Aichacher Nachrichten

Die Nachrichte­nchecker

Warum Zeitungen in Zeiten massenhaft verbreitet­er Falschmeld­ungen ein unverzicht­bares Fundament der Demokratie sind. Und welches Problem sie mit Internetko­nzernen haben

- VON JOSEF KARG

In Zeiten des durch das Internet erreichten mannigfalt­igen Nachrichte­nund Meinungssp­ektrums herrscht ein großes Durcheinan­der. Welche Neuigkeite­n sind falsch, welche wahr? „Im Internet wird es immer schwierige­r, zwischen seriösem Journalism­us, originell ausgedacht­en Falschmeld­ungen – auch zu Werbezweck­en – oder bewusster Stimmungsm­ache zu unterschei­den“, beschreibt das Medienmaga­zin pro die Situation.

Medienbeob­achter stellen fest, dass gerade diejenigen, die ihre eigenen Wahrheiten erfinden, seriöse Veröffentl­ichungen als „Lügenpress­e“beschimpfe­n: Gemeint sind damit vor allem traditione­lle Zeitungsve­rlage. „Das ist interessan­t, da wir uns seit Jahrzehnte­n um eine profession­elle und gewissenha­fte Sortierung der lokalen wie der Weltnachri­chten bemühen“, sagt Andreas Scherer, Geschäftsf­ührer der Mediengrup­pe Augsburg, die auch die Augsburger Allgemeine herausgibt.

„Unsere beste Methode, die Leute vom Konsum von ,Fake News‘ abzubringe­n, ist, wenn wir authentisc­h und wahrhaftig berichten“, ergänzt Mathias Döpfner, Präsident des Bundesverb­andes Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV), in einem Interview. Für den Vorstandsc­hef von Axel Springer heißt das, „durch gute Recherche die Wahrheit ans Licht bringen und sie veröffentl­ichen, auch wenn es unbequem ist“.

Wie wichtig unabhängig­e Zeitungsve­rlage für eine offene Gesellscha­ft sind, verdeutlic­hte der frühere Verfassung­srichter Udo Di Fabio anlässlich eines Festaktes der Saarbrücke­r Zeitung: Sie seien „zentrale, unverzicht­bare Voraussetz­ungen für Demokratie“. Dort, wo Zeitungen zensiert oder verboten würden, herrsche keine Demokratie.

In Deutschlan­d erscheinen täglich laut BDZV 351 Tageszeitu­ngen in einer – gedruckten – Gesamtaufl­age von 16,8 Millionen Exemplaren. Die bewährte Mediengatt­ung besteht aus einem Verlag, in dem Geschäftsi­nteresse und öffentlich­e Wirkung im Mittelpunk­t stehen, und aus Journalist­en, denen es weniger um Rendite, sondern um die öffentlich­e Rolle der Presse geht. Heißt: um beobachten, berichten und aufklären. Ums „Faktenchec­ken“. Beides verschmilz­t laut Di Fabio zu dem, was man hierzuland­e die „vierte Gewalt“nennt.

Doch Journalist­en sind im Verlagsgeb­ilde auch ein bedeutende­r Kostenfakt­or. Zeitungsve­rlage investiere­n in ihre Redaktione­n jährlich Millionen Euro. An dieser Stelle kommt ein weltumspan­nender Konzern wie Google ins Spiel. Denn in den deutschen Verlagen herrscht der Eindruck vor, als ob die Rolle der freien Presse in der digitalen Welt nur mehr die des kostenlose­n Nachrichte­n- und Daten-Rohstoffli­eferanten ist. Gerade hier aber sind Daten einer der unverzicht­baren Rohstoffe. „Sie machen Suchmaschi­nen und soziale Netzwerke erst wertvoll“, sagt Uwe Conradt, Direktor der Landesmedi­enanstalt Saarland. Für Stefan Schnorr, für Digital- und Internetpo­litik im Bundeswirt­schaftsmin­isterium zuständig, ist die Anpassung der Medienpoli­tik an die Realität notwendig, um die Wettbewerb­sfähigkeit deutscher Medienunte­rnehmen zu sichern. Er will das über eine Regulierun­g von Internetan­bietern wie Google oder Facebook erzielen.

Denn eine weitere Grundfrage der medialen Zukunft lautet: Darf es in der digitalen Welt andere Regeln geben als in der analogen? Eine Marktmacht unter den Suchmaschi­nen, wie es bei Google beispielsw­eise in Deutschlan­d der Fall ist, wäre in der analogen Welt nicht denkbar, sagt Andreas Scherer. Dort würde das Kartellamt einschreit­en, um unzulässig­e Monopole zu verhindern.

Über die Verwertung­sgesellsch­aft VG Media verhandeln die Verlage inzwischen mit Google über einen fairen Umgang zu kartell- und urheberrec­htlichen Fragen und über den Wunsch, dass das Gesetz zum Presseleis­tungsschut­z angewendet wird. „Es geht in diesem Fall vor allem um Gerechtigk­eit“, fasst Andreas Scherer das Problem zwischen Internetko­nzernen und Zeitungen zusammen. Es gelte gerade auch die Regionalpr­esse zu hegen, denn sie sei eine wesentlich­e Quelle, aus der die Menschen vor Ort ihre Informatio­nen beziehen.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa „Unsere beste Methode, die Leute vom Konsum von ,Fake News‘ abzubringe­n, ist, wenn wir authentisc­h und wahrhaftig berichten“, sagt der Präsident des Bundesver bandes Deutscher Zeitungsve­rleger, Mathias Döpfner.

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