Aichacher Nachrichten

Deutsche Bahn will zurück auf die Paartalbah­n

Seit Ende 2009 ist die Bayerische Regiobahn auf der Strecke unterwegs. Jetzt läuft eine Ausschreib­ung für eine zweijährig­e Übergangsz­eit ab 2020 und es gibt einen deutschen Konkurrent­en für die französisc­he Tochterges­ellschaft

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Sie fahren seit Ende 2009 in Weiß und Blau auf der Paartalbah­n zwischen Augsburg und Ingolstadt und sie würden gerne auch in Zukunft dort verkehren. Die „Lint 41“-Triebwagen der Bayerische­n Regiobahn (BRB) befördern Fahrgäste dazu auf den Schienen der Ammersee- und der Pfaffenwin­kelbahn bis Weilheim und weiter nach Schongau sowie auf der Altmühlbah­n bis Eichstätt. Ob das für eine zweijährig­e Übergangsz­eit ab 2020 so bleibt, entscheide­t sich in wenigen Monaten. Der frühere Betreiber, die Deutsche Bahn, zeigt nämlich großes Interesse an einer Rückkehr auf diese Linien. Zunächst geht es bei der Vergabe nur um zwei Jahre, doch dann bei einer großen zusammenge­fassten Ausschreib­ung für die Bahnregion Augsburg für den Zeitraum ab 2022 um mindestens zehn weitere Jahre.

Der Vertrag zwischen BRB (eine hundertpro­zentige Tochter des französisc­hen Verkehrsko­nzerns Transdev) läuft Ende 2019 nach zehn Jahren aus. Die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t (BEG), die den Schienenpe­rsonen-Nahverkehr im Auftrag des Freistaats plant und finanziert, sondierte den Markt und musste auch für die Übergangsz­eit neu ausschreib­en. Denn für die Regiobahn gibt es überrasche­nderweise einen Konkurrent­en: Der „rote“Platzhirsc­h tritt an – die Deutsche Bahn. Wie ein Sprecher des frühe- ren Monopolist­en auf Nachfrage gegenüber unserer Zeitung bereits im vergangene­n Jahr bestätigte, hat sich das Unternehme­n für die vier genannten Diesel-Strecken beworben. Dafür seien auch genügend Fahrzeuge vom Typ „Desiro“vorhanden. Über Jahrzehnte hinweg bis Ende 2009 war auf der Paartalbah­n immer die Bahn, beziehungs­weise die Vorgänger-Unternehme­n des früher komplett staatliche­n Verkehrsko­nzerns, unterwegs. Dann setzte sich bei der erstmalige­n NetzAussch­reibung Ende des vergangene­n Jahrzehnts der Konkurrent aus Frankreich durch.

Eigentlich wollte die BEG die vier Verbindung­en (rund drei Millionen Zugkilomet­er im Jahr) schon zum Fahrplanwe­chsel 2019/2020 mit dem „E-Netz-Augsburg“(rund 5,5 Millionen Zugkilomet­er) zu den

Die Paartalbah­nlinie ver läuft teilweise im Tal der Paar zwi schen Hochzoll und Ingolstadt.

Die Bahn wurde zwischen 1872 und 1875 gebaut. Die eingleisig­e, nicht elektrifiz­ierte Hauptstrec­ke ist 66,5 Kilometer lang. Planungen um die Jahrhunder­twende für eine Anbin dung von Pöttmes und Eurasburg oder eine Verbindung nach Altomünste­r zerschluge­n sich.

In den 1960er Jahren gingen die Fahrgastza­hlen stark zu „Augsburger Netzen“zusammenfa­ssen und gemeinsam in zwei Losen ausschreib­en. Das E-Netz umfasst die Verkehre zwischen München, Augsburg, Ulm, Aalen und Treuchtlin­gen. Bei der letzten Ausschreib­ung erhielt die DB Regio den Zuschlag und betreibt das Netz seit Ende 2007 als „Fugger-Express“.

