Kletterpartie für Fahrgäste
Warum momentan wieder mehr alte Straßenbahnen mit hohem Einstieg unterwegs sind
Fahrgäste der Straßenbahn müssen momentan verstärkt wieder einer Gewohnheit nachkommen, die sie 2010 mit der flächendeckenden Einführung der Niederflur-Straßenbahnen fast ablegen konnten: das Erklimmen von Treppen beim Einsteigen, was besonders für Senioren und Mütter mit Kinderwagen schwierig ist. Grund: Aktuell müssen die bis zu 18 Jahre alten 41 Niederflur-Combino-Straßenbahnen turnusgemäß nach und nach zur technischen Hauptuntersuchung. Zudem seien einige Fahrzeuge unfallbedingt ausgefallen, so Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg.
Deshalb sind aktuell die sieben M-Wagen aus den 80er Jahren mit den Stufen verstärkt unterwegs. Anders als sonst sind sie auch morgens im Berufsverkehr im Einsatz. Auch im Schülerverkehr am Mittag sind mehr M-Wagen unterwegs. Auch wenn es sich um höchstens vier der mittags insgesamt 68 rollenden Züge handle, würden sie natürlich auffallen, so Fergg. „Bei der Planung achten wir aber darauf, dass nicht zwei M-Wagen hintereinander kommen.“So wolle man vermeiden, dass Fahrgäste, die auf barrierefreie Fahrzeuge angewiesen sind, länger als unbedingt nötig an der Haltestelle stehen. „Die M-Wagen genügen unseren Ansprüchen an Komfort und Barrierefreiheit eigentlich nicht mehr, aber wir sind froh, dass wir sie als Reserve haben“, sagt Fergg. Maximal ein Prozent der gefahrenen Straßenbahnkilometer werden mit M-Wagen gefahren. In anderen Städten sind Züge dieses Typs übrigens sogar noch im Regelbetrieb unterwegs. Wegen des Combino-Ausfalls werden aktuell auch die kurzen Niederflur-GT6-Züge, die sonst nur auf der Linie 6 fahren, auch auf anderen Linien eingesetzt.
Bis alle 41 Combinos bei der Hauptuntersuchung waren, wird es bis 2019 dauern. Die Straßenbahnen werden in Augsburg im Betriebshof auseinandergebaut und die Bestandteile mit dem Spezialtieflader an verschiedene Siemens-Standorte gebracht. Jeweils zwei Fahrzeuge sind gleichzeitig außer Betrieb, zeitweise werden aber auch bis zu sechs Straßenbahnen in der großen Wartung sein, die alle 16 Jahre ansteht, so Klaus Röder von den Stadtwerken. Die Bestandteile werden unter anderem auf Risse kontrolliert, bestimmte Baugruppen ausgewechselt. Auch Polster werden bei Bedarf ersetzt. Das Design bleibt innen aber dasselbe und wird nicht an die blauen Sitze der neuen Busse angeglichen.
Dass die inzwischen über 30 Jahre alten M-Wagen ausgemustert werden, ist nicht absehbar. Ob und in welchem Ausmaß die Stadtwerke neue Straßenbahnen kaufen, wenn die Linie 5 zum Klinikum fahren und die Linie 3 nach Königsbrunn verlängert sein wird, ist noch nicht klar. Nach einer Modernisierungsoffensive in den vergangenen Jahren setzte man mit Combino und CityFlex (insgesamt 68 Fahrzeuge) auf Großraumstraßenbahnen mit 40 Metern Länge und mehr als 200 Fahrgästen pro Zug.