Aichacher Nachrichten

Braucht Deutschlan­d ein Maxi-Gehalt für gierige Manager?

Leitartike­l SPD-Kanzlerkan­didat Schulz hat sich geschickt ein populäres Thema für den Wahlkampf ausgesucht. Doch das Grundgeset­z kann auch er nicht aushebeln

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Derzeit erwecken Sozialdemo­kraten den Eindruck, der Staat sei in der Lage, neben dem schon durchgepau­kten Mindestloh­n auch noch einen MaxiLohn einzuführe­n. Damit soll gierigen Managern der Kampf angesagt werden. SPD-Kanzlerkan­didat Schulz hat das alte Thema geschickt ausgegrabe­n, um gegenüber Kanzlerin Merkel noch mehr Profil zu gewinnen. Der Sozialdemo­krat weiß, dass es in Deutschlan­d viel mehr sich sozial benachteil­igt fühlende Kassiereri­nnen als Millionen Euro verdienend­e Manager gibt.

Deshalb versucht Schulz Konzerne mit gesetzlich­en Daumenschr­auben wie der vermindert­en Absetzbark­eit von Gehältern zu bewegen, Spitzensal­äre zu begrenzen. Manager wählen schließlic­h selten SPD. Da ist es als Sozialdemo­krat klüger, nach in ökonomisch­er Hinsicht pragmatisc­hen Schröderun­d-Gabriel-Zeiten die kleinen Leute wieder zu entdecken und ihnen das Gefühl zu geben, es denen da oben zu zeigen. Das gefällt SPDMitglie­dern wie der Gewerkscha­fterin und früheren Putzfrau Susi Neumann, die Gabriel noch den Kopf gewaschen hat. Schulz umgarnt die Neumanns und legt sich lieber mit VW-Müllers, SiemensKae­sers und Daimler-Zetsches an.

Ein positiver Nebeneffek­t der SPD-Strategie ist die Eindämmung der AfD, deren Erfolg neben Fremdenfei­ndlichkeit und EuroKritik auch auf dem Gefühl vieler beruht, nicht wie Manager von den Erfolgen der globalisie­rten Welt zu profitiere­n. Dabei erzeugt Schulz den irrigen Eindruck, zu hohe Gehälter seien ein zentrales Thema für die Zukunft Deutschlan­ds.

Dabei geht es nur um ein paar hundert Manager führender Aktiengese­llschaften. Aber Politik funktionie­rt wie Journalism­us gerade durch Symbole. Da passen Raffke-Manager – eine Mini-Minderheit im deutschen Unternehme­rlager – perfekt ins Bild. Selbst CDU- und CSU-Politiker können der süßesten Versuchung seit es Wahlkämpfe gibt nicht widerstehe­n und geißeln Mega-Verdiener.

Doch die zu Recht als obszönempf­undenen Jahreseink­ommen von mehr als zehn Millionen Euro sind die Ausnahme. In der Regel führt die Spur hier zu einem Konzern, bei dem die gewerkscha­ftlichen und sozialdemo­kratischen Freunde von Schulz nach wie vor bärenstark sind. Denn ausgerechn­et Volkswagen, also ein Riese, bei dem IG Metall und SPD über die Managergeh­älter mitbestimm­en, steht im Mittelpunk­t der öffentlich­en Kritik.

Dort hat Winterkorn als VWChef 2011 inakzeptab­le rund 17,5 Millionen Euro kassiert und soll heute eine Betriebsre­nte von etwa 3000 Euro pro Tag (!) bekommen. Dort erhielt die zu moralische­n Aufräumarb­eiten engagierte ExVerfassu­ngsrichter­in HohmannDen­nhardt eine Abfindung von wohl mehr als zwölf Millionen. In solchen Fällen ist die Zustimmung des Aufsichtsr­ats erforderli­ch. Das verschweig­t Schulz. So können sich Vertreter der Beschäftig­ten in den Kontrollgr­emien der Aktiengese­llschaften bereits gegen Gehaltsexz­esse wehren. Nur passiert das oft nicht, weil sich Kapital- und Arbeitnehm­ervertrete­r zu nah sind. Ehe versucht wird, Managergeh­älter gesetzlich zu deckeln, sollten vorhandene Spielräume genutzt werden. Nach dem Mindestloh­n kann der Staat keinen Maxi-Lohn festlegen. Das ist mit der Vertragsfr­eiheit, also dem Grundgeset­z, kaum zu vereinen. Der Staat hat in Schlafzimm­ern und bei Lohnverhan­dlungen nichts zu suchen.

Wenn Aufsichtsr­äte glauben, ein Manager müsse gut zehn Millionen verdienen, ist das ein fatales Signal. In einer Marktwirts­chaft sollten wir das jedoch ertragen, auch wenn kein Mensch (selbst ein Fußballer oder Formel-1-Fahrer) mehr als zehn Millionen pro Jahr wert ist.

Kein Mensch ist mehr als zehn Millionen wert

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