Aalener Nachrichten

Der Historiker Hans Pfeifer verstirbt mit 94 Jahren

Ellwangen trauert um den ehemaligen Leiter des Peutinger-Gymnasiums und Träger der Bürgermeda­ille in Gold

- Von Josef Schneider

- Der langjährig­e Schulleite­r des Peutinger-Gymnasiums, namhafte Ellwanger Historiker, Bundesverd­ienstkreuz­träger und Träger der Ellwanger Bürgermeda­ille in Gold, Hans Pfeifer, ist tot. Der Oberstudie­ndirektor a.D. verstarb nach langer schwerer Krankheit am Montag, 8. April, im Alter von 94 Jahren. Eine große Trauergeme­inde nahm beim Requiem am Freitagnac­hmittag in der Basilika Sankt Vitus Abschied von einer anerkannte­n und geschätzte­n Ellwanger Persönlich­keit. Die Beerdigung fand am Vormittag im engsten Kreis auf dem Friedhof bei Sankt Wolfgang statt.

Pfarrvikar Heiko Merkelbach ging auf das Leben des Verstorben­en ein und beschrieb ihn als einen wissensdur­stigen, zugewandte­n, rechtschaf­fenen, zielstrebi­gen, frommen Menschen, als einen beliebten und gerechten Lehrer, als einen Menschen mit einem Fanclub und als einen liebenswer­ten Zeitgenoss­en, der zuhören konnte und der mit den ihm geschenkte­n Talenten gewirtscha­ftet und sich eingebrach­t habe.

Hans Pfeifer wurde am 15. Juni 1929 in Ellenberg in eine Landwirtsf­amilie hinein geboren und besuchte als wissensdur­stiges Kind das Peutinger-Gymnasium (PG) in Ellwangen, wo er 1950 das Abitur ablegte. Anschließe­nd studierte er an der Universitä­t Tübingen Geschichte und Germanisti­k und promoviert­e in Geschichte. Im Januar 1959 kam Pfeifer, nach einem kurzen Zwischenau­fenthalt in Crailsheim, als Studienass­essor an seine ehemalige Schule zurück: Am Peutinger-Gymnasium unterricht­ete er Geschichte, Gemeinscha­ftskunde, Deutsch und Englisch, in den Anfangsjah­ren auch Erdkunde und Mathematik.

1963 wurde er zum Studienrat, 1966 zum Oberstudie­nrat und später zum Gymnasialp­rofessor ernannt. Mehrere Jahre engagierte er sich am PG auch als Vertrauens­lehrer, auch war er viele Jahre Personalra­tsvorsitze­nder. Pfeifer wirkte in mehreren wissenscha­ftlichen Kommission­en des Kultusmini­steriums mit, war an der Aufstellun­g neuer Lehrpläne beteiligt und schrieb zahlreiche Beiträge für Veröffentl­ichungen und Bücher des Ministeriu­ms. 1980 wurde Pfeifer als Nachfolger und

Wunschkand­idat von Oberstudie­ndirektor Theodor Schmid, der in den Ruhestand trat, Leiter des Peutinger-Gymnasiums. Seine Amtseinset­zung war am 11. September 1980. Pfeifer, von nobler Art, galt als bienenf leißig, umfassend gebildet und auf Ausgleich bedacht. Nach einem Herzinfark­t und wegen seiner angeschlag­enen Gesundheit trat Pfeifer im Dezember 1988 vorzeitig in den Ruhestand. Der damalige Oberbürger­meister Stefan Schultes überreicht­e ihm bei der Verabschie­dung das Bundesverd­ienstkreuz am Bande.

Pfeifer hat sich nicht nur als „Rex“der Schule einen Namen gemacht, sondern auch als fundierter Historiker und Erforscher der Ellwanger Geschichte. Schon seine Doktorarbe­it hatte die „Verfassung­sund Verwaltung­sgeschicht­e der Fürstprops­tei Ellwangen“zum Thema. Als Schriftlei­ter der Ellwanger Jahrbücher des Geschichts­und Altertumsv­ereins

von 1959 bis 2014 wirkte er über 55 Jahre hinweg tatkräftig mit, weitere Kapitel und Epochen der Ellwanger Geschichte zu beleuchten. So veröffentl­ichte er die Geschichte der Kapuziner in Ellwangen mit der Begründung der Marienpfle­ge, die Geschichte seines Geburtsort­es Ellenberg, verschiede­ne Chroniken für Gemeinden, zahlreiche Festschrif­ten zu Vereinsode­r Firmenjubi­läen und zur 775-Jahr-Feier der Basilika. Im Jahr 2000 erschien sein 224 Seiten starkes Buch „Ellwangen Kunst und Geschichte aus 1250 Jahren“.

Pfeifer amtierte von 1959 bis 2014 auch als stellvertr­etender Vorsitzend­er des Geschichts- und Altertumsv­ereins. Bis Oktober 2023 war er Mitglied im Ausschuss, bereits 1989 wurde er Ehrenmitgl­ied des Vereins, in den er 1956 eingetrete­n war.

Hans Pfeifer habe sich wie kein anderer in den letzten Jahrzehnte­n um die Ellwanger Geschichts­forschung

verdient gemacht, sagte Oberbürger­meister Michael Dambacher in seinem Nachruf mit Blick auf Pfeifers zahlreiche Publikatio­nen und seine Vorträge. Der Verstorben­e habe Geschichte mit Leben gefüllt und historisch­e Zusammenhä­nge zugänglich gemacht. Der OB schilderte Pfeifer als einen zurückhalt­enden, bescheiden­en, verlässlic­hen, verbindlic­hen und korrekten Menschen mit größter Selbstdisz­iplin und großer Herzensbil­dung, als eine herausrage­nde Persönlich­keit, der man immer höchsten Respekt gezollt habe. Pfeifers Wirken sei für die Stadt ein Gewinn und für alle Vorbild gewesen. Für seine Verdienste um die Geschichts­wissenscha­ft in Ellwangen und Umgebung und sein Engagement in der Stadt erhielt Hans Pfeifer am 17. August 2000 aus den Händen von Oberbürger­meister Hans-Helmut Dieterich die Bürgermeda­ille der Stadt Ellwangen in Gold.

Die Leiterin des PG, Stella Herden, würdigte Pfeifers Korrekthei­t, seine Gewissenha­ftigkeit und Freundlich­keit, seine Empathie, sein offenes Ohr und seinen Intellekt, der seinesglei­chen suche. Pfeifer sei ein menschlich­er, nahbarer Lehrer gewesen, der seinen Schülern auf Augenhöhe begegnet sei, eine sehr ausgleiche­nde, humorvolle Lehrerpers­önlichkeit und ein Glücksfall für die Schule. „Er hatte eine natürliche Autorität“, sagte Herden. Der Vorsitzend­e des Geschichts- und Altertumsv­ereins, Thomas Rathgeb, sagte, von Pfeifers Arbeit werde man noch sehr lange profitiere­n. Der Präsident des Rotary Clubs Ellwangen, Klaus Thomas Kumpe, nahm Abschied von einem Gründungsm­itglied, das den Club 1974 mit aufgebaut und ihn in den letzten 50 Jahren mitgestalt­et habe. Um Pfeifer trauern seine Frau Irene und Tochter Sigrid, die wie ihr Vater Historiker­in ist.

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FOTO: JOSEF SCHNEIDER Der langjährig­e Schulleite­r des Peutinger-Gymnasiums und namhafte Ellwanger Historiker, Hans Pfeifer (Mitte), ist verstorben.

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