Aichacher Nachrichten

Verkehrte Welt im Dreierbünd­nis

Wenn es um den Haushalt geht, macht die CSU wenig Worte und lässt das Ergebnis für sich sprechen. Die Partner SPD und Grüne reden dagegen viel. Warum sie ihre Worte nicht von Zetteln ablesen sollten

- VON MICHAEL HÖRMANN

Nach außen ist die Botschaft schnell verkündet: Die Stadt Augsburg hat erstmals einen Doppelhaus­halt auf den Weg gebracht. Bei der Premiere lief vieles rund. Das Zahlenwerk hat nicht nur sämtliche Stimmen des regierende­n Dreierbünd­nisses von CSU, SPD und Grünen bekommen. Es gab zudem Zuspruch von Teilen der Rathaus-Opposition. Politisch betrachtet ist dies Beleg für die funktionie­rende gemeinsame Arbeit der Regierende­n. Wie kann dieser Erfolg öffentlich­keitswirks­am präsentier­t werden? Und wie soll dabei die eigene Handschrif­t verdeutlic­ht werden? Die Kommunikat­ionsstrate­gie im Regierungs­bündnis über den Haushalt ist ein Musterbeis­piel, wie schwer sich SPD und Grüne tun, unterm Strich zu punkten. Die CSU macht fast nichts und lässt das Ergebnis für sich sprechen. SPD und Grüne wirbeln deutlich mehr. Mit dem Ergebnis, dass sie am Ende vielleicht sogar den Bogen überspannt haben.

Als es am Donnerstag im Stadtrat um die Verabschie­dung des Haushalts ging, gab es eine vergleichs­weise kurze Aussprache. Fürs Regierungs­lager sprachen die Fraktionsc­hefs Bernd Kränzle (CSU) und Margarete Heinrich (SPD) sowie Stephanie Schuhknech­t, finanzpoli­tische Sprecherin der Grünen. Unterschie­d: Kränzle beschränkt­e sich auf eine allgemeine Einschätzu­ng der finanziell­en Lage der Stadt, verbunden mit dem Dank an alle Beteiligte­n, die zum Gelingen beigetrage­n haben. Viel mehr war von der CSU nicht zu hören. Eine Pressemitt­eilung wird nicht verschickt. Finanzrefe­rentin Eva Weber (CSU) lässt noch am Donnerstag einen kurzen vorbereite­ten Redebeitra­g von der städtische­n Pressestel­le an die Medien versenden. In einem 30-sekündigen Statement erläutert Eva Weber, was ihr beim Doppelhaus­halt „wichtig“sei. Es sei gelungen, große Projekte wie das Berufsbild­ungsprogra­mm und die Theatersan­ierung ebenso zu verankern wie viele kleine Projekte in den Stadtteile­n. „Unsere Zahlen sind sehr solide“, sagt die Referentin.

Das sagen Margarete Heinrich und Stephanie Schuhknech­t ebenfalls in der Stadtratss­itzung. Deutlich länger als Kränzle reden die beiden. Inhaltlich setzen sie sich mit dem Zahlenwerk auseinande­r. Später folgen jeweils Pressemitt­eilungen, in denen die eigenen Positionen hervorgeho­ben werden. „Städtische­r Doppelhaus­halt: SPD-Fraktion setzt wichtige Akzente“, heißt es von der einen Seite, von der anderen: „Erster Doppelhaus­halt verabschie­det: Grüne erreichen mehr Mittel für Fahrradsta­dt, Soziales, Umwelt und Klima“. Beide Partner der CSU gehen in der Stadtratss­itzung und in schriftlic­her Form darauf ein, wie stark sie sich eingebrach­t hätten. Die SPD sagt, für städtische Sportanlag­en und Bäder seien Mittel in den Haushalt aufgenomme­n worden, im sozialen Bereich flössen teils höhere Zuschüsse. Die Grünen betonen, dass der soziale Bereich sowie der Umwelt- und Klimaberei­ch gestärkt werden. Für die Fahrradsta­dt gebe es mehr Mittel, wird aufgeführt. Es sind diese Punkte, die Heinrich und Schuhknech­t in ihren finanzpoli­tischen Ausführung­en ausführlic­h darlegen. Sie lesen ihre ausformuli­erten Reden ab. Das ärgert WSA-Stadtrat Peter Grab, der danach spricht. Ihm geht es nicht um den Inhalt, sondern um formelle Dinge: „Ich bin schon etwas verwundert. Denn eigentlich ist festgelegt, dass im Stadtrat freie Reden gehalten werden und nicht abgelesen wird.“SPD und Grüne hätten sich daran nicht gehalten.

Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) wollte nicht widersprec­hen. Einen Anpfiff für die Bündnispar­tner vermied er. Im Ältestenra­t, einen Gremium besetzt mit den Fraktionsv­orsitzende­n, soll bald beraten werden, wie es mit der freien Rede im Stadtrat künftig zu halten ist.

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