Was ist Friedberg der Klimaschutz wert?
Der Stadtrat treibt die Überlegungen für ein Fernwärmenetz voran. Ob es zu der Millioneninvestition wirklich kommt, ist aus verschiedenen Gründen noch unklar
Bis zu 1200 Tonnen CO2 und andere Treibhausgase pro Jahr – so viel ließe sich einsparen, wenn die Öl- und Gasheizungen in der Friedberger Innenstadt durch ein Fernwärmenetz mit überwiegend regenerativen Energieträgern ersetzt würden. Das geht aus der Machbarkeitsstudie des bifa Umweltinstituts hervor, zu der jetzt ein Zwischenbericht im Stadtrat vorgestellt wurde. Einstimmig beschloss das Gremium, das Projekt weiter voranzutreiben. Ob es allerdings auch umgesetzt wird, das blieb vorerst offen.
Der Aufbau einer zentralen Wärmeversorgung für die Innenstadt ist einer der zentralen Bausteine des Kommunalen Energienutzungsplans, den der Stadtrat im Februar 2015 verabschiedet hat. Gespräche mit möglichen öffentlichen und privaten Wärmeabnehmern zeigten damals ein großes Interesse, sodass die Stadt zusammen mit bifa weitere Grundlagen ermitteln ließ.
Demnach könnten 22 000 bis 25 000 Megawattstunden, die derzeit überwiegend aus fossilen Brennstoffen kommen, ersetzt werden. Notwendig sind zwei Blockheizkraftwerke, eine Pelletheizanlage, eine Hackschnitzelanlage sowie zur Abdeckung von Spitzenlasten auch öl- und gasbetriebene Anlagen. Die Versorgung könnte zu 60 Prozent aus erneuerbarer Energie kommen. Die Fachleute schlagen die Gliederung des insgesamt sechs Kilometer langen Rohrnetzes in drei Ausbaustufen vor:
umfasst den Bereich rund um Krankenhaus, Schulzentrum, Stadtbad und Stadthalle.
erschließt über die Burgwallstraße und das Thal die nördliche Altstadt mit Rathaus, Verwaltungsgebäude und Pfarrzentrum.
sieht auch die Wärmeversorgung der Altstadt südlich der Ludwigstraße vor.
Um an die Zuschüsse der EU zu kommen, die rund 55 Prozent der Gesamtkosten von 5,3 Millionen Euro ausmachen, muss die Stadt allerdings eine konkrete Absichtserklärung abgeben und auch erste Geldmittel für das Jahr 2017 bereitstellen. Denn der erste Abschnitt des Fernwärmenetzes soll nach dem vorläufigen Zeitplan bereits zur Heizperiode 2018/19 in Betrieb gehen. Der Komplettausbau würde bis Herbst 2019 abgeschlossen sein.
Der Stadtrat beauftragte nun die Experten des bifa Umweltinstituts, die Machbarkeitsstudie fertigzustellen und offene Fragen zur Wirtschaftlichkeit zu klären. Bis zur Jahresmitte fällt dann die Entscheidung, ob das Projekt wirklich angepackt und ein entsprechender Förderantrag bei der Regierung von Schwaben gestellt wird.
Zweifel an der Realisierbarkeit äußerte Bürgermeister Roland Eichmann (SPD). Eine zukunftsfähige Wärmeversorgung für die Innenstadt habe zwar Charme. Er sehe angesichts zahlreicher anderer Vorhaben aber Schwierigkeiten in finanzieller und personeller Hinsicht. Auch wirtschaftlich sei es eine knappe Geschichte, sagte er: „Es ist nicht vorstellbar, das derzeit zu schultern.“Ähnlich sieht es SPD-Fraktionschef Roland Fuchs. Bei all den Maßnahmen, die ebenfalls wichtig seien, werde die Fernwärmeversorgung äußerst schwierig, sagte er.
Für die Grünen ist das Fernwärmenetz hingegen ein essenzielles Projekt. An ihm entscheide sich, ob der Energienutzungsplan nur ein Papiertiger sei oder ob ein langfristiges Instrument geschaffen werde, um dem Klimawandel entgegenzutreten. Die Wirtschaftlichkeit sei dabei nachrangig. Auch Hubert Nießner (ÖDP) warnte davor, die Flinte bereits jetzt ins Korn zu werfen.
Wolfgang Rockelmann (Parteifreie Bürger) wies darauf hin, dass das Durchschnittshaus in der Altstadt kaum auf eine CO2-neutrale Versorgung zurückgreifen könne. „Wir wissen nicht, wohin die Reise geht und wie schnell es geht“, sagte er. Dies könne zu einem Standortnachteil werden. Martin Trübenbacher (CSU) riet, das Ergebnis der Machbarkeitsstudie abzuwarten. Er erinnerte aber daran, dass die Übernahme des Stromnetzes durch die Stadtwerke beschlossen worden sei, ohne dass es dadurch zu einer Verbesserung der Umweltbelastung komme. „Mit der Fernwärmeversorgung hätten wir dagegen eine wirkliche CO -Einsparung.“