Aichacher Nachrichten

Plötzlich muss sie wieder zittern

Annegret Kramp-Karrenbaue­r könnte nach der Wahl am Sonntag ihr Amt als Ministerpr­äsidentin verlieren. Obwohl sie im Saarland als beliebt und heimatverb­unden gilt

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Beinahe wäre Annegret KrampKarre­nbauers Karriere als Ministerpr­äsidentin des kleinen Saarlands vorbei gewesen, bevor sie überhaupt begonnen hat. Für die CDU-Politikeri­n war es ein Schock, als sie im Saarbrücke­r Landtag im ersten Wahlgang mit nur 25 Stimmen dastand. Exakt so viele wie der damalige SPD-Opposition­sführer Heiko Maas erhielt. Und zwei weniger, als die damals regierende Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP an Abgeordnet­en zählte.

Ganz so schlimm wie einst der schleswig-holsteinis­chen SPD-Ministerpr­äsidentin Heide Simonis erging es der Saarländer­in aber nicht: Im zweiten Wahlgang konnte sie wenigstens einen der Abweichler wieder einfangen. So beerbte sie den an das Bundesverf­assungsger­icht strebenden CDU-Ministerpr­äsidenten Peter Müller als Regierungs­chefin. Möglicherw­eise denkt die 54-Jährige wieder öfter an die Zitterpart­ie ihrer ersten Wahl 2011. Denn am kommenden Sonntag könnte die Landtagswa­hl im Saarland ähnlich knapp ausgehen.

Kramp-Karrenbaue­r muss nun als Erste in der Union unvorberei­tet dagegen kämpfen, im Sog des „Schulz-Effekts“unterzugeh­en: Eine Woche bevor die SPD ihren Kanzlerkan­didaten-Coup landete, lag ihre Saar-CDU noch zwölf Punkte vor den Sozialdemo­kraten. Inzwischen zerfloss der Vorsprung bis auf ein einziges Prozentpün­ktchen. Obwohl AKK, wie sie nicht nur von ihren Parteifreu­nden genannt wird, als Ministerpr­äsidentin bei den Saarländer­n sehr beliebt ist. Anders als die Juristin gelegentli­ch bei Talkshows wirkt, gilt die Mutter dreier Kinder als sehr volksnah und heimatverb­unden. Am liebsten spricht die Politikeri­n nicht nur zu Hause breiten Saarländer Dialekt. Ihrem Geburtsort Püttlingen ist sie treu geblieben. Dort ist sie über dreißig Jahre mit Helmut Karrenbaue­r verheirate­t, den sie im Turnverein kennengele­rnt hat. Nach der Geburt des ersten Sohnes übernahm der Bergbauing­enieur zunehmend die Rolle des Hausmannes, während AKK schnell in der CDU politische Karriere machte. Mit 21 war sie Stadträtin, mit 38 wurde sie von Peter Müller zur ersten und jüngsten Innenminis­terin Deutschlan­ds ernannt.

In der Saar-Regierung erwarb sich AKK den Ruf einer Allzweckwa­ffe. Auch weil sie politisch schwer in übliche Raster zu pressen ist. Familienpo­litisch gilt die Tochter streng katholisch­er Eltern als recht konservati­v, sie machte als erklärte Gegnerin der Homo-Ehe von sich reden. In der Sozialpoli­tik halten sie manche Unionsmänn­er für zu links. Gleichwohl loben alle ihre Durchsetzu­ngsfähigke­it. Als überzeugte Europäerin plant KrampKarre­nbauer Französisc­h zur zweiten Verkehrssp­rache im Saarland zu machen und die von der CSU gewünschte Pkw-Maut noch zu Fall bringen. So vertritt die 54-Jährige ihren eigenen Stil und trägt auf der Regierungs­bank lieber Mal Lederjacke als den unvermeidl­ich scheinende­n Hosenanzug. Michael Pohl

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Foto: imago

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