So wird der Präsident gewählt
630 Bundestagsabgeordnete und 630 Vertreter der Länder bestimmen den Nachfolger von Joachim Gauck. Kommt Frank-Walter Steinmeier auf mehr als 1000 Stimmen?
Das Grundgesetz regelt die Sache kurz und bündig. „Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt“, heißt es in Artikel 54, Absatz 1 der Verfassung. Wählbar ist jeder Deutsche ab 40 Jahren, die Amtszeit dauert fünf Jahre, eine einmalige Wiederwahl ist zulässig. Absatz 3 bestimmt, dass die Bundesversammlung zur Hälfte aus den Mitgliedern des Deutschen Bundestages besteht – derzeit 630 – und zur anderen Hälfte aus ebenso vielen Vertretern der 16 Bundesländer entsprechend der Zusammensetzung der Landtage, macht zusammen 1260 Wahlfrauen und -männer.
Nachdem die beiden letzten Bundespräsidenten Horst Köhler und Christian Wulff (beide CDU) vorzeitig aus ihren Ämtern ausgeschieden sind, läuft in diesem Jahr wieder alles völlig regulär ab. Am 18. März endet die fünfjährige Amtszeit von Joachim Gauck. Da nach den Vorgaben des Grundgesetzes „spätestens dreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit“ein Nachfolger gewählt werden muss, hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) für diesen Sonntag, 12. Februar, die Bundesversammlung in das Berliner Reichstagsgebäude einberufen.
Zur Wahl stehen fünf Kandidaten: CDU, CSU und SPD haben den bisherigen Außenminister FrankWalter Steinmeier (SPD) nominiert. Die Linke schickt den parteilosen Armutsforscher und ausgewiesenen Hartz-IV-Kritiker Christoph But- terwegge, bis Juli vergangenen Jahres Professor für Politikwissenschaften an der Universität Köln, ins Rennen, die Freien Wähler nominierten den Kemptener Juristen Alexander Hold, der als „Fernsehrichter“einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Für die AfD tritt der frühere Frankfurter Stadtkämmerer Albrecht Glaser an. Und die Piraten nominierten am Donnerstag
Nicht nur die 630 Bundestagsabgeordneten sowie Parlamentarier aus den Landta gen wählen den Bundespräsidenten, sondern auch Prominente aus Wirt schaft, Sport, Kultur und Show Business. Die Parteien haben das Recht, ihre Vertreter für die 1260 Wahlleute zählende Bundesversamm lung selber zu bestimmen. Zu den bekanntesten Gesichtern gehören
der Trainer der Fußball Nationalelf, der von den Grünen in Ba den Württemberg nominiert wurde, sowie die Schauspielerinnen (SPD/Hessen) und
(CDU/Nordrhein Westfalen). Einem breiten Publikum bekannt sind auch die Sängerinnen (SPD/Brandenburg) und
von Silbermond (SPD/ Sachsen) sowie die Sänger
(SPD/Mecklenburg Vorpom mern) und (SPD/ Saarland). Aus der Comedy stammen (Grüne/NRW) und (CDU/NRW). Den Engelbert Sonneborn, den Vater von Martin Sonneborn, Ex-Chefredakteur des Satiremagazins Titanic sowie Europaabgeordneter der von ihm gegründeten „Partei“.
„Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung erhält“, heißt es in Artikel 54, Absatz 6 des Grundgesetzes. Das wären in diesem Jahr 631. Alles spricht dafür, Sport vertreten unter anderem Fecht Olympiasiegerin
(FDP/NRW), die vielfache Paralympics Siegerin im Biathlon und Langlauf, (SPD/ Bayern), die auch Behindertenbeauf tragte der Bundesregierung ist, und die Fußball Schiedsrichterin
(SPD/Niedersachsen). Weitere Prominente sind der frühere CSU Chef und Bundesfinanzminis ter (CSU/Bayern) und die Verlegerin (CDU/ Berlin). Die niedersächsischen Grünen haben die Travestiekünstlerin
nominiert und die Linke in Thü ringen die Tochter des ersten Opfers der rechtsextremistischen NSU.
Die Wahl ist ge heim, die Wahlfrauen und männer sind in ihrer Entscheidung frei. Für Auf sehen sorgte einst Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, die zwar von der CSU entsandt wurde, dann aber bekann te, für die SPD Kandidatin Gesine Schwan gestimmt zu haben. (fer) dass am Sonntag Frank-Walter Steinmeier bereits im ersten Wahlgang gewählt wird. CDU und CSU (539 Stimmen) und SPD (384) kommen zusammen auf 923 Stimmen – das sind 292 mehr als zur absoluten Mehrheit erforderlich. Zudem kann Steinmeier auch auf zahlreiche Stimmen aus den Reihen der Grünen (147 Wahlleute) sowie der FDP (36) hoffen. Somit könnte er bereits auf Anhieb mehr als 1000 Stimmen hinter sich vereinen. Die Linkspartei entsendet 95 Wahlfrauen und -männer in die Bundesversammlung, die AfD folgt mit 35 Vertretern, hinzu kommen noch elf Piraten sowie elf Freie Wähler aus Bayern und Brandenburg. Eine Stimme hat der Südschleswigsche Wählerverband, die Vertretung der dänischen Minderheit im Kieler Landtag. Und auch die Mitte Januar aus der CDU ausgetretene parteilose Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach gehört der Bundesversammlung an.
Die Wahl selber läuft völlig unspektakulär ab. Bundestagspräsident Norbert Lammert, der in dieser Funktion auch die Bundesversammlung leitet, wird ein kurzes Grußwort sprechen, danach verlesen die Schriftführer die Namen der 1260 Wahlfrauen und -männer in alphabetischer Reihenfolge, die nach ihrem Aufruf ihre Stimme abgeben. Es folgen die Auszählung und die Bekanntgabe des Ergebnisses. Der neu gewählte Bundespräsident wird die Versammlung mit einer kurzen Dankesrede beenden. Seine Amtszeit beginnt am 19. März.
Diese Prominenten dürfen abstimmen