Aichacher Nachrichten

Passen Peugeot und Opel zusammen?

Faktenchec­k Ein Vergleich der Unternehme­n zeigt: Es wird nicht einfach, aus zwei Klein- und Mittelklas­sewagen-Hersteller­n ein funktionie­rendes Unternehme­n zu machen. Am Ende könnten Arbeitsplä­tze in deutschen Werken wegfallen

- VON JOSEF KARG

Augsburg Der Peugeot-Mutterkonz­ern PSA hat gute Karten, General Motors die europäisch­e Tochter Opel abzukaufen. Die Gespräche über die Allianz sind weit gediehen. Bei Opel selbst wusste man lange von nichts, selbst Firmenchef KarlThomas Neumann wurde offenbar erst spät informiert. Seit einer Woche wirbelt die geplante Übernahme in der Autowelt jede Menge Staub auf. Die französisc­he Zeitung Le Monde schreibt: „PSA will bis zu drei Milliarden Euro zahlen.“Manche Experten bezweifeln jedoch, ob der Deal wirklich Sinn macht. Wir haben den Faktenchec­k gemacht:

Absatz/Mitarbeite­r

Opel/Vauxhall Die jüngste Bilanz zeigt: Der Autobauer konnte im vergangene­n Jahr die Zahl der verkauften Fahrzeuge steigern. In Europa setzte Opel nach vorläufige­n Daten rund 1,16 Millionen Einheiten ab. Das sind vier Prozent mehr als im Vorjahr. Im Jahr 2016 fuhren die Rüsselshei­mer zusammen mit der britischen Schwesterm­arke Vauxhall trotzdem wieder einen Verlust von 239 Millionen Euro ein. Immerhin: Es ist das beste Resultat seit vielen Jahren. Gut 38 000 Menschen sind bei der europäisch­en GM-Tochter beschäftig­t. PSA Der vom Staat gestützte französisc­he Autobauer PSA Peugeot Citroën hat im vergangene­n Jahr weltweit über 3,15 Millionen Fahrzeuge abgesetzt, ein Plus von 5,8 Prozent. Im vergangene­n Jahr verbuchte der Autobauer einen Gewinnzuwa­chs. Mit 1,73 Milliarden Euro verdoppelt­e sich der unter dem Strich verbleiben­de Gewinn nahezu. Der Umsatz schrumpfte um 1,2 Prozent auf 54 Milliarden Euro.

Der Konzern beschäftig­te 184 000 Mitarbeite­r. Bei PSA mit den Marken „Peugeot“, „Citroën“und „DS“gab es einen harten Sanierungs­kurs mit Werkschlie­ßungen und einem Jobabbau. Der Staat schoss Geld zu und hielt zuletzt rund 14 Prozent der PSA-Anteile.

Fazit Aus zwei nicht wirklich erfolgreic­hen Konzernen einen starken zu basteln, wird schwierig – insbesonde­re, wenn man die Opel-Jobs wie angekündig­t nicht abbauen will.

Die Märkte

Opel/Vauxhall Die Hersteller verkaufen insbesonde­re im mitteleuro­päischen Raum und Großbritan­nien (Vauxhall) gut.

PSA Der Autobauer ist neben Frankreich besonders in südeuropäi­schen Ländern ordentlich vertreten. Peugeot und Citroën sind in China aktiv. Doch die verkauften Stückzahle­n wirken überschaub­ar. Seit 1992 bauen Dongfeng und PSA in Wuhan gemeinsam Autos.

Fazit In Europa würden sich Opel und Peugeot/Citroën gut ergänzen. Die Überschnei­dungen sind gering. Für die Märkte außerhalb Europas bringt eine Allianz wenig. Opel wurde von GM bewusst auf Europa beschränkt. Auf anderen wichtigen Wachstumsm­ärkten sind beide Autobauer nicht vertreten. Experten glauben, dass eine Überkreuzb­eteiligung von GM und PSA Sinn macht. PSA könnte GM so den Dauerverlu­stbringer Opel abnehmen, dafür würden die Amerikaner das Tor zum großen US-Markt öffnen.

Die Standorte/Werke

Opel/Vauxhall Die GM-Tochter kämpft seit Jahren mit Überkapazi­täten in den zum Teil mit GM genutzten zehn Werken in Europa (in Deutschlan­d: Rüsselshei­m, Eisenach, Kaiserslau­tern). Opel kommt nur auf 65 Prozent Auslastung der Fabriken, der Branchensc­hnitt liegt bei 70 Prozent.

PSA Von Mülhausen bis Buenos Aires wird ebenfalls in insgesamt zehn Werken gefertigt. Allein durch die Schließung des Standorts Aulnay-sous-Bois, nördlich von Paris, sind vor zwei Jahren rund 3600 Jobs weggefalle­n. Dadurch sanken aber auch die Überkapazi­täten.

Fazit Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r geht davon aus, dass bei einer Übernahme die Opel-Produktion in den PSA-Autobau eingeglied­ert wird. Die vorhandene­n Kapazitäte­n seien zu groß, sodass trotz gegenteili­ger Beteuerung langfristi­g mit Entlassung­en in Opel-Werken wie Rüsselshei­m, Eisenach oder Kaiserslau­tern gerechnet werden muss. Betroffen wären Einkauf, Vertrieb, Marketing sowie Teile des Entwicklun­gszentrums. Die beiden Vauxhall-Werke in England sind wegen des Brexits eher sicherer. Denn so hätte PSA Fertigungs­stätten vor Ort, wodurch auch künftig keine Zölle anfallen.

Modelle

Opel/Vauxhall Die Marken verfügen vor allem über Klein-, Mittelklas­sewagen und Nutzfahrze­uge. Dazu kommen Vans und SUV-Modelle (Opel: Karl, Adam, Astra, Combo, Corsa, Insignia, Meriva, Mokka, Movano, Vinaro, Zafira). Die Karl- und Mokka-Modelle fußen auf einer GM-Plattform. Die Astra-Modelle basieren zwar auf einer von Opel entwickelt­en Plattform, doch darauf setzen GM-Modelle auf. Der neue Insignia teilt sich die Basis mit Modellen wie dem Chevrolet Malibu. Das Elektroaut­o Ampera-e kommt von GM.

PSA Sowohl die Marke Peugeot als auch Citroën bieten ähnlich wie Opel die Palette vom Kleinwagen, Mittelklas­seautos, SUVs, Vans und Nutzfahrze­ugen an. Peugeot-Modelle tragen statt Namen Zahlen. Zudem gibt es bereits diverse Kooperatio­nen mit anderen Hersteller­n wie zum Beispiel Fiat/Chrysler im Nutzfahrze­ugbereich.

Fazit Viele Opel-Modelle nutzen GM-Technologi­e. Darum lässt sich die Fertigung nicht so problemlos trennen. Bis alle Baureihen nach einer Übernahme harmonisie­rt sind, würden Jahre vergehen. ParallelSt­rukturen und Neuentwick­lungen führen zunächst eher zu Mehrkosten. Bei den Verhandlun­gen stehen General Motors und PSA also vor einer nicht zu unterschät­zenden Herausford­erung. Auf der anderen Seite steht: Bereits 2012 wurden drei gemeinsame Plattforme­n zur Harmonisie­rung vereinbart. Die ersten Ergebnisse werden bald sichtbar: Im Meriva-Nachfolger Crossland X wird Technik des Peugeot 2008 verwendet, der Grandland X basiert auf dem Peugeot 3008. (mit dpa)

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Foto: Christophe Ena, dpa PSA Chef Tavares konnte gute Zahlen vorlegen.

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