Plötzlich ein Bestseller
Seit 30 Jahren schreibt Franz Dobler Artikel, Geschichten und Romane. Zwei Krimis wurden jetzt zu Erfolgen
Herr Dobler, Sie sind Schriftsteller, sie sind aber auch ein anerkannter Musikexperte, haben viel darüber geschrieben, unter anderem eine Biografie über Johnny Cash. Machen Sie auch selbst Musik?
Dobler: Ich spiele kein Instrument, aber ich arbeite als DJ, und ich trete zusammen mit Musikern auf und trage meine Texte rhythmisch vor.
Sie haben ein großes Wissen über Musik, das kommt ja auch immer wieder in ihren Büchern durch.
Dobler: Das hat sich in über 30 Jahren durch die Beschäftigung damit angesammelt. Aber ich bin kein Musik-Nerd, mich interessiert nicht Insiderwissen, sondern ich höre einfach gerne Musik. Sie ist für mich die schönste Kunstform, weil sie direkt ins Gefühl geht und für alle verständlich ist.
Trotzdem machen Sie nicht Musik, sondern schreiben Bücher. Wie kommt das?
Dobler: Ich habe schon immer irrsinnig viel gelesen. Irgendwann war es soweit, dass ich wissen wollte, wie das Schreiben geht, und dass ich es nachmachen wollte. Mit 16 habe ich bei der Schülerzeitung mitgemacht, ernsthaft eigene Geschichten habe ich ab 20 geschrieben.
Oft schreiben Kritiker von dem speziellen Dobler-Sound. Hat Sprache für Sie auch etwas mit Musik zu tun?
Dobler: Erst mal eigentlich nicht, aber wenn man z.B. Gedichte liest, merkt man schon, dass es in die Nähe von Musik kommen kann, ob- wohl es immer noch einen Unterschied gibt zwischen Song und Gedicht. Aber Sprache hat einen besonderen Rhythmus und ich suche nach dem bestimmten, der zu mir passt.
Sie schreiben seit Jahrzehnten Romane, Erzählungen, Gedichte. Der große Erfolg kam jetzt mit den zwei Kriminalromanen „Ein Bulle im Zug“und „Schlag ins Gesicht“. Jetzt werden Sie als Krimiautor bezeichnet. Ärgert Sie das? Dobler: Ich mache nicht viel Anderes als ich bei den früheren Romanen gemacht habe. Der Motor waren auch da immer kriminelle Handlungen, selbst wenn es nicht um deren Aufklärung ging. Ich ordne mich in diesem Genre ein, aber ganz am Rand, während viele der Krimiautoren das Genre sehr eng sehen. Der Markt sucht nach Einordnung und die Leser haben bestimmte Erwartungshaltungen. Deshalb gibt es ja auch Leute, die finden, dass die beiden Bücher zu kompliziert sind für Krimis, dass die Handlung von Nebensträngen verdeckt ist, dass es zu viele Anspielungen auf Musik und Literatur gibt, was aber natürlich alles so sein soll. Bei „Der Bulle im Zug“war als erstes die Figur des Polizisten Fallner klar, der jemanden erschossen hat und deshalb Probleme bekommt. Damit war ich dann so weit in dem Fahrwasser Krimi, dass ich viel hätte tun müssen, um das zu vermeiden. Wie sind Sie auf diese Figur gekommen?
Dobler: Ich wollte schon lange eine Art Roadmovie schreiben, das aber im Zug spielt, weil ich selbst unheimlich gerne Zug fahre. Deshalb war ich auf der Suche nach einer Figur, die das nicht nur aus Spaß macht, sondern aus einer Notwendigkeit. Da meine Romane sich immer wieder um das Thema Gewalt drehen, war Fallner eine Figur, die schon lange darauf gewartet hat, dass sie bei mir zum Einsatz kommt. Und ich fand es für ihn vollkommen logisch, dass er, nachdem er jemanden erschossen hatte, die ganze Zeit Zug fahren will, weil ihm das guttut.
Was interessiert Sie an dem Thema Gewalt, dass Sie sich immer wieder damit beschäftigen?
Fürs Schreiben bin ich eher auf der Suche nach Konflikten, mit denen ich arbeiten kann, als nach dem Gegenteil. Sie sind zum Erzählen interessanter. Bei „Ein Bulle im Zug“ging es darum zu zeigen, was mit Leuten passiert, die zur Gewalt ausgebildet werden, zum Gebrauch mit einer Schusswaffe. Die sind in gewisser Weise brutalisiert durch ihren Job, weil es nicht anders geht.
Schreiben Sie nach einem Plan oder eher aus dem Bauch heraus?
Es ist eine Mischung. Ich muss einige wichtige Sachen wissen und recherchiert haben, bevor ich anfange. Aber ich brauche während des Schreibens Freiheit, damit sich etwas entwickeln kann. Es klingt immer wie ein Klischee, aber die Figuren machen tatsächlich mit mir, was sie wollen und bekommen ein Eigenleben. Dann merke ich, dass auf Seite 300 eine Verbindung mit Seite 25 ist. Daran habe ich gar nicht gedacht, aber plötzlich steht es da. Ein Jahr vorher schon zu wissen, was in Kapitel 27 passiert, wäre ein Plan, aber so arbeite ich nicht.
Sie schreiben seit vielen Jahren, der große Erfolg hat sich aber jetzt erst mit den beiden letzten Büchern eingestellt. Wie sind sie Sie damit umgegangen?
Es ging immer so hin und her und ich hatte ziemlich viel Glück, immer vom Schreiben leben zu können. Ich wollte nie berühmt werden, sondern einfach mit dem Schreiben so viel verdienen, dass ich davon leben kann. Ich war nie in der Situation, dass ich mich verkaufen musste. Aber es gab natürlich Durststrecken, die kennt jeder Künstler. In dem Jahr, bevor „Ein Bulle im Zug“erschien, habe ich als Spüler im Biergarten der Kulperhütte gearbeitet. Zwei-, dreimal gab es in all den Jahren mit anderen Leuten zusammen die Idee, wir überlegen uns jetzt irgendwelche Projekte, die uns Geld bringen – fast so, wie man einen Banküberfall plant. Kein einziges dieser Projekte hat geklappt und da habe ich gemerkt, dass man einen Bestseller nicht planen kann, man kann nur schreiben, wenn man überzeugt davon ist. Deshalb glaube ich auch, dass ein Schriftsteller wie Konsalik mit der gleichen Ernsthaftigkeit geschrieben hat wie ich.
Interview: Birgit Müller-Bardorff