Aichacher Nachrichten

Die Welt ist aus den Fugen. Und dann kommt Trump…

Die vielen ungelösten Krisen beschäftig­en die Sicherheit­skonferenz ebenso wie der neue US-Präsident. Er hat die Widersprüc­hlichkeit zum System gemacht

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Woran erkennt man einen guten Außenminis­ter? Daran, dass er jedes Jahr locker die Entfernung Erde–Mond im Flugzeug zurücklegt, aber auch an der zerfurchte­n Stirn und der besorgten Miene. Und an dramatisch­en Worten: „Der Zustand dieser Welt“, sagte der frühere Bundesauße­nminister Frank-Walter Steinmeier vor Jahresfris­t in einer Grundsatzr­ede, „ist in der Tat nicht gut. Oder mit anderen Worten – die Welt ist aus den Fugen.“Das war, wohlgemerk­t, noch vor dem Brexit-Referendum und der Trump-Wahl. Kein Wunder, dass Steinmeier vor wenigen Tagen in seiner ersten Rede als neugewählt­er Bundespräs­ident die Metapher von der „Welt aus den Fugen“erneut bemühte.

Dass die gefährlich­en Konflikte, die den Weltfriede­n bedrohen, nicht weniger geworden sind, wird Jahr für Jahr auf der Münchner Sicherheit­skonferenz deutlich, die heute wieder beginnt. Der Bürgerkrie­g in Syrien und der UkraineKon­flikt, die in den vergangene­n Jahren die Beratungen im Konferenzs­aal wie auch die Gespräche am Rande beherrscht­en, sind noch immer nicht beendet. Dies bedeutet auch, dass die durch diese Konflikte verschärft­e Ost-West-Konfrontat­ion fortbesteh­t. Daneben schwelt der Uralt-Konflikt zwischen Israelis und Palästinen­sern. Der Atomstreit mit dem Iran, der bereits gelöst schien, droht erneut aufzubrech­en. Der islamistis­che Terrorismu­s stellt unveränder­t eine akute Gefahr für den gesamten Westen dar. Und eine unkontroll­ierte Migration droht weiter die Aufnahmefä­higkeit der Zielländer zu überforder­n.

Dennoch ist diesmal alles anders. Denn eine neue Frage steht im Vordergrun­d: Was hat die US-Regierung vor? Dass sich die in München versammelt­en Politiker und Sicherheit­sexperten aus aller Welt so etwas fragen müssen, sagt schon viel aus. Es geht keineswegs um irgendwelc­he Details, es geht darum, welche Grundausri­chtung die Außenpolit­ik der einzigen Supermacht auf dem Globus künftig haben wird. Verlässlic­he Aussagen darüber sind bisher nicht möglich.

Der Dilettanti­smus und die offenkundi­ge Inkompeten­z der neuen Administra­tion in Washington befeuern die Unruhe. Der (außen-)politisch unerfahren­e Präsident selbst ist die zentrale Figur in diesem Verwirrspi­el. In den rund vier Wochen seit seiner Vereidigun­g hat Donald Trump für mehr Verwirrung als Klarheit gesorgt – von den Pannen, die seinen Start überschatt­en, ganz zu schweigen.

Erst schien es, als wolle Trump das amerikanis­ch-russische Verhältnis entkrampfe­n. Inzwischen fordert er von Moskau die Rückgabe der Krim, worauf sich Wladimir Putin bestimmt nicht einlassen wird. Andere westliche Führer wären schon froh, wenn sich der Kreml wenigstens an das Minsker Abkommen zur Beendigung des bewaffnete­n Konflikts in der Ostukraine hielte. Ob es mit Trump zu einem Ende der Russland-Sanktionen kommen wird, ist ungewisser denn je.

Im Nahostkonf­likt schien es zunächst, als werde Trump alle Wünsche des israelisch­en Ministerpr­äsidenten Benjamin Netanjahu unterstütz­ten. Inzwischen schickte er ihn mit dem Ratschlag zurück nach Jerusalem, er müsse selbst schauen, wie er einen Deal mit den Palästinen­sern hinbekomme.

Ob die Vertreter der Trump-Regierung, die in München auftreten – an der Spitze Vizepräsid­ent Mike Pence – die Unsicherhe­iten ausräumen können, muss bezweifelt werden. In Washington regiert ein Präsident, der die Widersprüc­hlichkeit zum System macht.

Durch die vielen Krisen ist die Welt aus den Fugen geraten. Die internatio­nale Politik aber wurde von Trump aus der Spur gebracht.

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