Stürmische Zeiten im Haus von Donald Trump
Die Affäre um seinen entlassenen Sicherheitsberater Michael Flynn birgt mehr Zündstoff als gedacht. Der künftige Arbeitsminister kommt seinem Scheitern im Senat durch Rückzug bevor. Das weckt Erinnerungen an Watergate
Mit einer Twittersalve wollte Trump die Affäre um seinen entlassenen Sicherheitsberater Michael Flynn abschießen. Es ist ihm nicht gelungen. Im Gegenteil. Über dem Weißen Haus verdichten sich die Sturmwolken.
Was ist der Kern der Affäre? Am Anfang steht ein Telefonat zwischen Flynn und dem russischen Botschafter, das beide vor Trumps Amtsantritt im Dezember geführt haben. Es geht um die Sanktionen der scheidenden Obama-Regierung gegen Moskau. Flynn hat lange abgestritten, dass das ein Thema gewesen sei. Die Bundespolizei FBI hat andere Erkenntnisse und befragt ihn. Trump soll schon am 26. Januar erfahren haben, dass sein Sicherheitsberater falsche Angaben gemacht hat. Das Weiße Haus lässt Flynn fallen – aber nicht wegen des Telefonats und dessen Inhalts, sondern, vermutlich weil er gelogen hat. Im Kern geht es aber um den Umgang mit vertraulichen Informationen.
Vertrauliche Informationen – war da nicht was im Wahlkampf? Allerdings. Die Affäre ist auch vor dem Hintergrund der massiven Kampagne, die Trumps Team wegen des E-Mail-Skandals gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton fuhr, sehr bemerkenswert. Nicht zuletzt ist es Flynn gewesen, auf dem Parteitag der Republikaner „Sperrt-sie-ein“-Sprechchöre gegen Clinton angeführt hat.
Welche Sprengkraft hat der Vorgang? Große, auch wenn für Trump alles eine Verschwörung der Medien ist. Die Affäre ist überhaupt nicht auf Flynn begrenzt. Viele tiefere Zusammenhänge sind ungeklärt. Die US-Regierung ringt um Transparenz, Ehrlichkeit, Vertrauen und Kompetenz. US-Medien beschreiben den Vorgang bereits als größten Skandal seit der Iran-Contra-Affäre, als unter Ronald Reagan Gelder geheimer Waffenverkäufe an den Iran an Guerillas in Nicaragua weitergeleitet wurden. Trumps Krisenmanagement lässt viele bang fragen, in welchem Zustand die Regierung wohl auf eine außenpolitische Krise antworten würde.
Wieder geht es um Russland – welche Zusammenhänge gibt es? Das ist noch unklar. Der ganze Fall wirft aber erneut die Frage auf, warum Trump so ein großes Interesse daran hat, die Verbindungen nach Moskau zu verbessern. Schon früh sprach er bewundernd über Kremlchef Wladimir Putin. Er holte Menschen in sein Team, die diese Ansicht teilten, darunter Flynn. Nach Recherchen der New York Times sollen Mitglieder aus Trumps Stab vor der Wahl Kontakte zu hohen russischen Geheimdienstenvertretern unterhalten haben. Demnach erfuhren US-Geheimdienste etwa zur selben Zeit davon, als der Verdacht aufkam, Russland stehe hinter den Hackingangriffen auf Computer der Demokraten. Sie prüften, ob es eine Verbindung zwischen Kontakten und Cyberangriffen gibt, fanden aber bislang keine.
Woher kommt Trump? Von mehreren Seiten. Die Demokraten fordern Ermittlungen, normal für eine Partei in der Opposition. Aber auch von Republikanern droht Ungemach. Der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, will wahrscheinlich im Geheimdienstausschuss das Telefonat von Flynn untersuchen lassen. Senator Lindsey Graham erklärte, der Kongress müsse erfahren, ob Flynn bei dem Gespräch eigenständig oder auf Anweisung gehandelt hat. Auch abseits des Kongresses gibt es Mahner. Der Kommandeur der US-Spezialeinheiten, Tony Thomas, sieht die Regierung in „unglaublichen Turbulenzen“. Er sagte: „Ich hoffe, dass sie das bald geregelt bekommen, denn wir sind eine Nation, die sich im Krieg befindet.“Das waren sehr deutliche Worte, die für einen ranghohen Militärvertreter ungewöhnlich sind.
der Druck
auf Welche Rolle spielt Vizepräsident Mike Pence, und was wusste er wann? Pence hat nach eigenem Bekunden am Abend des 9. Februar aus der Washington Post von den Vorgängen erfahren. Das ist erstaunlich, weil Trump schon viel länger im Bilde war, er seinen Vize aber offensichtlich im Unklaren ließ. Wenn er aber so lange im Dunkeln tappt, lässt das auch Rückschlüsse auf den Grad der Vernetzung und die Machtposition des Vize zu. Pence war sehr viel mehr Mann des republikanischen Establishments als Trumps Wunschkandidat. Es wird spannend, ob Pence sich das gefallen lässt.
Wo warten weitere Probleme auf Trump? Am Mittwochabend erleidet er eine weitere schwere personelle Schlappe. Sein auch in den eigenen Reihen umstrittener Kandidat für das Arbeitsministerium, Andy Puzder, wirft vorzeitig das Handtuch. Washington Post und CNN haben zuvor berichtet, dass ihm mindestens zwölf Republikaner im Senat die Gefolgschaft verweigern wollten. Als Manager einer Burger-Kette hatte sich Puzder entschieden gegen Regulierungen und Mindestlohn ausgesprochen. Letztlich dürfte den 66-Jährigen zu Fall gebracht haben, dass er zugeben musste, eine Immigrantin ohne Einwanderungserlaubder nis als Haushälterin beschäftigt zu haben – angeblich zunächst aus Versehen. Der frühere Staatsanwalt Alexander Acosta, ein Latino, soll nun das Amt des Arbeitsministers übernehmen.
Schon jetzt fallen oft die Stichwörter Watergate und Nixon. Warum? Watergate steht für den größten Politskandal der USA, einer Amtsenthebung kam Präsident Richard Nixon 1974 durch Rücktritt zuvor. Trump selbst hatte im Wahlkampf gesagt, Clintons E-Mail-Affäre sei größer als Watergate – man darf gespannt sein, wozu sich „Flynngate“auswächst, und wo es eines Tages historisch einzusortieren sein wird. Trump selbst wird von manchen bereits mit Nixon verglichen. Auch wenn das verfrüht sein mag, werden Parallelen gezogen zwischen der Isoliertheit, Unbeliebtheit und großen Problemen beider Präsidenten.
Und was tut Trump? Bei einem turbulenten Auftritt im Weißen Haus hat er sich gestern vehement gegen den Verdacht geheimer Verbindungen nach Moskau gewehrt. „Ich habe nichts mit Russland zu tun“, beteuerte er während einer Pressekonferenz. Soweit er dies wisse, gelte dies auch für sein Team. Den Medien warf Trump vor, „Fake News“über die RusslandConnection zu verbreiten.(dpa, AZ)