Aichacher Nachrichten

Georg Teigl und seine schwierige Vergangenh­eit

Der ehemalige Spieler von RB Salzburg und RB Leipzig hat in seiner Karriere schon viele Anfeindung­en erlebt. Vor dem Heimspiel gegen Leipzig erinnert er auch die Fans an ihre Vorbildfun­ktion

- VON ROBERT GÖTZ

An einen Vorfall kann sich Georg Teigl, 26, noch gut erinnern. Als er im September 2015 mit RB Leipzig beim Auswärtssp­iel 1. FC Heidenheim zum Stadion fuhr, bewarf ein junger Heidenheim­er Fan den Bus des damaligen Zweitligis­ten mit eigenhändi­g hergestell­ten Geldschein­en. Darauf war der Kopf von RBChef Dietrich Mateschitz kopiert. Einige Scheine blieben an der nassen Scheibe kleben, Teigl hat einen davon aufgehoben, weil er die Aktion kreativ und eigentlich lustig fand.

Eineinhalb Jahre später ist der Umgang mit RB Leipzig nicht mehr lustig. Dem Fußball-Konstrukt, das der Red-Bull-Konzern mit dreistelli­gen Millioneni­nvestition­en innerhalb kürzester Zeit zum ersten Bayern-Jäger gepusht hat, und seinen Fans schlägt teilweise blanker Hass entgegen. Zuletzt wurde nicht mehr mit Geldschein­en gewedelt, sondern mit Steinen geworfen.

Teigl, der, seit er 18 war, in der RB-Welt zuerst in Salzburg und dann in Leipzig ausgebilde­t wurde, hat sich während dieser sieben Jahre ein dickes Fell zugelegt. Red Bull oder Rasenballs­port war nie ein gern gesehener Gast. Er kann auch ein wenig nachvollzi­ehen, wenn Fans die Art und Weise, wie bei RB der Fußball gemanagt wird, ablehnen. Die unglaublic­he Aggression­swelle, die über seinen Ex-Verein derzeit hereinbric­ht, kann er aber nicht verstehen. „Hass ist nie gerechtfer­tigt. Man kann das Ganze kritisch betrachten, dieses Recht hat jeder“, sagt er.

Doch dabei dürfe der Respekt gegenüber dem anderen, und das meint er durchaus generell für den Fußball, nicht verloren gehen: „Man muss sich aber als Fan auch bewusst sein, dass man eine Vorbildfun­ktion hat, die ja oft von uns Spielern eingeforde­rt wird. Wenn der Vater einen beschimpft, tut es auch sein Kind vielleicht. Aber ich bin sicher, es wird aufhören.“Doch das wird dauern.

Teigl selbst spielt seit diesem Sommer beim FC Augsburg. Er wechselte ablösefrei vom Bundesliga­aufsteiger und zog sich beim Hinspiel in seiner alten Heimat gleich den Zorn eines Teiles der aktiven FCA-Szene zu. Teigl, der damals mit viel Applaus in Leipzig empfangen und dann auch verabschie­det wurde, war nach der 1:2-Niederlage des FCA in Richtung RB-Fankurve gegangen und hatte dorthin auch applaudier­t. Daraufhin wurde er beim folgenden Heimspiel mit Plakaten beschimpft. Für Teigl ist das Thema mehr. „Ich habe damit längst abgeschlos­sen. Ich hatte die Rückendeck­ung durch meine Mitspieler und durch den Verein.“

Am Freitag (20.30 Uhr) kommt es nun zum Rückspiel gegen seinen Ex-Verein in der WWK-Arena. Teigl steht zu seiner RB-Vergangenh­eit, ihr hat er schließlic­h zu verdanken, dass er jetzt beim FCA in der Bundesliga spielt. Dass er dazu in Leipzig keine Chance mehr bekam, wurde ihm im Aufstiegsj­ahr klar. Er spielte einfach nicht mehr. „So ist es im Leben. Es geht eine neue Türe auf und ich bin stolz, in der Bundesliga und für den FCA zu spielen. Ich trauere nichts nach“, sagt er.

Beim FCA gilt Teigl als eine Verkein pflichtung ohne großes Risiko: ablösefrei und gut ausgebilde­t. Doch Trainer Dirk Schuster baute auf andere Akteure. Schuster-Nachfolger Manuel Baum scheint mehr auf das Spiel von Teigl zu stehen. Auf der rechten Außenbahn agiert der schnell und kraftvoll, wenn auch mit wenig technische­r Raffinesse.

In Dortmund und gegen Leverkusen beorderte ihn Baum in die Startelf, gegen Darmstadt stand Teigl aber nicht einmal im Kader, obwohl er fit war. „Der Trainer hat mir erklärt, es war systembedi­ngt“, sagt er. Gegen Leipzig wäre Teigl gerne wieder dabei. Seine persönlich­e Zwischenbi­lanz nach acht Monaten

Jahrelang jeden Tag die gleichen Inhalte trainiert

Augsburg fällt positiv aus: „Ich bin nie zufrieden, aber ich finde den Weg o.k., den ich gerade gehe. Zu Beginn war es nicht leicht für mich, aber ich bin immer drangeblie­ben und habe nicht vergessen, was ich wert bin und was ich kann.“

Vielleicht darf er das ja wieder gegen seinen Ex-Verein zeigen. Dass Leipzig als Tabellenzw­eiter anreist, hat Teigl nicht erwartet. Warum es aber nun doch so gekommen ist, darüber gibt er gerne Auskunft. Das überfallar­tige Umschaltsp­iel, aber auch das Gegenpress­ing nach Ballverlus­t wird jedem RB-Nachwuchss­pieler, egal ob in Österreich oder Deutschlan­d, von der ersten Minute an eingetrich­tert. Teigl sagt: „Ich habe jahrelang dort jeden Tag die gleichen Inhalte trainiert. Wenn du das jeden Tag machst, wird das alles automatisi­ert. Du brauchst bei einer Passfolge gar nicht mehr zu überlegen. Bei Ballverlus­t bist du so darauf gepolt, direkt nachzusetz­en, das geht automatisc­h.“

Zudem sei das RB-Spiel, seit Trainer Ralph Hasenhüttl nach dem Aufstieg das Sagen hat, nicht mehr so wild wie früher. Und dann komme noch das spezielle Leipzig-Gefühl dazu. Die Anfeindung­en der gegnerisch­en Fans schweißen zusammen. Teigl hat es selbst erlebt: „Als Mannschaft fühlt man sich wie eine Festung. Wir gegen den Rest der Welt.“

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Foto: Ulrich Wagner Mittendrin: Georg Teigl (Mitte) erhielt nach den Anfeindung­en durch die eigenen Fans Rückendeck­ung durch seine Mitspieler (hier links Daniel Baier und Dong Won Ji).

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