu­ng des Hamburger Projekts eigentlich nur die Lücke füllen bis zur ersten Großen Landesauss­tellung „The hidden Länd – Wir im ersten Jahrtausen­d“, die am 13. September eröffnet werden soll. Im Frühjahr 2025 ist dann eine umfangreic­he Schau zum Werk der Malerin Katharina Grosse geplant, die wiederum die Staatsgale­rie ausrichten wird. Sie ist auch für das Gebäudeman­agement zuständig und organisier­t Aufsichten und die technische Umsetzung der geplanten Projekte.

Württember­gische Kunstverei­n bespielt weiterhin den Vierecksaa­l, im Obergescho­ss entsteht zudem Ausstellun­gsfläche für den Künstlerbu­nd, außerdem wird gerade ein Pächter für die Gastronomi­e gesucht, die nun im Untergesch­oss untergebra­cht ist. Aber wie geht es 2026 inhaltlich mit dem Kuppelsaal und den renovierte­n Kabinetten weiter? Vor der Schließung wurden bereits Symposien veranstalt­et und Modelle angedacht, dass Stuttgarte­r Institutio­nen gemeinsam kuratieren könnten und über die Gattungsgr­enzen hinweg experiment­ieren.

Passiert ist seither nichts. Man stehe im Gespräch, sagt der Kulturstaa­tssekretär Arne Braun, „wir haben das sehr offensiv auf dem Schirm“. Am Ende könnte es aber gut sein, dass Kunst und Kultur nach der Interimsze­it doch wieder den Kürzeren ziehen wird und man sich lieber keine großen Hoffnungen machen sollte, dass im Herzen Stuttgarts endlich ein offenes, lebendiges Haus für die Kultur entsteht, das vielleicht sogar die fehlende Kunsthalle ersetzt. Arne Braun erwähnt nur lapidar „Wünsche anderer Ministerie­n“. Da kann man fast sicher sein, dass diese Ministerie­n auch in Zukunft lieber nach den eigenen Interessen schauen werden statt der Kunst den Vortritt zu lassen.

Die Ausstellun­g „Florian Slotawa. Stuttgart sichten“ist bis 16. Juni im Kunstgebäu­de am Schlosspla­tz zu sehen. Öffnungsze­iten: Di.-So. 10-17 Uhr, Do. bis 20 Uhr. Weitere Infos unter:

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 ?? FOTOS: VG BILD-KUNST, BONN 2024 ?? Zwei Beispiele mit Arbeiten von Florian Slotawa im Kunstgebäu­de Stuttgart, die mit Skulpturen der Staatsgale­rie kombiniert wurden.
FOTOS: VG BILD-KUNST, BONN 2024 Zwei Beispiele mit Arbeiten von Florian Slotawa im Kunstgebäu­de Stuttgart, die mit Skulpturen der Staatsgale­rie kombiniert wurden.

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