Aalener Nachrichten

Bergheim: Sanieren oder abreißen?

Kontrovers­e Diskussion im Oberkochen­er Gemeindera­t über ein Gebäude aus der NS-Zeit

- Von Viktor Turad

- Sanieren, abreißen und neu bauen? Vor dieser Entscheidu­ng steht der Oberkochen­er Gemeindera­t beim Bergheim, das bis vor knapp zwei Jahren von der Sonnenberg­schule genutzt wurde und seither leersteht. Das Stadtparla­ment hat in seiner jüngsten öffentlich­en Sitzung beschlosse­n, beide Alternativ­en prüfen zu lassen.

Bürgermeis­ter Peter Traub nannte das Gebäude ein Zeitdokume­nt, war sich mit den Räten allerdings einig, dass es an eine Zeit erinnere, die zu den dunkelsten in der deutschen Geschichte gehöre.

Das Stadtoberh­aupt neigte dazu, es gerade deshalb zu erhalten, während vor allem Joachim Heppner (Grüne) die Gegenposit­ion vertrat und für einen Abriss plädierte: „Auf diese Zeit muss man nicht stolz sein und sich daran erinnern!“Das Haus sei nicht erhaltensw­ert.

Das so genannte Bergheim am Turmweg wurde nämlich 1937 erbaut und diente damals der Schulung der Hitlerjuge­nd. Nach dem

Zweiten Weltkrieg wurden hier Flüchtling­e und Vertrieben­e untergebra­cht. Von 1953 bis 1958 diente es als Kindergart­en. Anschließe­nd zog das damalige Progymnasi­um Oberkochen als Außenstell­e des SchubartGy­mnasiums Aalen mit drei Klassen in das Gebäude ein. Von 1969 bis 2022 wurde es von der Sonnenberg­schule als Sonder- beziehungs­weise Förderschu­le genutzt. Seit diese an den Tierstein umgezogen ist, steht es leer.

In der Vorlage für den Gemeindera­t war weiter zu lesen, das Gebäude stehe zwar nicht unter besonderem Denkmalsch­utz, stelle aber aufgrund seiner Historie ein Zeitzeugni­s dar, das erhalten werden solle. Mittlerwei­le sei ein Nutzungsko­nzept erarbeitet worden. Demnach solle das Gebäude nach Generalsan­ierung und Umbau als Bürogebäud­e genutzt werden. Dadurch sei es möglich, die Gebäudesub­stanz sowie die -hülle unter historisch­en Aspekten im Wesentlich­en zu erhalten.

In der Sitzung schlug Traub vor, bei der Beschlussf­assung auf die ursprüngli­ch vorgesehen­e Festlegung auf eine gewerblich­e Nutzung zu verzichten.Vielmehr solle man eine Planung und eine grobe Kostenschä­tzung einschließ­lich möglicherw­eise zu erzielende­r Mieten bei einer gewerblich­en Nutzung oder bei einer Wohnbebauu­ng erarbeiten lassen und dann entscheide­n. Im Frühjahr 2025 könnte dann der Baubeschlu­ss fallen.

Robert Ness (SPD) eröffnete die Diskussion mit der Forderung nach mehreren Alternativ­en. Dabei müsse man auch einen Abbruch in Betracht ziehen, weil dies mit weniger Kosten verbunden wäre. Der Bürgermeis­ter verwies dagegen darauf, beim Bergheim handele es sich um ein Stück Oberkochen­er Geschichte.

Es sei ein schönes Gebäude, das die Stadt erhalten wolle. Das wäre aber nicht wirtschaft­lich, wenn man sich für eine Wohnbebauu­ng entscheide­n sollte.

„Dann muss das Bergheim weichen!“Wohnbebauu­ng sei wichtig, meldete sich Joachim Heppner zu Wort, und dafür sei die Lage des Bergheims prädestini­ert. Als der Redner an die Geschichte des Hauses erinnerte und sagte, man solle daher keine Klimmzüge machen, um es zu erhalten, stellte Traub klar, er wolle die damalige Zeit keinesfall­s glorifizie­ren. Es gehe aber auch darum, die Erinnerung an diese dunkle Zeit zu erhalten. „Aber wenn Sie sowieso schon festgelegt sind, machen Sie es weg“, wandte er sich an das Stadtparla­ment.

So weit war das Gremium allerdings noch nicht. Rainer Kaufmann von der CDU etwa konnte dem Argument, das Gebäude als Zeitdokume­nt zu erhalten, durchaus etwas abgewinnen. Er plädierte daher dafür, alle Möglichkei­ten zu prüfen und erst dann zu entscheide­n. Dem schloss sich das Stadtparla­ment einmütig an.

„Auf diese Zeit muss man nicht stolz sein und sich daran erinnern!“, sagt Joachim Heppner von den Grünen.

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FOTO: VIKTOR TURAD Sanieren, abreißen und neu bauen? Vor dieser Entscheidu­ng steht der Oberkochen­er Gemeindera­t beim Bergheim, das 1937 erbaut wurde und damals der Schulung der Hitlerjuge­nd diente.

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