Bäckermeister vertreibt Räuber: „Schleich dich!“
Ein Mann überfällt am frühen Morgen eine Verkäuferin in der Bäckerei Geßwein. Doch mit dem mutigen Chef hat der junge Mann offenbar nicht gerechnet
Der Schreck sitzt Cornelia Bühlmeier immer noch in den Knochen. Die Verkäuferin in der Haunstetter Bäckerei Geßwein ist am Donnerstagmorgen im Geschäft überfallen worden. Ihr Chef schlug den Täter mit wenigen Worten in die Flucht.
Seit 39 Jahren schon arbeitet Bühlmeier für den Familienbetrieb von Bäckermeister Christoph Mayer in der Bürgermeister-WidmeierStraße. „Normalerweise kenne ich meine Kunden“, sagt sie. Wenn der Bäcker morgens um 5 Uhr bereits die Tür öffnet, zählen zu den ersten Kunden meistens Krankenschwestern, Mitarbeiter von Premium Aerotec, die um diese Zeit Schichtwechsel haben, und Polizisten. Als am Donnerstagmorgen um zehn Minuten nach fünf Uhr die Tür aufging, stand aber kein Polizist im Laden, sondern ein junger, ihr unbekannter Mann. „Er trug einen Schal vor dem Gesicht, einen Kapuzenpulli und eine Brille“, berichtet die 54-Jährige. Dann sagte er: „Geld.“Bühlmeier glaubte zunächst an einen Scherz: „Wie bitte?“
Der Unbekannte wiederholte seine Geld-Forderung und kam zwischen Kaffee- und Verkaufstheke auf die Bäckereiverkäuferin zu. Er hielt ihr eine Pistole vor die Brust. „Das alles ging so schnell.“Reflexartig schob sie die Waffe zur Seite. Dann hielt ihr der Räuber die Waffe vor die Nase und sagte: „Tagessatz.“Genau in dem Moment kam Bäckermeister Christoph Mayer mit frischen Semmeln aus der Backstube in den Laden. Der junge Mann erschrak. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass sich noch jemand um die Uhrzeit in der Bäckerei aufhält. Er richtete die Waffe auf Mayer. Der ließ sich jedoch nicht einschüchtern. Im Gegenteil.
Der Bäckermeister machte eine klare Ansage. „Hau ab. Schleich dich“, brüllte er den bewaffneten Mann an. Wie er später erzählt, wollte er seine Mitarbeiterin schützen. Denn eigentlich sei Schreien nicht seine Art. Der Räuber muss kurz gestutzt haben. Dann rannte er weg. Der Bäcker rief die Polizei. „Innerhalb von drei Minuten waren drei Streifenwagen da. Das ging schnell“, lobt Bühlmeier. Sie und ihr Chef beschrieben den Räuber sehr genau. Wenig später wurde der mutmaßliche Täter unweit der Bäckerei festgenommen.
Laut Polizei handelt es sich um einen 25 Jahre alten Augsburger. Eine mögliche Tatwaffe wurde bei ihm sicher gestellt. Wie Polizeisprecher Siegfried Hartmann sagt, war es vermutlich keine scharfe Waffe. Die Ermittlungen hierzu dauern aber noch an. Geprüft wird auch, ob der junge Mann für weitere Überfälle infrage kommen könnte. „Ein Profi ist er sicherlich nicht“, sagt Polizeisprecher Hartmann und fügt hinzu: „Was hat er sich denn um fünf Uhr morgens für Einnahmen erwartet?“
Der 25-jährige Tatverdächtige wurde am Donnerstagnachmittag dem Ermittlungsrichter beim Amtsgericht vorgeführt. Dieser hat den von der Staatsanwaltschaft Augsburg beantragten Haftbefehl wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung erlassen und in Vollzug gesetzt. Der Augsburger wurde anschließend in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert. Der Bäckereiverkäuferin und ihrem Chef jedenfalls hat der Überfall einen Riesenschrecken eingejagt. „Ich bin immer noch am Zittern“, sagt die Haunstetterin noch einige Stunden später.