Ein kurzes Innehalten im Konfettiregen
Der Augsburger Dominik Scherer hat mit seiner Band „Osca“bei der Eröffnung der Berlinale gespielt. Warum er während des Konzerts an seinen Mentor gedacht hat und warum sich das Multitalent nicht auf ein Projekt versteifen will
Mit Stillstand hat es Dominik Scherer nicht so. Seine Leidenschaft für Musik umgibt ihn den ganzen Tag und treibt ihn vorwärts. In seinem Studio in Leitershofen produziert er Songs, unterrichtet Kinder in seiner Musikschule und macht selbst Musik. Sein „Baby“unter den vielen Projekten hat ihm einen besonderen Karrieremoment eingebracht: Mit seiner Band „Osca“spielte Scherer bei der Eröffnung der Berlinale.
„Genieße den Moment, wenn Du etwas Großes erlebst“– den Ratschlag seines Mentors Dirk Erchinger hat sich Dominik Scherer an dem Abend beherzigt. „Als ich während des Konzerts von meinen Drums aufgeschaut habe, ging gerade Mario Adorf über den roten Teppich. Dieser Moment wird mir lange bleiben“, sagt Scherer. Die dreiköpfige Band spielte in einem Glaskasten über dem Defilee der Stars. Auf der selben Bühne auf der am nächsten Tag die Weltstars von „Mando Diao“standen.
Viel Zeit zum Schwelgen blieb Scherer nicht: Denn die Auftritte von „Osca“sind weniger Konzert, sondern als Show ein Gesamtkunstwerk. Konfetti und Glitter fliegt über die Bühne, die mit japanischen Papierblumen und Lampions geschmückt ist, die Band ist viel in Bewegung. Bei einem Lied klettert Sängerin Yuka Otsuki auf die Schultern von Dominik Scherer, und sie singen zweistöckig zweistimmig. Die Show haben sie mit einem Theatercoach von der Deutschen Oper erarbeitet. „Wir wollen die Zuschauer in unsere eigene Welt, Osca-Land, entführen. Das hat auf der Berlinale super geklappt, weil das Publikum sehr aufmerksam war“, sagt Scherer. „Hyperpop“nennt die Band ihre Musik, beeinflusst durch Jazz, den Chansons der Berliner 20er Jahre und Spielarten der Popmusik.
Diese Vielseitigkeit spiegelt sich in Scherers musikalischem Werdegang wieder. Als Sohn der Königsbrunner Musiker-Familie Scherer hatte er jede Menge Gelegenheit, sich auszuprobieren: „Wir hatten fast jedes Instrument zu Hause. Bei mir ist es mit Schlagzeug ausgerechnet eines geworden, das wir nicht hatten“, sagt Scherer. In Berlin hat er Schlagzeug und Trompete studiert, dort traf er seine Bandkollegen Yuka Otsuki und Matthias Erhard. Klavier, Gitarre, Bass und Gesang hat er im Repertoire. „Das haben unsere Eltern gut hingekriegt, ich hatte trotz der vielen Arbeit immer Lust auf Musik.“Diese Lust geht ihm auch jetzt nicht aus – weder auf den stundenlangen Zugfahrten zu den Bandkollegen nach Berlin, noch bei den eigenen Trainingsstunden und bei sieben Tagen Arbeit pro Woche.
Auftritte wie der bei der Berlinale geben neuen Treibstoff, sich weiterzuentwickeln. Sich auf ein Projekt zu konzentrieren, kam für Scherer nie infrage. In seiner Musikschule, die er mit Bruder Valentin betreibt, unterrichtet er drei Tage pro Woche, nebenbei produziert er Alben für andere Künstler wie Sarah Straub, steht im Augsburger Theater beim Stück „If Dogs run free“auf der Bühne und spielt pro Jahr 80 bis 100 Konzerte mit „Osca“.
Alles unter einen Hut zu bringen, erfordert viel Organisationstalent, doch das ist es ihm wert: „Das alles bringt Inspiration, eines befruchtet das andere. Als Musiker kann man keinen festgefahrenen Alltag haben, sondern muss immer am Puls der Zeit bleiben“, sagt er. So funktioniert auch die Band: Alle haben eine klassische Ausbildung, kommen aber aus anderen Spielarten des Pops, einer inspiriert den anderen.
Abschottung kommt nur infrage, wenn es sich am Ende lohnt. Das aktuelle Album von „Osca“ist in einer spanischen Einöde entstanden, wo sich die Band zwei Wochen lang von der Welt löste, um den Kopf für die Musik frei zu haben. „Wir haben Mittel aus der Kulturförderung bekommen und dafür verwendet. Nach zwei Wochen war das Album fertig“, sagt Scherer. Gearbeitet wurde im vollen Bühnenoutfit, um Osca-Land nahe zu sein. Das funktioniert nur mit voller Intensität.