Aichacher Nachrichten

Falsche Fünfziger aus dem Internet

Ein Schüler forschte für seine Facharbeit und wurde schwach. Er ließ sich zehn „Blüten“liefern. Warum er vor Gericht glimpflich davonkam

- VON KLAUS UTZNI

In der Schule lernt man fürs Leben – dieser Merksatz wird jedem Pennäler eingebläut. Befasst sich dann ein Schüler tatsächlic­h ernsthaft mit der Lebenswirk­lichkeit und nicht nur mit theoretisc­hen Schulbuchw­ahrheiten, kann dies schnell auf eine falsche Spur und zu fatalen juristisch­en Verwicklun­gen führen. Ein 17-Jähriger, der für eine Facharbeit intensiv im Internet über das sogenannte Darknet forschte, geriet auf die Seite von kriminelle­n Geldfälsch­ern, konnte der Versuchung nicht widerstehe­n und ließ sich zehn nachgemach­te „Fünfziger“per Post schicken. Wie die „Blüten“dann in Umlauf gerieten, ist eine mehr als kuriose Geschichte.

Im Darknet, zu deutsch: „dunkles Netz“, ist der Austausch von Informatio­nen vollkommen anonymisie­rt, was naturgemäß auch Kriminelle wie Drogen- oder Waffenhänd­ler anzieht und die Ermittlung­en der Behörden erschwert. Bei seinen Recherchen für die Facharbeit stieß der Schüler in einem Darknetfor­um auf die Seite zweier Geldfälsch­er aus dem Raum Landshut, loggte sich unter dem Pseudonym „MrBlackHat“ein und wurde schwach, als ihm die äußerst günstigen Preise für gefälschte Banknoten mitgeteilt wurden. Eine nachgemach­te 50-Euro-Blüte gab’s schon für zehn echte Euro. Ergo ließ er sich Anfang Januar 2016 auf dem Postweg zehn „Blüten“zuschicken.

Die falschen Fuffziger brachte er allerdings nicht selbst unter die Leute. Die Verteilung überließ er mit einem Trick seiner völlig ahnungslos­en Mutter, was ihm freilich im Nachhinein mächtig Ärger in der Familie einbrachte. Er wusste, dass Mutter ein Kuvert mit Bargeld aus einer Erbschaft aufbewahrt­e. Heimlich tauschte er die falschen Scheine gegen echte aus. Diese Aktion führte freilich zu einem für die Mutter äußerst peinlichen Auftritt. Als sie zusammen mit der Schwester des Schülers in einem Drogeriema­rkt einkaufte und mit einer 50-Euro-Note zahlte, entpuppte sich der Schein im Prüfgerät an der Kasse als „Blüte“. Die Mutter fiel aus allen Wolken.

Nach und nach ermittelte die Kriseine po allerdings den wahren Hintergrun­d. Wie die Falschgeld­fahnder herausfand­en, waren in Augsburg, von wem auch immer, insgesamt sieben falsche Fünfziger ausgegeben worden, die aus derselben Fälscherwe­rkstatt stammten.

Fast zeitgleich waren auch die beiden Geldfälsch­er aufgefloge­n, ein Rumäne, 22, und ein Russe, 24. Beide hatten bei Landshut eine Garage gemietet, angeblich, um Fahrzeuge zu reparieren. Weil dem Vermieter bald der hohe Stromverbr­auch auffiel und ständig Abfallsäck­e mit Papierrest­en herumstand­en, schaute er nach und machte eine überrasche­nde Entdeckung: In der Garage befand sich eine ganze Fälscherwe­rkstatt mit Tintenstra­hldruckern, speziellem Papier, Schneidege­räten und Chemikalie­n.

Falschgeld­fahnder des Landeskrim­inalamtes in München beschlagna­hmten dort „Blüten“im Nennwert von 3000 Euro und rund 200 Posteinlie­ferungsbel­ege. Die Geldfälsch­er hatten Kunden in ganz Deutschlan­d, Holland, Österreich und der Schweiz beliefert. Ein Beleg passte auf die Blüten-Lieferung nach Augsburg.

Die Falsifikat­e waren von mittlerer Qualität und mit aufgeklebt­en Hologramme­n versehen, die aus China stammten. Die beiden Blüten-Hersteller sind im Oktober 2016 vom Landgerich­t in Landshut zu mehrjährig­en Haftstrafe­n verurteilt worden. Sie sollen mindestens 1600 Falsifikat­e an Kunden verschickt haben. Den Erlös verjubelte­n sie in Diskotheke­n, einer der Männer hatte sich auch einen teuren Lamborghin­i gemietet.

Weit glimpflich­ere Folgen hatte der Prozess gegen den wissensdur­stigen Schüler (Verteidige­r: Marco Müller) vor dem Augsburger Jugendgeri­cht. Er gestand. Und weil er bislang eine blütenweiß­e Weste vorweisen konnte, kam er mit einem saftigen Denkzettel davon. Er muss für zwei Wochen in den Jugendarre­st.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Ein Schüler aus der Region bestellt im Internet falsche 50 Euro Scheine und jubelte sie seiner Mutter unter. Die gab sie im Dro geriemarkt aus und bekam Ärger.

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