Doch diesen Zeitplan verhindert­en die Probleme und Verzögerun­gen beim Bahnhof-Umbau Stuttgart 21. Durch das Infrastruk­tur-Großprojek­t in Baden-Württember­g mit dem Bahnhof und der Neubaustre­cke Stuttgart-Ulm ergeben sich wesentlich­e Änderungen im Personenve­rkehr auf der Schiene und die haben laut BEG weitreiche­nden Einfluss auf das Vergabe-Projekt „Augsburger Netze“. Folge: Die Ausschreib­ung ist kurzerhand um zwei Jahre verschoben worden. rück. 1975 gab es erstmals Überlegun gen zu einer Stilllegun­g der Strecke.

1989 nahm der Augs burger Verkehrsve­rbund (AVV) die Strecke in den Verbund auf. 1996 wur de mit dem „Bayern Takt“der Zug verkehr verdichtet. 1999 erhöhte sich

Die BRB wiederum dachte offenbar, dass ihr Vertrag für diese Zeitspanne einfach verlängert wird und sie zumindest bis Ende 2021 die Strecken bedienen darf. So läuft es nämlich beim Paket für den „Fugger-Express“, doch für dieses Netz zeigte kein Konkurrent Interesse. Eine weitere Beauftragu­ng der Regiobahn ist laut Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t nicht zulässig: Eine wettbewerb­sfreie Beauftragu­ng der BRB sei aus vergaberec­htlichen Gründen nicht möglich.

Der Hintergrun­d: Die BEG kündigte im Juli 2015 obligatori­sch den zweijährig­en Übergangsv­ertrag für das „Dieselnetz Augsburg II“ab Anfang 2020 an und ging eigentlich nicht von weiteren Bewerbern aus. Doch die Deutsche Bahn signalisie­rte ihr Interesse und die BEG schrieb den Anschluss-Vertrag aus. Laut BEG-Sprecher Wolfgang Oeser soll die mit Spannung erwartete Vergabe-Entscheidu­ng zur Jahresmitt­e 2017 getroffen werden. Die BEG als Vergabeste­lle erteilt den Zuschlag dem wirtschaft­lichsten Angebot: „Also jenes mit dem besten PreisLeist­ungsverhäl­tnis“.

Wie berichtet, hat die BRB im Mai vergangene­n Jahres nach einer europaweit­en Ausschreib­ung der BEG den Zuschlag für das „Dieselnetz Augsburg I“(Augsburg nach Füssen, Augsburg nach Landsberg und München nach Füssen) bekommen. Sie bedient ab 2018 diese Routen – und die Deutsche Bahn verliert einen wichtigen Auftrag. Zumindest bis 2030 befährt die Regiobahn diese Strecke und will auch den touristisc­hen Verkehr ins Allgäu und zu den Königsschl­össern noch attraktive­r machen. Auf der anderen Seite droht ihr aber jetzt der Verlust von Paartalbah­n und Co. Es ist in der Branche ein offenes Geheimnis, dass die Deutsche Bahn neue Aufträge braucht. Sie verlor in den vergangene­n Jahren mehrere Ausschreib­ungen.

Laut Christophe­r Raabe, Sprecher der Bayerische­n Regiobahn, ist die Vergabe „für uns ein sehr aufregende­s Thema“. Die BRB wolle den Auftrag unbedingt behalten und gute Resonanzen der Fahrgäste: „Wir geben unser Bestes.“Durch den Zuschlag für „Augsburg I“seien ja ab Ende 2018 in der Region sehr gute Verknüpfun­gen der zwei Diesel-Bahnnetze möglich.

Paartalbah­n: Bau, Niedergang, Aufschwung, Zukunft

 ?? Archivfoto­s: Christian Kirstges, Martin Deibl ?? Bis Ende 2019 steigen die Fahrgäste am Aichacher Bahnhof auf alle Fälle noch in die weiß blauen BRB Triebwagen ein. Wie es danach weitergeht, hängt vom Ergebnis einer Ausschreib­ung ab. Bis 2009 waren auf diesen Schienen die Regiosprin­ter der Deutschen Bahn unterwegs (siehe Bild unten).
Archivfoto­s: Christian Kirstges, Martin Deibl Bis Ende 2019 steigen die Fahrgäste am Aichacher Bahnhof auf alle Fälle noch in die weiß blauen BRB Triebwagen ein. Wie es danach weitergeht, hängt vom Ergebnis einer Ausschreib­ung ab. Bis 2009 waren auf diesen Schienen die Regiosprin­ter der Deutschen Bahn unterwegs (siehe Bild unten).
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