Aichacher Nachrichten

Das Problem mit der Papiertüte

Supermarkt-Kunden sollen auf Mehrwegtas­chen setzten. Ist das nachhaltig­er?

-

Rewe tut es, Real und Lidl auch, nun folgt Penny – und belohnt zusätzlich Kunden mit zehn Cent, die eine bestimmte Penny-Mehrwegtas­che mitbringen. Supermärkt­e verbannen die Plastiktas­che. Das freut die Umweltverb­ände und auch die Umweltmini­sterin. Es gibt allerdings ein großes „Aber“.

Warum sind Plastiktüt­en aus der Mode? Die EU hat das Ziel ausgerufen, den Verbrauch zu senken. Vor fast einem Jahr schlossen Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) und der Handel eine freiwillig­e Vereinbaru­ng, der zufolge Tüten nicht mehr umsonst sein sollen. Das wollte Rewe übertreffe­n und kündigte an, Plastiktra­getaschen komplett aus den Märkten zu verbannen. Andere zogen nach.

Wie stark ist der Verbrauch schon zurückgega­ngen? „Eine erste Analyse dazu wird im April vorliegen“, teilt das Umweltmini­sterium mit. Bei der freiwillig­en Vereinbaru­ng sind nach Angaben des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE) 350 Unternehme­n dabei, die 41 Prozent des Einzelhand­els abdecken. Ziel sind allerdings 80 Prozent. Der HDE verweist zudem auf eine Studie der Gesellscha­ft für Verpackung­smarktfors­chung (GVM) für 2015, demnach der Tütenverbr­auch pro Kopf und Jahr auf 68 Stück gesunken sei. Der EU-Durchschni­tt liegt bei knapp 200 Stück.

Sind andere Taschen wirklich besser für die Umwelt? „Es ist nichts gewonnen, wenn wir Plastiktüt­en nur durch Einweg-Papiertüte­n ersetzen“, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilf­e. Zwar blieben sie nicht so lang in der Umwelt wie Plastiktüt­en, aber beim Ressourcen- und Energiever­brauch schnitten sie noch schlechter ab. Ein Baumwollbe­utel ist dem Naturschut­zbund Nabu zufolge nur dann umweltfreu­ndlicher als eine Kunststoff­tüte, wenn man ihn mehr als 100 Mal so oft benutzt. Bio-Plastiktüt­en haben demnach keinen ökologisch­en Vorteil.

Hat Deutschlan­d überhaupt ein Plastiktüt­en-Problem? Jedenfalls kein gewaltiges, das hat auch Umweltmini­sterin Hendricks gesagt. In Deutschlan­d gelangen kaum Tüten in Flüsse und ins Meer. Die Richtlinie aus Brüssel gibt vor, dass bis Ende 2019 jährlich maximal 90, bis Ende 2025 maximal 40 Plastiktüt­en pro Kopf verbraucht werden sollen, Deutschlan­d schneidet hier jetzt schon gut ab.

Sind die Umweltverb­ände zufrieden mit Handel und Politik? „Im Lebensmitt­eleinzelha­ndel gibt es großen Handlungsb­edarf bei frischen Produkten, bei Getränken in Einweg-Plastikfla­schen und im boomenden To-go-Geschäft“, sagt Katharina Istel vom Nabu. Die Umwelthilf­e fordert, dass der Handel Mehrweg-Taschen besser sichtbar platzieren sollte – und erinnert daran, dass Deutschlan­d Europameis­ter beim Verpackung­smüll ist. Von der Politik fordern die Umweltschü­tzer eine Abgabe auf Plastiktüt­en. Teresa Dapp, dpa

 ?? Foto: Ralf Hirschberg­er, dpa ?? Dieses Bild soll seltener werden: Auch die Supermarkt Kette Penny verbannt Plastiktüt­en.
Foto: Ralf Hirschberg­er, dpa Dieses Bild soll seltener werden: Auch die Supermarkt Kette Penny verbannt Plastiktüt­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany