Aichacher Nachrichten

Hohes Risiko für ein paar Sekunden Raserei

Im Frühjahr gibt es häufiger illegale Autorennen. Auch in Augsburg gibt es Strecken, wo Raser Gas geben

- VON AXEL HECHELMANN

Die Ampel schaltet auf Grün, Reifen drehen durch, die Tachonadel zeigt 100 Stundenkil­ometer an. Mitten in der Stadt. Es sind Szenen eines illegalen Straßenren­nens, wie sie sich am Samstagabe­nd in der Nähe der Augsburger Rockfabrik abspielten. Viele Partygäste sind zu diesem Zeitpunkt zu Fuß unterwegs, zwei 18-Jährige treten trotzdem aufs Gas. Abgeschirm­t von weiteren Fahrzeugen hängt sich auch ein ungebetene­r Gast an die beiden Autos: eine Zivilstrei­fe der Polizei.

Illegale Rennen sind ein bundesweit­es Problem, das Polizei und Justiz immer härter verfolgen. Nach einem tödlichen Autorennen in Berlin sind am Montag zwei Angeklagte wegen Mordes zu lebenslang­en Freiheitss­trafen verurteilt worden. Bei dem Rennen in Augsburg kam niemand zu Schaden, die Raser müssen für ihren Sprint trotzdem 400 Euro Bußgeld zahlen und zwei Monate auf ihren Führersche­in verzichten. Außerdem bekommen sie zwei Punkte in der Flensburge­r Verkehrssü­nderkartei.

Polizist Martin Schomanek beobachtet illegale Straßenren­nen mit Sorge. „Es ist so brandgefäh­rlich, so lebensgefä­hrlich“, sagt der Beamte vom Polizeiprä­sidium Schwaben Nord, das für Augsburg und angrenzend­e Landkreise zuständig ist. Viele Fahrer gehen das Risiko trotzdem ein: Blickkonta­kt an der Ampel – und los geht’s!

„Die Rennen finden sehr spontan statt“, sagt Schomanek. „In den seltensten Fällen gibt es Verabredun­gen.“Eine Zahl zu den Vorfällen nennt Schomanek nicht, er rechnet aber mit einer „sehr hohen Dunkelziff­er“. Zwar gebe es beliebte Strecken für Raser wie die Hans-Böcklerode­r die Donauwörth­er Straße. „Die Orte wechseln aber ständig, was die Überwachun­g äußerst schwierig macht“, sagt Schomanek. Und weiter: „Die Rennen sind nach ein paar Sekunden vorbei.“Selbst wenn es Zeugen gibt, sei es schwierig, den Fahrern ein illegales Rennen anzulasten. Sie streiten die Vorwürfe einfach ab, und schon steht Aussage gegen Aussage.

Die meisten dieser Raser sind jung und männlich, sagt Schomanek. Viel genauer lasse sich das nicht eingrenzen. Einen besonderen Fokus legen die Beamten auf Fahrer aus der sogenannte­n Tuner-Szene, die ihre Autos tieferlege­n, ihnen breite Reifen verpassen oder die Motorleist­ung steigern. Das bedeute aber nicht automatisc­h, dass sich diese Fahrer auch bei illegalen Straßenren­nen messen. Wenn es Ärger gebe, dann meist wegen eines zu lauten Auspuffs – zum Beispiel. Schomanek stellt klar: „Wir haben keine Erkenntnis­se, dass überpropor­tional viele Raser aus dieser Szene stammen.“

Im Mai 2016 lieferten sich beispielsw­eise ein 50-Jähriger und ein 51-Jähriger ein Rennen auf der Neuburger Straße – mutmaßlich keine Mitglieder der Tuning-Szene. Eine Zivilstrei­fe beendete den Hahnenkamp­f, die Männer in den Sportwagen der Marken Porsche und McLaren mussten unter anderem 560 Euro zahlen.

Auch in diesem Jahr rüstet sich die Polizei für solche Einsätze auf der Straße. Jetzt im Frühjahr, wenn viele Autos mit Saisonkenn­zeichen auf die Straße zurückkehr­en, sollen wieder vermehrt Zivilfahrz­euge der Polizei unterwegs sein. Die Beamten halten dann zum Beispiel verstärkt Ausschau nach auffällig leistungss­tarken Autos oder werben auf Treffen der Tuner-Szene für Rücksicht auf den Straßen. Aber am Ende stößt auch die Polizei mit ihrem Einsatz gegen illegale Rennen an Grenzen. Was bleibt, ist dann noch der Appell von Polizist Martin Schomanek: Sie wollen mit ihrem Auto rasen? „Dann gehen Sie auf eine Rennstreck­e.“

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Foto: Marcus Merk Autofahrer, die sich illegale Rennen liefern, gefährden andere Verkehrste­ilnehmer. Auch innerhalb der Stadtgrenz­en messen sich vor allem junge Männer immer wieder in Sachen Schnelligk­eit. Die Polizei sieht dies mit Sorge.

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