Der Mann, der Opel kaufen will
Mit seinem Kurs hat Carlos Tavares den französischen Konzern PSA Peugeot Citroën wieder aufgebaut. Jetzt will der Portugiese sich den deutschen Konkurrenten einverleiben
Sein Auftreten wirkt bescheiden, sein Lächeln ist verbindlich. Doch mit der Zurückhaltung ist es schnell vorbei, sobald Carlos Tavares, 58, vom Geschäft spricht und von seinem Ehrgeiz, stets die eigenen Grenzen auszureizen, um voranzukommen – die eigenen Grenzen und die der anderen. Der Management-Stil des Chefs des französischen Autobauers PSA Peugeot Citroën ist von seiner großen Leidenschaft inspiriert, dem Autorennsport. „Lust an Leistung“wolle er seinen Mitarbeitern vermitteln, sagte der Amateurrennfahrer selbst. 2014 übernahm der gebürtige Portugiese, der im Alter von 17 Jahren nach Frankreich kam und dort sein Abitur machte, die Konzernleitung bei dem Traditionsunternehmen. Er setzte von Anfang an auf Teamwork – hierbei, so sagte er, gebe es eine „totale Analogie zwischen der Welt des Sports und der Welt der Unternehmen“.
Seine Karriere startete Tavares 1981 nach dem Besuch einer Pariser Ingenieurschule bei Renault, wo er 2011 zur Nummer zwei hinter Konzernchef Carlos Ghosn aufstieg. Doch zwischen beiden kam es zum Bruch, als Tavares 2013 in einem Interview unverblümt seinen Willen zu einem nächsten Karriereschritt „Es gibt einen Moment, wo Sie die Energie und den Appetit haben, Nummer eins zu werden. Meine Erfahrung könnte jedem Autobauer nutzen.“Wenige Monate später wechselte Tavares ausgerechnet zu Renaults großem Rivalen PSA – der allerdings zu diesem Zeitpunkt gerade an der Pleite vorbeigeschrammt war.
Verhindert wurde sie, weil der französische Staat einsprang und der chinesische Autokonzern Dongfeng als neuer Großaktionär hinzukam; beide halten 14 Prozent des Kapitals, ebenso wie die Familie Peugeot. Den Beinahe-Niedergang des Traditionsunternehmens erlebte Frankreich, wo PSA mehr als 100 000 Mitarbeiter beschäftigt, als nationales Drama. Medien nannten Tavares’ Vorgänger Philippe Varin den „meistgehassten Mann Frankreichs“, denn er beschloss Maßnahmen, die sein Nachfolger in der Folge umsetzen musste: tausende Stellenstreichungen, die Schließung eines Werks bei Paris, die Ausdünnung der Modell-Palette und einen strikten Sparkurs.
Doch dank dieser Rosskur scheint das Unternehmen nicht nur saniert. Es ist offenbar so gesund, dass es nun sogar die Übernahme von Opel und Vauxhall prüft. In der Frage um einen möglichen Opel-Kauf ist Tavares einem Unternehmenssprecher zufolge zu Gesprächen mit der Bunausdrückte: desregierung und den Gewerkschaften bereit. Berlin reagiert nun auch auf das Angebot: Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) soll die Gespräche mit der OpelMutter General Motors, den Gewerkschaften, dem französischen Bieter PSA Peugeot Citroën und dem französischen Staat koordinieren, wie am Donnerstag aus BundLänder-Kreisen bekannt wurde.
Tavares will die Rationalisierung des Konzerns vorantreiben. Diese betraf bei PSA alle Bereiche, von der Senkung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis zur Aufgabe des Konzernsitzes in bester Pariser Lage. Allerdings betraf sie nicht sein eigenes Gehalt, das sich Tavares 2016 so großzügig erhöhte, dass die Gewerkschaften und sogar der Staat als einer der Hauptaktionäre protestierten.
Die Dauer von Konferenzen wurde auf ein Minimum gekürzt, statt üppiger Geschäftsessen mit Rotwein gibt es unter dem asketisch lebenden Tavares leichte Kost und Mineralwasser, wie Mitarbeiter verraten. Das sei „ein Symbol und eine Revolution zugleich“. Strikt hält es der Sammler von Oldtimern und Vater von drei Kindern auch mit der Arbeitszeit und dem Schutz seines Privatlebens: Ab acht Uhr abends, sagt Tavares, sei er zu Hause – „und dann gibt es keine Mails mehr“. (mit dpa)