Aichacher Nachrichten

Hässliches in der Idylle

Das Auto eines britischen Rentners verschande­lt angeblich Fotos von Touristen. Nun wurde es beschädigt. Und der Mann zur Berühmthei­t

- VON KATRIN PRIBYL

Ein quietsch-gelber Corsa bestimmte vor gut zwei Jahren einen Tag lang die Schlagzeil­en in Großbritan­nien. Nun tut er es wieder. Zum Leidwesen von Peter Maddox. Es ist eine Posse, über die man im Grunde nur den Kopf schütteln kann. Peter Maddox versteht die Welt nicht mehr.

Und das ist seine Geschichte: Das Auto gehörte damals wie heute dem mittlerwei­le 84-jährigen Briten. Er lebt in einem Dorf in den Cotswolds, einer Region, die auch als „Herz Englands“bezeichnet wird. Eine äußerst pittoreske Gegend. Besonders schön ist es in Bibury in der Grafschaft Gloucester­shire, das bereits von Schriftste­ller William Morris als „das schönste Dorf in England“bezeichnet wurde.

Dort befindet sich die berühmte Arlington Row, eine Reihe aus Weberhäuse­rn aus dem 14. Jahrhunder­t, die im 17. Jahrhunder­t umgebaut wurden. Die natürliche Reaktion eines jeden Vorbeikomm­enden ist stets die gleiche: Ein Seufzer, gefolgt von einem entzückten: „How lovely!“„Wie wunderschö­n!“In der Tat, hier sieht es aus wie in der Welt der Hobbits. Eine denkmalges­chützte Welt ist es noch dazu.

Und doch werden die steinernen Häuschen, die sich idyllisch aneinander­schmiegen, bewohnt. Touristen fotografie­ren sie zigfach pro Tag. Rentner Peter Maddox lebt in einem der Häuschen, zum Einkaufen oder für Erledigung­en nutzt er sein gelbes Auto.

Und das bescherte ihm 2015 zweifelhaf­ten Ruhm. Denn Touristen hatten sich beschwert, dass sein „hässliches“Auto die klassische englische Szenerie zerstöre. Auf Twitter gab es wüste Beschimpfu­ngen. Der Blick auf die außergewöh­nliche Schönheit der Landschaft und, schlimmer noch, die geschossen­en Fotos würden durch das grelle Gelb verschande­lt, hieß es. Medien berichtete­n darüber. Und Peter Maddox verteidigt­e sich mit dem Argument, er habe eben keinen anderen Ort, sein Auto abzustelle­n.

Die Aufregung legte sich irgendwann wieder. Maddox parkte weiterhin vor seinem Haus. Sein Auto wurde so zum Farbtupfer auf ungezählte­n Urlaubsfot­os. Ende der Geschichte? Keineswegs. Die Diskus- sion ist abermals hochgekoch­t. Ein Vandale schrieb kürzlich „Move“, „Verzieh dich“, auf die Motorhaube des Corsa, zerkratzte den Lack und schlug das Fenster der Fahrerseit­e sowie die Rückscheib­e ein.

Nachbarn und andere Dorfbewohn­er, die stets zu Peter Maddox gehalten haben, zeigten sich Medien gegenüber „schockiert“und „erschrocke­n“. Ihr friedliche­r Ort werde von „sinnloser Zerstörung­swut“heimgesuch­t. Einer nannte das Verbrechen „abscheulic­h“. Ein anderer meinte: „Peter hat niemandem geschadet.“

Den Schaden hat der Rentner gleichwohl. Auf 6000 Pfund, umgerechne­t etwa 7000 Euro, belaufen sich die Reparaturk­osten – angesichts des aktuellen Wertes des Autos bedeutet das einen Totalschad­en. Peter Maddox überlegt sich, nun ein neues Auto zu kaufen. Schließlic­h müsse er ja mobil bleiben. Deshalb erwäge er, so sagte es der 84-Jährige Journalist­en, seinen gelben Flitzer durch ein neues Auto zu ersetzen: Er favorisier­e gerade die Farbe Neongrün. Im Moment hat er übrigens einen völlig unauffälli­gen Ersatzwage­n.

 ?? Foto: Hosek/Pribyl ?? Hinten rechts ist das Haus von Peter Maddox. Davor steht normalerwe­ise sein gelber Corsa. Der gilt manch einem allerdings nicht als Farbtupfer, sondern als Schandflec­k. Maddox jedenfalls fährt gerade einen unauffälli­gen Ersatzwage­n.
Foto: Hosek/Pribyl Hinten rechts ist das Haus von Peter Maddox. Davor steht normalerwe­ise sein gelber Corsa. Der gilt manch einem allerdings nicht als Farbtupfer, sondern als Schandflec­k. Maddox jedenfalls fährt gerade einen unauffälli­gen Ersatzwage­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany