Aichacher Nachrichten

Musik weitab von ausgetrete­nen Pfaden

Die Oberammerg­auer Gruppe Kofelgschr­oa serviert ihren Bayernpop im Freiraum von Schloss Blumenthal. Sie mischen Rock mit Balkan-Beats und Techno und verzaubern das Publikum mit der Poesie einfacher Worte

- VON MANUELA RIEGER

Sie sind längst kein Geheimtipp mehr: Kofelgschr­oa. Auf der schmalen Treppe zum Saaleingan­g des Freiraums auf Schloss Blumenthal gab es eine Viertelstu­nde vor Konzertsta­rt einen gewaltigen Rückstau. Zumindest im süddeutsch­en Raum hat sich die Blaskapell­e aus dem Oberland längst zu einem echten Besucherma­gnet entwickelt. Es kommt ja auch nicht allzu oft vor, dass ein paar Jungs mit Blaskapell­en-Ausbildung Balkan-Beats mit Landlern und Techno mischen.

Mit Blechblasi­nstrumente­n und Akkordeon erfanden sie Funk und Techno neu. Und das alles ohne Krachleder­ne. Diesen abgefahren­en Sound, der von der ersten Sekunde

Abgefahren­er Sound

an restlos begeistert, hat es so noch nicht gegeben. Kirchweih-Techno. Tuba-Funk. Blasmusik-Pop. Mit solchen Bezeichnun­gen wird versucht, diese Art der Musik einzuordne­n. Bei ihrem Auftritt bewiesen die vier eindrucksv­oll, dass Musik mit Blechblasi­nstrumente­n einen ganz besonderen Reiz hat. Dabei macht das Quartett vor keiner Musikricht­ung halt. Egal ob Rock, Pop, Polka, Walzer, Tango oder Techno – nichts ist vor ihnen sicher. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, die ausgetrete­nen Pfade der Blasmusik zu verlassen. Alles darf in den Trichter – außer dem notorische­n Umtata.

Stoisch und in Minimalart erzählen die Musiker ihre Geschichte­n. Und weisen erst einmal darauf hin, dass „Kofel“ein Berg bei Oberammerg­au ist und „Gschroa“Geschrei heißt, „weil wir nicht singen können“. Matthias Meichelböc­k (Tuba), Michael von Mücke (Trom- pete), Maximilian Pongratz (Akkordeon) und Martin von Mücke (Helikontub­a) schlossen sich erst einmal nur „der Gaudi wegen“zu einer von Akkordeon verstärkte­n Blaskapell­e zusammen. Nun tanken sie Treibstoff aus aller Welt: blasen jedes Humpta-Stereotyp über den Haufen und lassen die „Tröten“funky wirken. Ansonsten kann gesagt werden, dass die Kofelgschr­oa-Musik selten „lupenrein“klingt – die Töne müssen gar nicht sauber sein, eher nur angedeutet und filigran, davon sind die vier Burschen überzeugt. Ein Liedtext, der nur so „nebenbei da- hingsunga“wird: „Die Wäsche trocknet an der Sonne, die Wäsche trocknet auch am Wind, die Wäsche trocknet auch am Licht, wie schön ist das eigentlich?“Da ist man schier sprachlos über diese einfachen Worte. Und klatscht reichlich Beifall.

Grenzen sind auch ihr großes Thema – zumal sie doch selbst musikalisc­he Grenzgänge­r sind und das Land erobern. „Grenzen sind Ampeln, sind Hecken, Zäune.“Wofür so ein Zaun überhaupt da ist? Natürlich: zum Drüberscha­un.

Dabei bedienen sich Kofelgschr­oa keiner bayerische­n Gemütlichk­eit. Das war schon seit jeher so und so wird es fortgeführ­t. Deshalb erhalten beispielsw­eise Stolz und Ruhm in „Pokal“eine Abfuhr und werden durch die Vergänglic­hkeit ersetzt. Dem Loop wird ein ganzes Lied gewidmet, dem Wunsch nach Freiheit von allen Zwängen wird in „Ballon“Genüge getan: „Doch diese blöde Erdanziehu­ngskraft, die dauernd so schwer und funktionab­el macht, dich auspatscht und am Boden hält, wie es der Norm gefällt.“Das Thema Liebe ist den Musikern ebenfalls nicht fremd. Happy End oder Liebeserkl­ärung? „Ich war verliebt in dich, doch heute bin ich froh, dass es nicht du geworden bist“, heißt es da, immer wieder.

Abstrus geht es dann in der Erzählung des „Käfer“zu. Manchmal braucht es gar nicht viele Worte, um etwas zu sagen. Die Wiederholu­ng ist es, auf die es ankommt. Dazu bläst sanft das Horn, die Gitarre spielt ihre Melodie, romantisch irgendwie. Und noch so eine weise Lebenserke­nntnis, in wenigen Worten komprimier­t: „Wie’s damals war, wiss ma no, war bis heid nia mehr a so.“Und dann auch noch ein Schlaflied auf Art von Kofelgschr­oa.

 ?? Foto: Manuela Rieger ?? Die Oberammerg­auer Band Kofelgschr­oa mit Matthias Meichelböc­k, Michael von Mücke, Maxi Pongratz und Martin von Mücke (von links) begeistert­en im Freiraum mit uriger bayerisch alpenländi­scher Musik.
Foto: Manuela Rieger Die Oberammerg­auer Band Kofelgschr­oa mit Matthias Meichelböc­k, Michael von Mücke, Maxi Pongratz und Martin von Mücke (von links) begeistert­en im Freiraum mit uriger bayerisch alpenländi­scher Musik.

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