Pop mit Schock
Rainer von Vielen und sein neues Album
Jetzt ist er fast einer von vielen, der Rainer von Vielen. Schade um seinen so unvergleichlich eigenen Stil. Diese Mixtur aus Balkan, Ska und Reggae, diese ergreifend-intimen Balladen, dieser verspielt-würzige Allgäu-Flair. Das war schon etwas Besonderes gewesen. Und so ganz verloren hat er es ja auch nicht, der Musiker aus Kempten im Allgäu.
Seit 2003 ist Rainer von Vielen mit seiner Band unterwegs, die im gut besuchten Schwimmbad der Kantine auf seiner „Überall Chaos“Tour auftrat. Er begann wie gewohnt wild, rau und ungebändigt. Mit deutschen Texten, die dem „Grossen Bla“huldigten oder Parolen wie „Empört Euch, denn diese Welt, die gehört Euch“unters Volk brachten, schuf das Quartett jenen spritzig-witzigen Sound, der einfach mitriss. Neben Rainer Hartmann, so der bürgerliche Name von Vielens, an Bluesharp und Akkordeon sorgten Mitsch Oko an der akustischen Gitarre, Dan le Tard am E-Bass und Sebastian Schwab am Schlagzeug für den Drive, während die ebenso prägende wie vielseitige Stimme des Frontmanns nicht allein in normaler Stimmlage überzeugte, sondern ebenso versiert mit Oberton- und Kehlkopfgesang glänzte.
Dann kam der Bruch, der den Titel „Überall Chaos“trug, am 2. Februar erschien und hier komplett in der originalen Reihenfolge des Tonträgers live dargeboten wurde. Ein kleiner Schock für Unbedarfte, denn mit dem ursprünglichen BastardPop des Rainer von Vielen hatte die Musik, die jetzt aus den Boxen schwoll, nicht mehr viel gemein.
Härter war’s und rockiger und irgendwie spürbar kommerzieller. Sehr sauber wirkte das Ganze, sehr konzentriert und konstruiert und oftmals wenig authentisch. Immer wieder schlägt Rainer von Vielen neue Wege ein. Ob der neue der goldene ist, sei dahingestellt. Versöhnlich indes, dass Rainer von Vielen sich im letzten Drittel des Konzertes wieder auf die alten Werte besann und mit Stücken wie „Wenn du mich nur lässt“und „Leben den Lebenden“zurückfand zu den Wurzeln und magischer Ausdruckskraft.