Wirbel um „Foto des Jahres“
Ein Bild sorgt für Diskussionen
Das „Weltpressefoto des Jahres 2017“zeigt das Attentat auf den russischen Botschafter in Ankara im Dezember 2016 bei der Eröffnung einer Kunstausstellung. Darauf streckt der Attentäter, ein türkischer Polizist, seinen Zeigefinger in die Höhe, neben ihm sein totes Opfer. Der Attentäter wurde später von Sicherheitsbeamten getötet. Er hatte mehrfach „Vergesst Syrien nicht“gerufen.
Jury-Mitglied Mary F. Calvert sprach von einer „sehr schwierigen Entscheidung“und würdigte das Bild des türkischen Fotografen Burhan Ozbilici als „explosives Bild, das den Hass in unserer Zeit ausdrückt“. Auch weitere Jury-Mitglieder sehen in ihm ein Symbolbild. Der Weltpressefoto-Preis gilt als weltweit wichtigste Auszeichnung für Fotografen. Er löste immer wieder Debatten aus.
Sollte man das aktuelle Gewinnerfoto abdrucken? Darüber wird dieser Tage diskutiert – und die Diskussion werde „von den Redaktionen öffentlich geführt, ohne Häme, sehr ernsthaft“, wie Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes, festgestellt hat. Für die einen ist die Wahl der Jury, der mehr als 80000 Einsendungen vorlagen, falsch. Ulrike Kaiser von der „Initiative Qualität im Journalismus“merkt in einem FacebookBeitrag an, dass man „Amokläufer und Terroristen nicht in solcher Siegerpose abbilden“sollte. „Das bestätige ihr Ego und rege mögliche Nachahmungstäter an.“
Andere argumentieren, das Foto sei ein Dokument der Zeitgeschichte, über das sich jeder Betrachter eine eigene Meinung bilden könne und solle. Unsere Zeitung hat es gedruckt – als Teil einer Auswahl weiterer preisgekrönter Fotos. Walter Roller, Chefredakteur unserer Zeitung, erklärt: „Wir prüfen in jedem Einzelfall, ob eine Veröffentlichung gerechtfertigt ist. In diesem Fall handelt es sich um ein Dokument der Zeitgeschichte. Wir haben zu berichten, was ist.“