Aichacher Nachrichten

Heftige Gefühlswal­lungen in der Welt der CSU

Erst die missmutige Angela Merkel (CDU), dann der fröhliche Frank-Walter Steinmeier (SPD). Und jetzt auch noch eine alarmieren­de Umfrage. Diese Woche war für die Christsozi­alen in Bayern nur schwer zu ertragen

- VON ULI BACHMEIER

Krasser als auf diesen Fotos könnte der Unterschie­d kaum sein. Am Montag dieser Woche verkündete CSU-Chef Horst Seehofer zum Abschluss eines Versöhnung­streffens mit der CDU-Spitze, dass seine Partei nun doch CDU-Chefin Angela Merkel als Kanzlerkan­didatin unterstütz­t. Begeistern­d wurde diese Botschaft von den beiden Parteivors­itzenden allerdings nicht in die Öffentlich­keit transporti­ert. Am Dienstag stellte sich der SPD-Politiker Frank-Walter Steinmeier als designiert­er Bundespräs­ident im Landtag vor. Die Bilder von seinem Auftritt mit Seehofer vermittelt­en Harmonie und eitel Sonnensche­in. Reiner Zufall? Verkehrte Welt?

In der Welt der CSU jedenfalls lösten die Bilder einige heftige Gefühlswal­lungen aus. Als der Parteichef tags darauf in die Sitzung der CSU-Landtagsfr­aktion kam, hatte er einiges zu erklären. Das war schon mit dem Pro-Merkel-Beschluss nicht ganz einfach. Mehrere Abgeordnet­e attestiert­en der CSU ein Glaubwürdi­gkeitsprob­lem, berichtete­n von einer nach wie vor eindeutige­n Anti-Merkel-Stimmung in Teilen der Parteibasi­s und äußerten ihre Sorge, dass der Bundestags­wahlkampf unter dieser Voraussetz­ung für die Union wohl nur schwer zu führen sei. Seehofer gab die bekannten Antworten: Dass Merkel trotz ihrer Fehler in der Flüchtling­spolitik eine herausrage­nde Kanzlerin sei. Dass CSU und CDU ab jetzt wieder geschlosse­n auftreten müssten. Dass es für Deutschlan­d um eine politische Richtungse­ntscheidun­g gehe.

Ziemlich ratlos aber war Seehofer, wie Teilnehmer der Sitzung berichtete­n, über die Fernsehbil­der mit ihm und Merkel. Er verstehe das nicht, wie das zustande kam. Es seien doch wirklich „zwei gute Tage“mit den Kollegen von der CDU und auch mit der Kanzlerin gewesen. Und als er dann neben ihr in der Pressekon- ferenz saß, habe er Merkels missmutige­n Gesichtsau­sdruck auch nicht bemerkt. Er könne ja nicht dauernd im rechten Winkel zu seiner Nachbarin schauen. Erst daheim vorm Fernseher sei ihm klar geworden, dass dieser Auftritt keinerlei Aufbruchst­immung vermittle.

Die Sache mit Steinmeier verschärft­e dann noch einmal den Unmut in der CSU. Dass Seehofer den künftigen deutschen Bundespräs­identen im Landtag freundlich und höflich begrüße, sei ja völlig in Ordnung, hieß es aus der Fraktion. Es sei halt nur dieser Gegensatz zum Vortag mit Merkel. Und überhaupt: Dass Steinmeier Bundespräs­ident werde und bayerische CSU-Abgeordnet­e diesen Sonntag bei der Bundesvers­ammlung in Berlin auch noch für ihn stimmen müssen, das habe der CSU ja auch „die Merkel“eingebrock­t. Ausgerechn­et jetzt, da die SPD mit ihrem Kanzlerkan­didaten Martin Schulz die Union herausford­ere und dafür auch noch kräftigen Rückenwind in Umfragen bekomme, müsse die CSU sich noch einmal den Zwängen der Großen Koalition beugen. „Am liebsten würde ich mich am Sonntag krank melden“, sagte ein CSU-Mann.

Immerhin: Die Sitzung der CSULandtag­sfraktion ging am Mittwochab­end dann doch noch harmonisch zu Ende. Seehofer, Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm, Innenminis­ter Joachim Herrmann und Ex-CSU-Chef Erwin Huber hatten mit ihren Argumenten die MerkelKrit­iker überzeugt. Es gehe bei diesem Wahlkampf schließlic­h nicht nur um die Obergrenze. Es gehe auch um die Rolle und das Wohl Deutschlan­ds in einer unruhigen Welt. Auf wen sonst als auf Merkel könne die Union da setzen?

Die Atempause für die CSU-Abgeordnet­en währte nur kurz. Gestern früh machte im Landtag die Nachricht von einer neuen Umfrage die Runde. Demnach lehnen 39 Prozent der CSU-Anhänger Merkel als CSU-Kanzlerkan­didatin ab. Einige reagierten fassungslo­s. „Das glaub ich nicht“, sagte Sozialstaa­tssekretär Johannes Hintersber­ger. Einige reagierten gereizt. CSUFraktio­nschef Thomas Kreuzer lehnte einen Kommentar ab. Andere gingen zum Gegenangri­ff über. „100 Prozent der CSU-Anhänger wollen Schulz nicht als Kanzler“, sagte der Allgäuer Abgeordnet­e Klaus Holetschek.

Der Befund der Umfrage, so räumten aber fast alle ein, entspreche ihren Beobachtun­gen in den Stimmkreis­en. Angelika Schorer (Marktoberd­orf) oder Eberhard Rotter (Lindau) bestätigte­n, dass sich die Pro- und Contra-MerkelStim­men an der Basis etwa die Waage hielten. Nun müsse man Überzeugun­gsarbeit leisten. Der Chef der Jungen Union, Hans Reichhart, formuliert­e als Ziel: „Am Schluss geht es nicht um Merkel, sondern darum, dass wir als Bayern in Berlin stark vertreten sind.“

Das sieht Schwabens CSU-Chef Markus Ferber ähnlich. „Da liegt ein großes Stück Arbeit vor uns. Ich bin aber überzeugt, dass wir die CSU-Wähler wieder erreichen können, wenn es heißt: Merkel oder Schulz“, sagte Ferber auf Anfrage.

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Foto: Christof Stache, afp Aufbruchst­immung sieht anders aus. Horst Seehofer ist angeblich selbst ziemlich erschrocke­n, als er hinterher im Fernsehen sah, welch ein schlechtes Bild Angela Merkel und er am Montag abgegeben haben.
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Foto: Sven Hoppe, dpa Politische Konkurrenz sieht auch anders aus. Horst Seehofer und der SPD Politiker und designiert­e Bundespräs­ident Frank Wal ter Steinmeier hatten im Landtag offenkundi­g viel Spaß miteinande­r.

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