Wann muss Ihre Straße erneuert werden?
Angesichts des Bürgerbegehrens hält die Stadt sich weiter alle Wege offen, auf welche Weise sie künftig die Augsburger bei der Straßensanierung zur Kasse bitten will. In den nächsten Jahren müssen viele Fahrbahnen gerichtet werden
Die Stadt hält sich nach dem Start des Straßensanierungs-Bürgerbegehrens alle Möglichkeiten offen. Man habe noch nicht entschieden, in welcher Form Grundbesitzer an Straßen bei deren Sanierung künftig zur Kasse gebeten werden sollen, so Baureferent Gerd Merkle (CSU) gestern auf Anfrage. Ende März soll eine stadtinterne Arbeitsgruppe erneut tagen.
Wie berichtet, läuft seit vorgestern die Unterschriftensammlung, mit der die Begehrensinitiatoren erreichen wollen, dass Grundstückseigentümer bei einer Straßensanierung nicht mehr einmalig mit recht hohen Beträgen belastet werden. Stattdessen sollen die Grundeigentümer eines ganzen Viertels zahlen, wenn dort eine Straße saniert wird. Um die Belastungen erträglich zu halten, sollen Beiträge zudem jährlich erhoben werden. Hintergrund ist, dass sich Anlieger einer Straße mit bis zu 70 Prozent an den Ge- samtkosten einer Straßenerneuerung beteiligen müssen. Dies macht häufig mehrere Tausend Euro aus.
Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) betonte gestern, es sei „nur zu verständlich, dass ein Straßenausbau-Bescheid mit einer hohen Summe die Bürger belastet. Deshalb kann die Stadt Ängste von Menschen auch nachvollziehen, die aktuell von einer Straßengrunderneuerung betroffen sind“. Die Stadt werde im Siedlerweg (Firnhaberau) und der Karwendelstraße (Hochzoll), wo sich der Protest jetzt entzündete, aber keine vollendeten Tatsachen schaffen. Denn der Eigenanteil der Stadt für eine Erneuerung dieser Straßen ist momentan ohnehin nicht zu finanzieren. Frühestens 2019 kann es dort losgehen. Man werde aber nicht einfach das bisherige Straßenausbaubeitragsrecht anwenden, sondern arbeite an einer anderen Lösung, so Gribl.
Generell verweist die Stadt darauf, dass es noch rechtliche Unsicherheiten bei der ganzen Thematik gebe. Im vergangenen Jahr hatte es der bayerische Landtag Kommunen ermöglicht, statt einmaliger Beiträge von Straßenanliegern auch regelmäßige Beiträge von allen Grundeigentümern einer ganzen Gemeinde oder eines Viertels zu kassieren. Bisher habe noch keine bayerische Großstadt auf dieses Modell gesetzt, so Merkle. Diskutiert werden müsse etwa, wie man Abrechnungsgebiete festsetzt. Ein weiteres Thema sei die Akzeptanzbereitschaft der Bürger, die zwar jährlich Beiträge bezahlen müssten, obwohl die vielleicht auch erneuerungsbedürftige Straße vor ihrer Haustür nicht saniert wird.
Das Thema wird in den kommenden Jahren richtig akut werden. Vergangenes Jahr hat die Stadtverwaltung erhoben, welche Straßen in Augsburg wie sanierungsbedürftig sind (siehe Stadtplan oben). Drei Prozent der Straßen galten als sofort sanierungsbedürftig (die B17 Höhe Göggingen/Pfersee wurde inzwischen neu asphaltiert), 25 Prozent müssen in den kommenden zehn Jahren in Angriff genommen werden. Das Tiefbauamt hatte diese Zahlen präsentiert, um vom Stadtrat mehr Geld für den Straßenunterhalt zu bekommen.
Auf diese Zahlen verweisen jetzt die Initiatoren des Bürgerbegehrens, die allesamt im Siedlerweg oder der Karwendelstraße leben. Etwaige Ausbaubeiträge, gegen die man sich nicht grundsätzlich wehre, seien natürlich eine Belastung, so Initiatorin Bettina Müller. „Aber wir setzen uns als Initiative für alle Grundeigentümer in der Stadt ein. Wer lieber einmalig Beiträge will, muss nicht unterschreiben, aber wenn sich genügend Bürger für die wiederkehrenden Beiträge interessieren, sollte das für die Stadt Anlass sein, darüber nachzudenken.“
Die Unterschriftensammlung (10000 Unterschriften sind nötig, um eine Bürgerabstimmung durchzusetzen) und das Erreichen des Quorums (mindestens 20000 Bürger müssen in einer Abstimmung mit Ja stimmen) könnte freilich ein Problem werden. Denn von Interesse ist das Thema vor allem für Grund- und Immobilieneigentümer. Auf Mieter können Straßenausbaubeiträge nämlich nicht umgelegt werden (allenfalls indirekt im Zuge einer Mieterhöhung). Lediglich in 32 Prozent aller Augsburger Wohnungen leben laut Zensus 2011 die Eigentümer selbst – der Rest sind zum Großteil Mietwohnungen.
Müller wirbt aber auch bei Mietern um Unterschriften. Aus Sicht der Initiatoren wäre die Stadt beim Erheben von wiederkehrenden Beiträgen gezwungen, Sanierungen frühzeitiger zu planen und vor allem konsequenter umzusetzen, statt nur nach Haushaltslage zu agieren. Schließlich würden Beiträge bei einer Umstellung quasi wie eine zweckgebundene Steuer jährlich erhoben – dieses Geld müsste dann allerdings auch verbaut werden. „Weder Mieter noch Eigentümer möchten in einem Viertel wohnen, wo sich in den Straßen ein Schlagloch ans nächste reiht“, so Müller.