Aichacher Nachrichten

Hauskäufer leiden unter Familienst­reit der Vorbesitze­r

Eine Familie erwirbt ein Haus, in dem noch der Sohn des alten Eigentümer­s lebt. Sie wollen ihm kündigen, doch so einfach ist das nicht

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Wenn die Familie zerrüttet ist, dann fällt es den Beteiligte­n oft schwer, weiter gemeinsam in einem Haus zu leben. Doch die Streitigke­iten können auch noch andere Auswirkung­en haben. Wer ein Haus einer zerstritte­nen Familie kauft, sollte genau hinschauen, wenn er wegen der Streitigke­iten in der Verkäuferf­amilie nicht auch Probleme bekommen möchte. In einem Fall in Augsburg ist genau das passiert.

Das Zweifamili­enhaus gehörte einem Mann, der dort mit seinem 50-jährigen Sohn wohnte. Zwischen den beiden gab es Streit. Weil der Sohn ein schweres Rückenleid­en hatte und schon seit seiner Geburt im Haus wohnte, einigten sich Vater und Sohn in einem Prozess im Jahr 2009 vor Gericht auf einen Vergleich. Der Sohn sollte weiterhin als Mieter auf unbestimmt­e Zeit im Erdgeschos­s wohnen bleiben dürfen, während der Vater den ersten Stock des Gebäudes für sich behielt.

Festgelegt wurde, dass keiner mehr Kontakt zum jeweils anderen aufnehmen sollte. Bei Streitigke­iten aus dem Mietverhäl­tnis sollten Vater und Sohn künftig nicht gleich zum Gericht gehen, sondern vorher ein außergeric­htliches Schlichtun­gsverfahre­n nutzen. 2015 änderten sich die Besitzverh­ältnisse. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern kaufte dem Vater das Haus ab und zog in dessen ehemalige Wohnung im ersten Stockwerk ein. Schon nach zwei Monaten kündigten sie dem Sohn. Dieser halte Kaninchen in seiner Wohnung, was zu einem unerträgli­chen Gestank im Treppenhau­s führe, gab die Familie an. Außerdem schlage er nachts die Türen so heftig zu, dass die Kinder davon aufwachen, hieß es in der Klage.

Nachdem der Sohn des Vorbesitze­rs nicht freiwillig auszog, erhoben die neuen Eigentümer Klage vor dem Amtsgerich­t. Der Mieter hielt dagegen, dass die Vermieter vorher noch ein Schlichtun­gsverfahre­n hätten durchführe­n müssen, wie es in dem Vergleich mit seinem Vater geregelt war. Als neue Eigentümer seien auch sie daran gebunden.

Das Amtsgerich­t sah dies anders. Die Formulieru­ngen des Vergleichs seien, so die Entscheidu­ng, auf das zerrüttete Vater-Sohn-Verhältnis zugeschnit­ten. Obwohl die neuen Eigentümer in das bestehende Mietverhäl­tnis eingetrete­n sind, gelte die Klausel über das in einem Streit vorher notwendige Schlichtun­gsverfahre­n nicht für sie. Der Sohn ging in die nächste Instanz: Mit der Berufung vor dem Landgerich­t hatte er Erfolg. Die Klage der neuen Hauseigent­ümer auf Wohnungsrä­umung wurde wegen der Schiedskla­usel abgewiesen. An den Vergleich seien die neuen Eigentümer nur dann nicht gebunden, wenn sich aus den Umständen etwas anderes entnehmen lasse oder das Gegenteil vereinbart worden sei, so das Urteil. (jöh)

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