Verkehrte Welt im Dreierbündnis
Wenn es um den Haushalt geht, macht die CSU wenig Worte und lässt das Ergebnis für sich sprechen. Die Partner SPD und Grüne reden dagegen viel. Warum sie ihre Worte nicht von Zetteln ablesen sollten
Nach außen ist die Botschaft schnell verkündet: Die Stadt Augsburg hat erstmals einen Doppelhaushalt auf den Weg gebracht. Bei der Premiere lief vieles rund. Das Zahlenwerk hat nicht nur sämtliche Stimmen des regierenden Dreierbündnisses von CSU, SPD und Grünen bekommen. Es gab zudem Zuspruch von Teilen der Rathaus-Opposition. Politisch betrachtet ist dies Beleg für die funktionierende gemeinsame Arbeit der Regierenden. Wie kann dieser Erfolg öffentlichkeitswirksam präsentiert werden? Und wie soll dabei die eigene Handschrift verdeutlicht werden? Die Kommunikationsstrategie im Regierungsbündnis über den Haushalt ist ein Musterbeispiel, wie schwer sich SPD und Grüne tun, unterm Strich zu punkten. Die CSU macht fast nichts und lässt das Ergebnis für sich sprechen. SPD und Grüne wirbeln deutlich mehr. Mit dem Ergebnis, dass sie am Ende vielleicht sogar den Bogen überspannt haben.
Als es am Donnerstag im Stadtrat um die Verabschiedung des Haushalts ging, gab es eine vergleichsweise kurze Aussprache. Fürs Regierungslager sprachen die Fraktionschefs Bernd Kränzle (CSU) und Margarete Heinrich (SPD) sowie Stephanie Schuhknecht, finanzpolitische Sprecherin der Grünen. Unterschied: Kränzle beschränkte sich auf eine allgemeine Einschätzung der finanziellen Lage der Stadt, verbunden mit dem Dank an alle Beteiligten, die zum Gelingen beigetragen haben. Viel mehr war von der CSU nicht zu hören. Eine Pressemitteilung wird nicht verschickt. Finanzreferentin Eva Weber (CSU) lässt noch am Donnerstag einen kurzen vorbereiteten Redebeitrag von der städtischen Pressestelle an die Medien versenden. In einem 30-sekündigen Statement erläutert Eva Weber, was ihr beim Doppelhaushalt „wichtig“sei. Es sei gelungen, große Projekte wie das Berufsbildungsprogramm und die Theatersanierung ebenso zu verankern wie viele kleine Projekte in den Stadtteilen. „Unsere Zahlen sind sehr solide“, sagt die Referentin.
Das sagen Margarete Heinrich und Stephanie Schuhknecht ebenfalls in der Stadtratssitzung. Deutlich länger als Kränzle reden die beiden. Inhaltlich setzen sie sich mit dem Zahlenwerk auseinander. Später folgen jeweils Pressemitteilungen, in denen die eigenen Positionen hervorgehoben werden. „Städtischer Doppelhaushalt: SPD-Fraktion setzt wichtige Akzente“, heißt es von der einen Seite, von der anderen: „Erster Doppelhaushalt verabschiedet: Grüne erreichen mehr Mittel für Fahrradstadt, Soziales, Umwelt und Klima“. Beide Partner der CSU gehen in der Stadtratssitzung und in schriftlicher Form darauf ein, wie stark sie sich eingebracht hätten. Die SPD sagt, für städtische Sportanlagen und Bäder seien Mittel in den Haushalt aufgenommen worden, im sozialen Bereich flössen teils höhere Zuschüsse. Die Grünen betonen, dass der soziale Bereich sowie der Umwelt- und Klimabereich gestärkt werden. Für die Fahrradstadt gebe es mehr Mittel, wird aufgeführt. Es sind diese Punkte, die Heinrich und Schuhknecht in ihren finanzpolitischen Ausführungen ausführlich darlegen. Sie lesen ihre ausformulierten Reden ab. Das ärgert WSA-Stadtrat Peter Grab, der danach spricht. Ihm geht es nicht um den Inhalt, sondern um formelle Dinge: „Ich bin schon etwas verwundert. Denn eigentlich ist festgelegt, dass im Stadtrat freie Reden gehalten werden und nicht abgelesen wird.“SPD und Grüne hätten sich daran nicht gehalten.
Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) wollte nicht widersprechen. Einen Anpfiff für die Bündnispartner vermied er. Im Ältestenrat, einen Gremium besetzt mit den Fraktionsvorsitzenden, soll bald beraten werden, wie es mit der freien Rede im Stadtrat künftig zu halten ist.