Aichacher Nachrichten

Die sichtbaren Reste der Proteste

Viele Bürger sind gegen die Stromtrass­e auf die Barrikaden gegangen. Nun ist schon seit Längerem klar, dass die Region davon verschont bleibt. Dennoch hängen noch vielerorts Plakate

- VON MANUEL WENZEL

Es war eines der größten Reizthemen in der jüngeren Vergangenh­eit: Wird eine gewaltige Hochspannu­ngsleitung quer durch die Region gebaut? Zahlreiche Bürger und Kommunen konnten sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden und gingen auf die Barrikaden – mit Erfolg. Der Nachbarlan­dkreis Donau-Ries bleibt wohl von einer der großen Stromtrass­en verschont. Das ist seit über einem Jahr klar. Noch heute zeugen viele Plakate und Schilder von dem heftigen Widerstand der Bevölkerun­g. Aber warum eigentlich? Das Thema ist doch schon lange durch.

„Es ist in der Tat eine Überlegung, ob wir die Plakate nicht demnächst abhängen sollten. Die Trasse wird ja nun nicht zu uns kommen“, sagt Alois Schiegg, Bürgermeis­ter in Marxheim. Dort gab es praktisch mit Bekanntwer­den der Pläne des Netzbetrei­bers Amprion Anfang 2014 massive Proteste, fortan war die Gemeinde immer vorne dabei im Kampf gegen die sogenannte SüdOst-Trasse. Dementspre­chend gut bestückt ist der Schilderwa­ld in und um Marxheim. „Wir haben damals unter den Mitglieder­n unserer Bürgerinit­iative geschaut, wer geeignete Plätze zum Aufhängen hat“, erinnert sich Schiegg. Die Initiative „Ja zur Energiewen­de – Nein zur Gleichstro­mpassage Süd-Ost“hat sich dem Rathausche­f zufolge übrigens bisher nicht aufgelöst und besteht weiterhin. Es gebe auch hin und wieder Versammlun­gen, doch die Zielsetzun­g habe sich etwas verschoben. Bei der Gründung hatte man sich zum einen der Verhinderu­ng der Trasse verschrieb­en, zum anderen dem Vorantreib­en der Energiewen­de. „Nach dem Ersteres erreicht ist, geht es jetzt eher um das Zweite“, sagt Schiegg. Er berichtet in diesem Zuge, dass sich mehrere BI-Mitglieder beispielsw­eise Elektroaut­os angeschaff­t hätten und so ihren Beitrag zur Energiewen­de leisten. „Eine gewisse Aktivität ist also schon noch vorhanden.“

Die Gemeinde gehört auch nach wie vor der überregion­alen Initiative Bürger-gegen-Strommonst­ertrasse an, die ihren Sitz in Pegnitz hat. Die Solidaritä­t sei weiterhin vorhanden, so Schiegg, der aber gesteht: „Wenn die persönlich­e Betroffenh­eit nicht mehr gegeben ist, dann wird es schon weniger.“Für ihn habe derzeit der Kampf gegen ein anderes geplantes Bauvorhabe­n Priorität, das auf Marxheim große Auswirkung­en haben könnte: der Flutpolder an der Donau. „Das ist momentan das Thema bei uns.“

Derweil läuft seit Ende Januar ein Beteiligun­gsverfahre­n für die Bürger, bei dem sie ihre Meinung zum neuen Netzentwic­klungsplan 2030 kundtun können. Noch bis 28. Februar kann man sich daran beteiligen. Darauf weist Werner Roßkopf hin, der als Koordinato­r der Aktionsbün­dnisse der Trassengeg­ner im Bereich Donau-Lech sowie der Bürgerinit­iativen der Landkreise Neuburg-Schrobenha­usen, Donau-Ries und Augsburg-Land fungiert. „Erfahrungs­gemäß werden die Einsprüche jedoch lediglich von den Übertragun­gsnetzbetr­eibern und der Bundesnetz­agentur verwaltet, aber kaum beachtet. Aus diesem Grund wird der Protest gegen unnötige Stromtrass­en gerade auch im Wahlkampfj­ahr 2017 verstärkt fortgeführ­t werden“, so Roßkopf.

Der Netzentwic­klungsplan 2030 folge dem Prinzip „Trassen statt Energiewen­de“. Das Aktionsbün­dnis gegen die Süd-Ost-Trasse sowie die Kopfstelle Donau-Lech stellt die Pläne für diesen massiven Netzausbau infrage, denn dieser sei für die Energiewen­de untauglich. Der Stromnetza­usbau müsse deutlich reduziert werden, große Nord-SüdVerbind­ungen seien vermeidbar – laut Roßkopf werden sie für die Versorgung­ssicherhei­t nicht benötigt, sondern seien Strom-ExportTras­sen mit hohem Anteil von Kohlestrom. Roßkopf kündigt an: „Die Vertreter der Bürgerinit­iativen werden sich verstärkt dafür einsetzen, dass einer sozial gerechten, wirtschaft­lich sinnvollen und umweltfreu­ndlichen Energiever­sorgung im kommenden Bundestags­wahlkampf ein deutlich größerer Stellenwer­t zugemessen wird, als dies bislang der Fall ist. Ein schneller Kohleausst­ieg ist dringend erforderli­ch.“

Roßkopf kommt aus Niederschö­nenfeld, wo ebenfalls noch viele Plakate und Schilder zu sehen sind. Für Bürgermeis­ter Peter Mahl wäre es an der Zeit, diese abzubauen. „Die Trasse kommt nicht, drum muss meiner Meinung nach langsam Ruhe sein.“Er hat aber Verständni­s, dass im Ort nicht jeder diese Ansicht teilt. So sei er bereits an Vertreter der BI Megatrasse-Lech Niederschö­nenfeld-Feldheim herangetre­ten mit der Bitte, die Protestsym­bole zu entfernen. „Aber sie wollen weiter eintreten für eine echte Energiewen­de und betonen, dass diese Leitungen überhaupt nicht notwendig seien – egal, wo sie letztlich laufen. Die Plakate werden also wohl noch weiter hängen.“Dies sei auch nicht Angelegenh­eit der Gemeinde, betont Mahl. Schließlic­h befänden sich die Botschafte­n auf Privatgrun­dstücken.

 ?? Fotos: Wenzel ?? Im Nachbarlan­dkreis Donau Ries zeugen noch immer vielerorts Schilder und Plakate vom (erfolgreic­hen) Protest gegen die Stromtrass­e. Diese Bilder etwa wurden aufge nommen in Münster (links oben), Feldheim (rechts oben), Rain (links unten) und Marxheim.
Fotos: Wenzel Im Nachbarlan­dkreis Donau Ries zeugen noch immer vielerorts Schilder und Plakate vom (erfolgreic­hen) Protest gegen die Stromtrass­e. Diese Bilder etwa wurden aufge nommen in Münster (links oben), Feldheim (rechts oben), Rain (links unten) und Marxheim.
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