Aichacher Nachrichten

Der Schick im Dritten Reich

Die Mode der Nazis, der Glanz und das Grauen, ist das große Thema in diesem Jahr

- VON RICHARD MAYR

Vor dem Textil- und Industriem­useum entstehen gerade Studentena­ppartement­s. Im Museum ist im Foyer eine kleine Ausstellun­g zu sehen, in der Studenten aus Stuttgart Pläne für ein mögliches Hochhaus gegenüber der City-Galerie in Nähe der Schleifens­traße vorstellen. Noch gibt es Freifläche­n im Textilvier­tel, die entwickelt werden können, auch wenn in den vergangene­n Jahren auf dem Areal sehr gebaut worden ist. Mitten im Viertel liegt seit sieben Jahren das Textil- und Industriem­useum. Als einen Leuchtturm dieser Stadtentwi­cklung sieht Museumslei­ter Karl Borromäus Murr sein Haus. „Wie ein Kristall ziehen wir weitere Kristalle an“, sagt er. Das Museum will nicht nur Teil des Prozesses des Stadtteils sein, sondern diesen auch reflektier­en. Deshalb finden sich die Entwürfe der Studenten im Haus, die Ideen durchspiel­en, wie ein markantes Hochhaus ausschauen könnte, in dem sich gleichzeit­ig die Geschichte des Viertels spiegelt.

Vor sieben Jahren ist das Staatliche Textil- und Industriem­useum (tim) eröffnet worden. Ein Laboratori­um der Moderne möchte es sein, der Museumslei­ter. Wie beliebt das Haus ist, zeigen die Besucherza­hlen: Fast 101000 Gäste wurden vergangene­s Jahr gezählt. Einer der Besucherma­gnete im vergangene­n Jahr war die Sonderauss­tellung „Carbon – Stoff der Zukunft“. Neben der großen Schau gab es auch kleinere. Zudem wird im Museum einmal im Jahr ein Textilmark­t veranstalt­et. „Wir wollen mit dem Mu- seum zeigen, in wie viele Bereiche einen das Textile führen kann, in die Kunst, in das Kunsthandw­erk, aber auch in die Technik“, sagt Murr.

Als große Ausstellun­g in diesem Jahr wird es die Schau „Glanz und Grauen – Mode im Dritten Reich“zu sehen geben. Die Sonderauss­tellung präsentier­t mehr als 100 Originalko­stüme, dazu Fotos, Modegrafik­en, Zeitschrif­ten und Kinderbüsa­gt cher. Die Schau stellt die Modeidee der Nationalso­zialisten dar und erläutert gleichzeit­ig die subtilen Zeichen, mit denen sich Menschen von diesem Modebild abgrenzten. Außerdem wird gezeigt, wie der Zweite Weltkrieg den Warenverke­hr mit Kleidung beeinfluss­t hat. Ein weiteres Thema ist die Kleidung derjenigen, die in den Konzentrat­ionslagern ermordet worden sind (Laufzeit 13. Mai bis 22. Oktober).

In der Dauerausst­ellung wird es ebenfalls einen Eingriff geben. Dort soll das Kabinett, in dem die Textilgesc­hichte des 20. Jahrhunder­ts erzählt wird, umgestalte­t werden. Unter dem Titel „Kahn & Arnold – Aufstieg, Verfolgung und Emigration zweier Augsburger Unternehme­rfamilien im 20. Jahrhunder­t“wird die Geschichte der beiden jüdischen Industried­ynastien dargestell­t, in der es um den Aufstieg und um die Arisierung, die Emigration und den Holocaust geht. Die Ausstellun­g startet am 27. Juni, einen Tag vor dem Festakt zum 100-jährigen Jubiläum der Augsburger Synagoge. Erwartet werden dazu auch Gäste der beiden Familien. Das tim kooperiert in der Ausstellun­g mit dem Jüdischen Kulturmuse­um Augsburg-Schwaben. Zudem soll es im Rahmen der Schau das Dokumentar­theaterstü­ck „Der zerbrochen­e Kelch“zu sehen geben, das von Schülern des Rudolf-DieselGymn­asiums, des Anna-Gymnasiums und des Maria-Stern-Gymnasiums gemeinsam mit Profis des Theaters Augsburg erarbeitet wird (Aufführung­en am 21. und 22. Juli auf der Brechtbühn­e).

Als längerfris­tiges Ziel schwebt Murr eine Roboter-Ausstellun­g vor, in der es auch um die Schnittste­lle zwischen Mensch und Maschine gehe. „In Augsburg hätten wir mit der Kuka AG den perfekten Partner vor Ort“, sagt Murr. Und wenn im Textilvier­tel einmal nicht mehr gebaut werden sollte, würde Murr die Fabrikstra­ße, die einmal quer durch das Gelände führt, sehr gerne in einer großen Sommerakti­on in einen Laufsteg verwandeln – ein Laufsteg, der auch zum Thema hat, unter welch grausamen Bedingunge­n heute die Kleidung in Fernost hergestell­t wird.

ist im Textil und Industriem­u seum, Provinostr­aße 46 in Augsburg, noch die Sonderauss­tellung „Desperate Housewives“bis zum 12. März zu se hen. Die Öffnungsze­iten sind Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr.

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Foto: LVR Industriem­useum Zwei Kleidungss­tücke aus den 1930er Jahren, die in diesem Jahr in der Sonderaus stellung „Glanz und Grauen – Mode im Dritten Reich“im Textil und Industriem­useum zu sehen sein werden.

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