STOA begeistert Besucher bei der Premiere
Für die Inszenierung von „Romulus der Große“gab es stehende, langanhaltende Beifallsstürme
(sus) - Am Samstag hat die Theaterwerkstatt der STOA die Premiere von „Romulus der Große“gefeiert. Für diese Inszenierung gab es stehende, langanhaltende Beifallsstürme.
Ausgerechnet das Huhn Odoaker legt die meisten Eier, benannt wurde es nach dem germanischen Fürsten. Solche Nachrichten beschäftigen den titelgebenden römischen Kaiser „Romulus der Große“in Friedrich Dürrenmatts nicht geschichtlicher Komödie, als die Barbaren zu ihm vordringen. Der für ihn einzig realisierbare Wahlspruch: „Für Hühnerzucht und Landwirtschaft“, zeugt von spätrömischer Dekadenz. Pavia ist unterdessen im Kampf gefallen und die Germanen rücken näher auf Rom zu.
Regisseurin Theresa Kempf gelang es, mit ihrer Inszenierung den Klassiker in die Zukunft zu holen. Odoaker, gespielt von Andrea Fachet, die sich selbst als Landesmutter bezeichnet und eben die Fürstin der Germanen ist. Tim Prüssing brilliert in seiner Rolle als Kaiser Romulus. Dürrenmatt legte ihn als leidenschaftlichen Hühnerzüchter an, der die Notwendigkeit des Römischen Staates bezweifelt und sich aus der Politik heraushält, seine Faulheit, stellt Kempf klug in Szene.
Über der Bühne hängt eine Schaukel, auf der Romulus die meiste Zeit verbringt. Abgeturnt vom Ringen seines Hofstaates, um den Erhalt des Reiches. Rom sei ein Weltreich geworden und damit eine Einrichtung die öffentlich, Mord, Plünderung und Unterdrückung auf Kosten der anderen Völker betreibe. Er sei Kaiser geworden,
um das Römische Reich zu liquidieren. „Entweder bist Du wahnsinnig geworden oder die Welt“, entgegnet ihm daraufhin seine Kaiserin Julia, glänzend gespielt von Lisa Jantzen. Er kontert: Er habe sich für das Letztere entschieden. Er sehe sich als Roms Richter. Blut ist dem Pazifisten unsympathisch. Rom habe die Menschlichkeit gekannt, jedoch habe es die Tyrannei gewählt. Und so stellt er die Frage in den Raum: „Haben wir noch das Recht mehr zu sein als Opfer?“Der Kaiserin passt das nicht. Sie will weder ihren Stand, noch ihre Privilegien aufgeben.
Die Premiere des Stücks ist eine skurrile Geschichtsstunde. Um eine realistische Aufarbeitung der Geschichte ging es Dürrenmatt jedoch nicht. Das Stück strotzt vor Sinnsprüchen und ist voller Ironie. Ein Stück voller Leben, auf die Bühne gebracht durch anspruchsvolle
Figuren. Die Musik und Klänge sind gut gewählt. Und dann ist da noch Spurius Titus Mamma (Marisa Brenner), die an diesem Abend in einer Doppelrolle glänzt. Der Reiterpräfekt will nach Tagen der Schlaflosigkeit, stark verwundet, zum Kaiser, um ihm die Nachricht vom herannahenden germanischen Unheil zu überbringen. Der Kriegsminister Mares (Michael Bischoff) will Rom hingegen aktiv retten und träumt von der „totalen Mobilmachung“.
Doch der Kaiser stellt klar, der Krieg sei ein Verbrechen, wenn man jetzt noch die totale Mobilmachung einführe, werde er ein Unsinn. Und während die anderen fieberhaft versuchen die Zivilisation zu retten, schläft der Kaiser seelenruhig oder sitzt auf seiner Schaukel und meint: „Wir sind Provinzler, denen eine Welt über den Kopf wächst, die sie nicht begreifen können.“
Doch seiner Gefolgschaft gelingt es weder den Kaiser umzustimmen noch die Flucht. Da habe man alles vorbereitet, um die Residenz nach Sizilien zu verlegen, man habe ein „Lieferkettennachhaltigkeitssorgfaltspf lichtengesetz“und Klimageld für die Hafenarbeiter geschaffen und nun drohe alles an einem fehlenden Schiff zu scheitern, beklagt der Innenminister Tullius Rotundus, gespielt von Robert Ziegler. Der Vorwurf aller: Der Kaiser habe wissentlich das Vaterland zu Grunde gerichtet, dass sie verteidigen wollen.
Das Bühnenbild ist eher einfach gehalten. Andrea Lingel verwandelte dabei den kaiserlichen Palast in einen Hühnerstall. Leere Eierkartons stapeln sich, überall Hühnerfedern und Eier, dass schränkt die Bewegungsfreiheit im Staat enorm ein. Wer Parallelen zu aktueller Politik vermutet, könnte gar nicht so falsch liegen. Existieren tatsächlich Bezüge von der Antike zur Gegenwart? Diese Frage wird sich so mancher Besucher nach diesem Abend stellen. Die Kostüme sind extravagant, aber angemessen römisch. Trotz der eingebauten Lacher bleiben die ernsten Passagen nicht aus. Andrea Fachet gelingt in ihrer Doppelrolle der Spagat zwischen Rea, der Tochter des Kaisers und der Fürstin der Germanen.
Das Theaterstück nimmt eine nicht zu vermutende Wendung. Die Inszenierung bleibt ein leichtes Sommertheater, ist aber dennoch atemberaubend und macht Freude. Lachsalven aus dem Publikum ertönen immer wieder und am Ende gibt es für so viel Spielfreude stehende Ovationen und Blumen für die Schauspieler.