Der Schick im Dritten Reich
Die Mode der Nazis, der Glanz und das Grauen, ist das große Thema in diesem Jahr
Vor dem Textil- und Industriemuseum entstehen gerade Studentenappartements. Im Museum ist im Foyer eine kleine Ausstellung zu sehen, in der Studenten aus Stuttgart Pläne für ein mögliches Hochhaus gegenüber der City-Galerie in Nähe der Schleifenstraße vorstellen. Noch gibt es Freiflächen im Textilviertel, die entwickelt werden können, auch wenn in den vergangenen Jahren auf dem Areal sehr gebaut worden ist. Mitten im Viertel liegt seit sieben Jahren das Textil- und Industriemuseum. Als einen Leuchtturm dieser Stadtentwicklung sieht Museumsleiter Karl Borromäus Murr sein Haus. „Wie ein Kristall ziehen wir weitere Kristalle an“, sagt er. Das Museum will nicht nur Teil des Prozesses des Stadtteils sein, sondern diesen auch reflektieren. Deshalb finden sich die Entwürfe der Studenten im Haus, die Ideen durchspielen, wie ein markantes Hochhaus ausschauen könnte, in dem sich gleichzeitig die Geschichte des Viertels spiegelt.
Vor sieben Jahren ist das Staatliche Textil- und Industriemuseum (tim) eröffnet worden. Ein Laboratorium der Moderne möchte es sein, der Museumsleiter. Wie beliebt das Haus ist, zeigen die Besucherzahlen: Fast 101000 Gäste wurden vergangenes Jahr gezählt. Einer der Besuchermagnete im vergangenen Jahr war die Sonderausstellung „Carbon – Stoff der Zukunft“. Neben der großen Schau gab es auch kleinere. Zudem wird im Museum einmal im Jahr ein Textilmarkt veranstaltet. „Wir wollen mit dem Mu- seum zeigen, in wie viele Bereiche einen das Textile führen kann, in die Kunst, in das Kunsthandwerk, aber auch in die Technik“, sagt Murr.
Als große Ausstellung in diesem Jahr wird es die Schau „Glanz und Grauen – Mode im Dritten Reich“zu sehen geben. Die Sonderausstellung präsentiert mehr als 100 Originalkostüme, dazu Fotos, Modegrafiken, Zeitschriften und Kinderbüsagt cher. Die Schau stellt die Modeidee der Nationalsozialisten dar und erläutert gleichzeitig die subtilen Zeichen, mit denen sich Menschen von diesem Modebild abgrenzten. Außerdem wird gezeigt, wie der Zweite Weltkrieg den Warenverkehr mit Kleidung beeinflusst hat. Ein weiteres Thema ist die Kleidung derjenigen, die in den Konzentrationslagern ermordet worden sind (Laufzeit 13. Mai bis 22. Oktober).
In der Dauerausstellung wird es ebenfalls einen Eingriff geben. Dort soll das Kabinett, in dem die Textilgeschichte des 20. Jahrhunderts erzählt wird, umgestaltet werden. Unter dem Titel „Kahn & Arnold – Aufstieg, Verfolgung und Emigration zweier Augsburger Unternehmerfamilien im 20. Jahrhundert“wird die Geschichte der beiden jüdischen Industriedynastien dargestellt, in der es um den Aufstieg und um die Arisierung, die Emigration und den Holocaust geht. Die Ausstellung startet am 27. Juni, einen Tag vor dem Festakt zum 100-jährigen Jubiläum der Augsburger Synagoge. Erwartet werden dazu auch Gäste der beiden Familien. Das tim kooperiert in der Ausstellung mit dem Jüdischen Kulturmuseum Augsburg-Schwaben. Zudem soll es im Rahmen der Schau das Dokumentartheaterstück „Der zerbrochene Kelch“zu sehen geben, das von Schülern des Rudolf-DieselGymnasiums, des Anna-Gymnasiums und des Maria-Stern-Gymnasiums gemeinsam mit Profis des Theaters Augsburg erarbeitet wird (Aufführungen am 21. und 22. Juli auf der Brechtbühne).
Als längerfristiges Ziel schwebt Murr eine Roboter-Ausstellung vor, in der es auch um die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine gehe. „In Augsburg hätten wir mit der Kuka AG den perfekten Partner vor Ort“, sagt Murr. Und wenn im Textilviertel einmal nicht mehr gebaut werden sollte, würde Murr die Fabrikstraße, die einmal quer durch das Gelände führt, sehr gerne in einer großen Sommeraktion in einen Laufsteg verwandeln – ein Laufsteg, der auch zum Thema hat, unter welch grausamen Bedingungen heute die Kleidung in Fernost hergestellt wird.
ist im Textil und Industriemu seum, Provinostraße 46 in Augsburg, noch die Sonderausstellung „Desperate Housewives“bis zum 12. März zu se hen. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr.