Papst Franziskus war nicht da – andere schon
In Augsburg hielt sich hartnäckig die Vermutung, dass das Kirchenoberhaupt vor 30 Jahren in der Stadt ein besonderes Bild für sich entdeckt hat. Das ist falsch. Dafür reicht die Geschichte der Papst-Besuche sehr weit zurück
Er war also gar nie hier in Augsburg. Dabei hätte alles so schön gepasst. Man konnte es sich gut vorstellen wie der heutige Papst Franziskus im Jahr 1986 als Jesuit in die Stadt kommt und die kleine Kirche St. Peter am Perlach besucht. Wie er auf ein Gemälde aufmerksam wird, das Maria als Knotenlöserin zeigt. Wie er davor betet und das Motiv aus der Augsburger Kirche danach in seiner Heimat Argentinien weiter verbreitet. Allein: Die Geschichte stimmt nicht. In einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit hat der Papst klargestellt: Das Motiv spreche ihn zwar an, in Augsburg allerdings sei er noch nie gewesen.
Im Augsburger Bistum hält sich die Enttäuschung über diese Nachricht in Grenzen. Eventuell, so heißt es, sei es ja auch eine Chance für einen künftigen Papst-Besuch. Vielleicht gibt es dann doch noch die Szene eines betenden Jorge Mario Bergoglio vor dem Marienbild. Bistums-Sprecher Karl-Georg Michel fragt zumindest: „Vielleicht wird sich ja auch Papst Franziskus, sollte er einmal nach Deutschland kommen, unter die Besucher der Knotenlöserin einreihen?“Bislang sind keine Pläne bekannt, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche eine Reise nach Deutschland plant.
Franziskus wäre aber nicht der erste Papst, der die Stadt am Lech besucht. Augsburg muss sich, was das angeht, nicht verstecken. Der erste Besuch eines Pontifex liegt bereits rund 1000 Jahre zurück. Es war Benedikt VIII., der im Jahr 1020 über die Alpen reiste, um in Bamberg den römisch-deutschen Kaiser Heinrich II. persönlich um Hilfe zu bitten. Der Papst, der als begabter, aber auch brutaler Kriegsherr galt, hatte damals an militärischen Fehlschlägen zu knabbern.
Es ist davon auszugehen, dass Benedikt VIII. damals über Verona und Südtirol reiste und die unter Heinrich II. bevorzugte Königsstraße nutzte, die über Augsburg führte. Die Stadt hatte damals schon über 10 000 Einwohner. Und es dauerte keine drei Jahrzehnte, bis erneut ein Papst hier Halt machte. Leo IX. hielt sich sogar insgesamt drei Mal in Augsburg auf – in den Jahren 1049, 1051 und 1053. Das deutschstämmige Kirchenoberhaupt reiste viel und soll sich dabei volksnah gegeben haben, wird berichtet. Überliefert ist eine Anekdote, wonach er auf einer seiner Reisen einen aussätzigen Bettler in seinem Bett schlafen ließ. Überliefert ist auch, dass Leo IX. im Februar 1051 in Augsburg mit Kaiser Heinrich III. das Fest Mariä Lichtmess feierte. Er weihte damals auch das kleine Galluskirchlein bei Sankt Stephan. Die Kirche gilt als das älteste noch erhaltene Gotteshaus in Augsburg.
Danach kommt gut 700 Jahre lang erst einmal kein Oberhaupt der katholischen Kirche mehr in die Stadt. Erst aus dem Jahr 1782 ist wieder ein Papst-Besuch überliefert – von Pius VI. Ein altes Gemälde zeigt eine große Prozession zu seinen Ehren, die am 2. Mai 1782 stattgefunden haben soll. Pius VI. blieb vier Tage und besuchte das Rathaus, Sankt Ulrich und Afra und die Stadtbibliothek. Einer großen Menge von Gläubigen erteilte er vom Balkon der Bischofsresidenz seinen Segen.
Viele Menschen verfolgten auch den bisher letzten Besuch eines Papstes am Lech – am 3. und 4. Mai 1987. Geplant war damals eine große Messe mit Johannes Paul II. an
Ein Unwettersturm durchkreuzte die Pläne
der Sportanlage Süd. Über 70000 Anmeldungen lagen vor. Doch ein Unwettersturm mit Schneeregen durchkreuzte den Plan. Stattdessen zelebrierte der Pontifex einen improvisierten Gottesdienst im überfüllten Dom. Tags drauf machte sich der Papst in der Stadt des Religionsfriedens für die Ökumene stark. Er betete zusammen mit evangelischen und orthodoxen Bischöfen und er sagte: „Warum noch getrennte Wege gehen dort, wo wir sie schon jetzt gemeinsam tun können?“
Bei dem Papst-Besuch 1987 war auch noch ein anderer Kirchenmann dabei, der später an die Spitze der Kirche rückte: der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger. Er war damals bereits in Rom tätig und gehörte der päpstlichen Delegation an. Nach seiner Papstwahl im April 2005 besuchte er als Benedikt XVI. insgesamt drei Mal sein Heimatland Deutschland. Auch nach Bayern reiste er. Einen Abstecher nach Augsburg sahen die Reiseprogramme des Papstes allerdings nie vor.