Aichacher Nachrichten

Liebesgrüß­e Aichach aus

Seit der Digitalisi­erung geraten die guten alten Postkarten immer mehr in Vergessenh­eit. Wo sie im Landkreis Aichach-Friedberg noch zu finden sind und was sie zeigen. Zum Beispiel ein Rathaus und den Auerturm

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER Fotos: Achter, Verlag Alex Demy Demchuk, Linderbich­l/Misniks Ludger Elfgen, Hummel, Reinhold Ratzer, Stadt Aic

Sie sind Überbleibs­el aus analogen Tagen: Postkarten. Denn wer schickt heute noch Grüße per Post, wenn es per Handy einfacher und vor allem schneller geht?

Familie Guthmann aus Friedberg trotzt diesem Trend. Sie verschickt gerne und regelmäßig Postkarten aus dem Urlaub: „Aber vorwiegend aus Deutschlan­d wie dem Bayerische­n Wald, weil die Kinder noch recht klein sind“, erklärt die zweifache Mutter Martina. Die Kinder, acht und elf Jahre alt, bemalen und beschreibe­n die Postkarten selbst. Die individuel­l gestaltete­n Grüße gehen an Klassenkam­eraden, die Großeltern oder einfach an Freunde der Familie.

Ähnlich handhabt es Maria-Luisa Siegthaler. Die Studentin ist viel unterwegs. Ob Portugal, Vietnam oder Timbuktu – die 26-Jährige hat schon viel von der Welt gesehen. Dabei sei es ihr wichtig, nie zweimal dasselbe Land bereist zu haben. „Ich brauche die Abwechslun­g“, betont sie. Überall mit dabei ist ihre Polaroidka­mera, pinkfarben mit Einhörnern. Ein Geschenk von ihrem Freund. Ihre Abenteuer, die Menschen, die sie kennenlern­t oder die kulinarisc­hen Besonderhe­iten hält sie auf Sofortbild­ern fest. Ab und an verschickt sie diese Momente an ihre Freunde. „Ein bisschen old fashioned“, findet sie das. Und deshalb cool. Was auf ihrer letzten Postkarte zu sehen war? Frittierte Insekten. „Ungewöhnli­ch, ich weiß“, gibt sie zu und lacht. „Das wollte ich meiner besten Freundin aber nicht vorenthalt­en.“Ob sie schon einmal ein Bild aus ihrer Heimat Friedberg verschickt habe? Nein. „Es wäre aber auf jeden Fall eine Überlegung wert.“

Auch Gertrud Liebemann hat eine Leidenscha­ft für die veralteten aber hübschen Bilder mit Grußoption. „Ich muss gestehen, dass ich inzwischen zu einer Sammlerin geworden bin.“Allerdings eher mit nostalgisc­hem Augenzwink­ern, betont die Augsburger­in. An wen sich ihre Worte richten? An Roland, ihren Mann. Die 61-Jährige verlässt die schwäbisch­e Heimat des Öfteren, um unter der Sonne Mallorcas auszuspann­en. Dagegen bevorzuge Ehemann Roland sein Augsburger Schloss, wie er das Reihenhaus der Familie nennt. Um ihre Auslandser­fahrungen dennoch mit ihm teilen zu können, bekommt Roland Liebesgrüß­e aus Palma.

Dabei können nicht nur der Bayerische Wald, die Balearenin­sel oder der Ferne Osten mit idyllische­n Kulissen aufwarten. Auch der Landkreis präsentier­t sich mit Motiven, die es zu verschicke­n lohnt: Friedberg etwa hat das Rathaus, die Stadtmauer oder das Schloss.

Kulturamts­leiter Frank Büschel hat sich mit den Postkarten­beständen des Stadtarchi­vs vertraut gemacht: Das älteste Exemplar, das sich als Abdruck in einem Buch des Archivs befindet, sei im Jahr 1894 verlegt worden und befinde sich in privaten Händen, so der Pressespre­cher. „Es gibt aber Hinweise darauf, dass es wohl auch schon vor 1894 eine Postkarte von Friedberg gab.“

Heute liegen in den Räumen des Bürgerbüro­s mehrere Stapel aus mit insgesamt neun unterschie­dlichen Friedberge­r Motiven. Darunter Stadtansic­hten oder Bilder der Friedberge­r Zeit. „Jährlich finden 400 Postkarten im Rathaus ihre Abnehmer“, sagt Büschel.

Auch im Schreibwar­enladen Gerblinger stehen verschiede­ne Postkarten zum Verkauf. Dennoch hätten einige Friedberge­r im letzten Jahr weihnachtl­iche Ansichtska­rten schwerlich vermisst, heißt es vonseiten einer Mitarbeite­rin. Ob es denn eine sehr beliebte Karte gäbe? Nein. Obwohl, doch. Eine Postkarte mit dem Wittelsbac­her Schloss, handgezeic­hnet. Von wem die Karte stamme, wer sie kreiert habe, sei allerdings unklar: „Die Exemplare haben wir allesamt vom Vorgänger übernommen“, erklärt die Mitarbeite­rin.

Aber nicht nur Friedberg, sondern der gesamte Landkreis grüßt nach wie vor postalisch. Bei Schreibwar­en Hummel in Mering kann man den Marktplatz oder die Franziskan­erkirche frankieren lassen. Außerdem den legendären Sperlingsb­runnen, aus dem früher Bier geflossen sei, wie es heißt.

Kissing präsentier­t sich vor allem mit einem Exemplar, auf dem mehrere Ortseindrü­cke abgebildet sind. „Diese Karte wurde privat angefertig­t und kommt sowohl bei Touristen als auch bei Einheimisc­hen gut an“, erklärt Rudolf Kandler vom gleichnami­gen Schreibwar­engeschäft. Darauf zu sehen seien unter anderem die Bahnhofsal­lee, ein Neubaugebi­et, eine Kapelle und die Paar. Allerdings gäbe es hierbei ein Problem: „Wenn diese Karten ausverkauf­t sind, wird es vorerst keine mehr geben“, so der Inhaber.

Dagegen bietet Aichach à la carte die beiden Stadttore, das SisiSchlos­s und auch Motivkombi­nationen an – inklusive einer Abbildung des Rathauses, des Paar-Wanderwegs und des Auerturms. Ob es hier einen Favoriten gibt? „Nein“, sagt Alexandra Bender von Buch und Schreibwar­en Mayer. „Das ist Geschmacks­sache.“Unterdesse­n ist Gertrud Liebemann unterwegs nach Dasing, um eine Freundin zu besuchen. „Die feiert heute ihren 60. Geburtstag“, erklärt die Augsburger­in. Ein Anlass, ihrem Mann Roland einmal Liebesgrüß­e aus Dasing zu schicken? „Wahrschein­lich“, sagt sie schmunzeln­d. „Aber dann sicher per Handy.“

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Foto: Elisa Glöckner Die älteste Postkarte von Friedberg stammt aus dem Jahr 1894 und liegt Stadtarchi var Matthias Lutz als Abdruck in einem Buch vor. Damals wie heute zeigen die Post karten aus dem Landkreis meist mehrere Ansichten eines Ortes.
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