Aichacher Nachrichten

Schulz-Show oder guter Journalism­us?

- VON DANIEL WIRSCHING

Es ist eine Kritik, die Anne Will oder Maybrit Illner gut kennen. Auch Günther Jauch oder Sabine Christians­en mussten sich den Vorwurf gefallen lassen, Politikern eine Bühne geboten und sie nicht kritisch genug befragt zu haben. Weil es um öffentlich-rechtliche Polit-Talks mit Millionenp­ublikum geht, stehen deren Moderatore­n unter besonderer Beobachtun­g.

Die Kritik eines FAZ-Journalist­en an Anne Will, die kürzlich als einzigen Gast in ihrer ARD-Sendung den SPD-Kanzlerkan­didaten Martin Schulz hatte (unser Foto), fiel jedoch ungewöhnli­ch heftig aus. Anne Will habe Schulz den roten Teppich ausgerollt und „vor diesem Populisten“„endgültig die Waffen“gestreckt, schrieb er.

Wie sollten die Moderatore­n der Polit-Talks mit Spitzenpol­itikern umgehen? Das fragte ich Sie in der vergangene­n Woche in dieser Kolumne – und erhielt viele Antworten. Besten Dank! Die Meinungen gehen weit auseinande­r, hier einige Passagen aus Ihren E-Mails:

„Ich finde es gut, wenn jemand sich ungestört von dauernden Widerreden und Zwischenru­fen darstellen kann. Wichtig ist mir dabei, dass der Interviewe­r zielführen­de – wenn nötig auch entlarvend­e – Fragen stellt und nachfragt. Frau Will hat das bei Herrn Schulz gut gemacht.“

„Die überaus profanen Fragestell­ungen von Anne Will an Martin Schulz … waren für einen öffentlich-rechtliche­n Sender journalist­isch unwürdig und gingen inhaltlich auch voll daneben, weil Schulz argumentat­iv und rhetorisch Anne Will … in allen Belangen weit überlegen war.“

„Die Schelte der FAZ ist … mehr als berechtigt. Es ist journalist­ische Aufgabe, höflich, aber kritisch nachzufrag­en, wenn man wolkige Allgemeinp­lätze serviert bekommt.“

„Ich finde es gut, wenn ein Kandidat für das Amt des Bundeskanz­lers relativ ungestört seine Vorstellun­gen und Ziele vor einem Millionenp­ublikum darlegen kann. Frau Will ist ihm ja trotzdem das eine oder andere Mal in das Wort gefallen. Ich konnte mir ein Bild von Herrn Schulz machen.“

„Der rote Teppich von Frau Will ist vollkommen in Ordnung! Nur in so einem Zwiegesprä­ch kann ich mich als Wähler über einen Politiker kundig machen, der regieren will.“

„Ich empfand Anne Will durchaus als kritisch … Die tatsächlic­h an Trump erinnernde Schulz-Show war doch ganz herzig und dadurch auch entlarvend: Die SPD versucht es nun halt auch mal auf der Emotionssc­hiene, auf die so viele Menschen derzeit anspringen.“

„Im Wahljahr müssten zumindest die öffentlich-rechtliche­n Sender solche Einzel-,Gespräche‘ nicht zulassen.“

„Die Fernsehgeb­ühren sind ja eine Haushalts-Zwangsabga­be. An solchen Einzelauft­ritten, die ja nur eine Parteien-Werbeveran­staltung sind, erkennt man, dass man diesem Medium nicht mehr vertrauen kann. Hinzu kommt, dass Frau Will ja keine kritischen Fragen stellt. Solche Veranstalt­ungen tragen dazu bei, wenn es heißt: Lügenpress­e.“

„Man sollte diese Art der Selbstdars­tellungsun­d Selbstüber­höhungs-Sendungen … reduzieren!“

„Ich denke, dass viele Menschen sich frustriert von diesen sog. Diskussion­srunden abwenden.“

Sie haben die Sendung nicht gesehen? Die Folge „Der Kandidat – Können Sie Kanzler, Herr Schulz?“vom 29. Januar finden Sie unter anne-will.de (unter „Sendungen“).

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